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Im Einlagen-Markt gibt’s derzeit viele Gewinner – aber kaum Verlierer

Die Zahlen sind gewaltig. Wie gestern Früh vermeldet, hat die VW Bank im ersten Halbjahr rund 15 Mrd. Euro an zusätzlichen Einlagen eingeworben. Rechnet man die knapp 11 Mrd. Euro der ING Diba sowie die (aus dem dieser Tage veröffentlichten H1-Bericht der Crédit Mutuel extrapolierbaren) rund 2 Mrd. Euro der Targobank hinzu, so kommen allein diese drei Institute auf eine Ausweitung ihres Depositen-Bestands um fast 30 Mrd. Euro. Plus die ganzen anderen Banken, die in den letzten Monaten mit üppigen Zinsversprechen um Einlagen warben. Die Santander Consumer Bank zum Beispiel. Oder Fintechs wie N26 und Trade Republic. Da läge doch eigentlich die Vermutung nahe, dass Sparkassen und Volksbanken im Gegenzug weiterhin mit Abflüssen zu kämpfen haben.

In Wirklichkeit, das zeigen aktuelle Zahlen der Bundesbank, ist gerade das nicht der Fall. Stattdessen haben die Sparkassen ihre Einlagen-Verluste aus dem vergangenen Jahr (damals flossen rund 9 Mrd. Euro ab) in den ersten sechs Monaten des laufenden Geschäftsjahres mit einem Plus von 8 Mrd. Euro nahezu vollständig kompensiert – während die Genobanken nach leichten Abflüssen im Vorjahr (–1 Mrd. Euro) seit dem Jahreswechsel merkliche Zuflüsse von 7 Mrd. Euro verzeichnen. Doch nicht nur in den beiden Verbünden stabilisiert sich die Depositen-Basis. So haben im ersten Halbjahr mit Ausnahme der Bausparkassen (–2 Mrd. Euro), bei denen es sich ja aber ohnehin um einen Sonderfall handelt, tatsächlich alle Bankengruppen mehr oder minder große Zuflüsse verzeichnet. Was ist da los? Fünf rasche Erkenntnisse:

  1. Über alle Bankengruppen hinweg sind die Depositen um aggregiert 70 Mrd. Euro angestiegen. Im deutschen Einlagen-Markt gibt’s derzeit also viele Gewinner – aber augenscheinlich kaum Verlierer (wobei es ein paar Verlierer natürlich trotzdem geben dürfte, allerdings nicht auf Gruppenebene, sondern auf Ebene einzelner Institute).
  2. Die stärksten Zuflüsse unter allen Bankengruppen registrieren die Auslandsbanken mit einem Zuwachs um 15 Mrd. Euro.
  3. Gleich dahinter kommen mit einem Plus von 12 Mrd. Euro die in der Buba-Statistik als „Großbanken“ klassifizierten Institute – gemeint sind Deutsche Bank, Commerzbank und Hypo-Vereinsbank.
  4. Die Sparkassen und mehr noch die Genobanken bezahlen für ihre Zuflüsse mit einem massiven Shift von Sichteinlagen in – normalerweise deutliche höher verzinste – Termineinlagen. Konkret: Bei den Sparkassen stiegen die Termineinlagen um 16 Mrd. Euro, bei den Genobanken gar um 29 Mrd. Euro (das gleiche Phänomen zeigt sich in abgemilderter Form übrigens auch bei den Großbanken).
  5. Trotz des Wechsels in Termineinlagen dürften sich Sparkassen und Volksbanken immer noch vergleichsweise günstig refinanzieren. Schließlich machen die größtenteils vermutlich kaum verzinsten Sichteinlagen in den beiden Verbünden mit 531 Mrd. Euro (Genobanken) bzw. 762 Mrd. Euro (Sparkassen) weiterhin den überwiegenden Teil von je rund vier Fünfteln der Einlagen aus.

Streng betriebswirtschaftlich betrachtet haben die beiden Gruppen also gut daran getan, den Zinswettbewerb beim Tagesgeld trotzdem massiver medialer Kritik schlicht auszusitzen. Die reputativen Spätfolgen dieser Politik allerdings stehen auf einem anderen Blatt.

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