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Nächste Südwest-Sparkasse mit Kredit-Verlusten – und der Präsident mittendrin

Als sich die Abschlussprüfer des rheinland-pfälzischen Sparkassenverbands zu Jahresbeginn über die Geschäftsberichte der regionalen Sparkassen beugten, da kursierte verbandsintern (so wird’s jedenfalls kolportiert) ein scherzhafter Hinweis: Man solle sich die Abschlüsse diesmal doch bitte besonders genau anschauen. Weil – so schön wie im Geschäftsjahr 2023 werde es nicht mehr werden! Tatsächlich hatten die Verbandsleute um Präsident Thomas Hirsch durchaus Recht mit diesem Befund. Dank sprudelnder Zinseinnahmen (der Zinsüberschuss stieg um ein Drittel auf 1,4 Mrd. Euro) durften sich die Sparkassen im Verbandsgebiet über einen operativen Gewinn von insgesamt 430 Mio. Euro freuen, ein stattliches Ergebnis für die 20 Mitgliedsinstitute.

Die Sache ist nur: Wie Recherchen von „Finanz-Szene“ zeigen, schauten die Prüfer auch in anderer Hinsicht ziemlich genau hin. Im Zuge der Zinswende waren nämlich nicht nur die Erträge explodiert. Sondern: Zumindest bei einzelnen rheinland-pfälzischen Sparkassen begannen sich zugleich umfängliche Kreditrisiken zu materialisieren. Den mutmaßlich dicksten Fall in dieser Hinsicht haben wir kürzlich bereits aufgedeckt, siehe –> „Sparkasse Rhein-Nahe erleidet riesige Verluste“. Neue Recherchen zeigen nun: Mindestens eine weitere Südwest-Sparkasse hat ebenfalls mit hohen Einzelwert-Berichtigungen zu kämpfen. Nämlich die Sparkasse Südpfalz – und damit ausgerechnet jenes Institut, bei dem Hirsch bis Ende 2022 höchstselbst im Verwaltungsrat saß.

Zwar blieb die in Landau ansässige Sparkasse Südpfalz – anders als die in Bad Kreuznach ansässige Sparkasse Rhein-Nahe – dank der erwähnten üppigen Zinseinnahmen (der Zinsüberschuss stieg um 46% auf 114 Mio. Euro) von Verlusten letztlich verschont (als operatives Ergebnis wurden 12 Mio. Euro verbucht). Ins Kreditbuch allerdings regnete es trotzdem hinein, und zwar kräftig.

Zur Einordnung: Im Jahr 2021 aus der Fusion der Sparkasse Südliche Weinstraße und der Sparkasse Germersheim-Kandel hervorgegangen, kam die Sparkasse Südpfalz mit ihren knapp 700 Mitarbeitern im vergangenen Jahr auf eine Bilanzsumme von 5,4 Mrd. Euro. Damit war sie laut der Rangliste aller Sparkassen die Nummer sechs im 20 Institute zählenden Sparkassenverband Rheinland-Pfalz. Im Duo mit der Sparkasse Rhein-Nahe (6,1 Mrd. Euro, Nummer zwei) steht sie nicht nur für 15% der aggregierten Bilanzsumme aller Sparkassen in der Region. Die Jahresabschlüsse beider Häuser zeigen zudem einige erstaunliche Parallelen:

  • Beide Sparkassen waren laut einer im Januar veröffentlichten“Bild“-Liste bei Benko engagiert, die Sparkasse Südpfalz mit 5 Mio. Euro und die Sparkasse Rhein-Nahe mit 35 Mio. Euro.
  • Bei beiden Häusern steht das Benko-Engagement allerdings dem Vernehmen nach nur nur für einen Teil der Einschläge im Kreditgeschäft. Die Sparkasse Südpfalz führte im vergangenen Jahr 69 Mio. Euro (oder 187 Basispunkte aller Kundenforderungen) allein den Einzelwertberichtigungen zu und schreibt die „wesentliche Steigerung“ der Risikovorsorge „der allgemein schwierigen konjunkturellen Situation (insbesondere in Folge der Veränderungen im Immobiliensektor durch fallende Immobilienpreise und gestiegene Zinsen) sowie der geringeren Bewertung von Kreditsicherheiten bei Problemkreditengagements“ zu; die Sparkasse Rhein-Nahe bildete insgesamt 133 Mio. Euro an Risikovorsorge (300 Basispunkte der Kundenforderungen)
  • Sowohl in Bad Kreuznach als auch in Landau legten die Abschlussprüfer dabei einen Schwerpunkt auf die Bewertung von Krediten an Firmenkunden sowie im Zuge einer „vorgezogenen, risikoorientierten Einzelfallprüfung“ auf Engagements mit 1.) höheren Kreditvolumina, 2.) höheren Blankoanteilen und 3.) schwächeren Ratings. Darüber hinaus wurden auch Engagements in der Intensivbetreuung oder in der Sanierung näher untersucht.

Bei der Sparkasse Südpfalz entfällt gut ein Fünftel aller Firmenkredite auf das „Grundstücks- und Wohnungswesen“. Auch das Beteiligungs-Portfolio der legt beredt Zeugnis ab, wo sich das Institut besonders engagiert. So hält das Kommunalinstitut je 100% …

  • an der „S-Immobilien Invest GmbH“ mit Sitz in Landau (die 2018 gegründet wurde, mit knapp 20 Mio. Euro Eigenkapital die wichtigste Tochtergesellschaft darstellt und laut Sparkasse dem „Erwerb von Immobilien zu Anlagezwecken“ dient)
  • an der „Projektbeteiligungsgesellschaft der Sparkasse Südliche Weinstraße in Landau mbH“
  • sowie an der „S-Baugrund Südpfalz GmbH“, deren Gegenstand die „Entwicklung, und Erschließung von Baugebieten sowie Erwerb, Verwaltung, Verkauf bebauter und unbebauter Grundstücke und grundstücksgleicher Rechte“ ist. Ihr Gesellschaftsvertrag wurde erst im Juni – nach einer Verschmelzung mit der Projektbeteiligungsgesellschaft – ergänzt um den Passus: „Der Gesellschaft ist im übrigen jede Tätigkeit gestattet, die ihrem Gegenstand zu dienen geeignet ist. Die Gesellschaft ist berechtigt, andere Unternehmen gleicher oder ähnlicher Art zu übernehmen, sich an ihnen zu beteiligen oder deren Geschäfte zu führen.“

Alle drei Gesellschaften schrieben schon 2022 rote Zahlen, wenn auch nicht in dramatischem Ausmaß; die Ergebnisse für 2023 werden im jüngsten Abschluss der Sparkasse noch nicht genannt. Dennoch erinnert der Hang zu Immobilien-Engagements doch an die kriselnde Sparkasse Rhein-Nahe, die sogar an 17 Immobilien-Töchtern beteiligt ist und insbesondere mit wackelnden Forderungen im Immobiliensektor zu kämpfen hat (konkret im Geschäft mit Bauträgern).

Die Frage, inwieweit das Immobiliengeschäft die jüngsten Belastungen nach sich zog, mauert die Bank. Auf Anfrage heißt es:

„Alle relevanten Informationen sind vollständig im Unternehmensregister veröffentlicht. Wir weisen darauf hin, dass die Risikovorsorge im Kreditgeschäft aufgrund der konjunkturellen Situation und vorsichtiger Bewertung im vergangenen Jahr erhöht wurde.“

Für das Kredit-Bewertungsergebnis im laufenden Geschäftsjahr prognostiziert die Sparkasse „eine erneute Belastung, die jedoch deutlich unter dem Vorjahresniveau liegen dürfte“.

Sparkassen-Präsident Thomas Hirsch war von 2016 bis 2022 Oberbürgermeister von Landau und in dieser Zeit auch stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrats der Sparkasse (respektive beim Vorgängerinstitut Sparkasse Südliche Weinstraße). Im Vorstand des Instituts sitzt derweil seit vergangenem Jahr Benjamin Hirsch, gerade 35 Jahre alt geworden – und Sohn von Thomas Hirsch.

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