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Die sich einnistende Sorge, aus Wero könnte ein zweites Paydirekt werden

Das „Launch Event“ von Wero neulich in Frankfurt war gut gemacht und gut besetzt. Die Sparkassen hatten EPI-Chairman Joachim Schmalz entsandt, die DZ Bank ihren Zahlungsverkehrs-Vorstand Thomas Ullrich, die Deutsche Bank war durch Retail-Chef Dominik Hennen vertreten, Wero selbst durch EPI-Chefin Martina Weimert. Alle waren gut drauf, alle wirkten optimistisch, niemand duckte sich weg. Und doch blieb am Ende vor allem eines hängen: Seit Wero im Sommer freigeschaltet wurde, haben sich in Deutschland gerade mal 300.000 Volksbank-Kunden und 280.000 Sparkassen-Kunden für den neuen Service freischalten lassen – während die neue europäische Payment-Wallet in Frankreich und Belgien zusammen binnen kürzester Zeit rund 13,4 Mio. registrierte Nutzer zählt. Läuft hierzulande womöglich was falsch?

Der Mann, der diese Frage zurzeit am lautesten mit „Ja“ beantworten, ist Jochen Siegert, beliebter Payment-Podcaster, anerkannter Payment-Blogger, zwar ein streitbarer Kopf, aber zugleich einer, der nicht nur qua Vita (Ex-Mastercard, Ex-Paypal, Ex-Deutschbanker), sondern ganz generell als fundierter Kenner der Materie gilt. Liest und hört man, was Siegert dieser Tage auf diversen Kanälen zum Besten gibt (um nichts falsch zu verstehen, haben wir sicherheitshalber auch nochmal mit ihm telefoniert), dann schälen sich vor allem die folgenden vier Kritikpunkte heraus:

  1. Die deutsche Abdeckung von Wero sei zu gering, weil wesentliche Player (Commerzbank, HVB, die meisten Direkt- und sämtlichen Neobanken) dem Projekt bislang fernbleiben.
  2. Wero werde zwar als „europäisches Bezahlverfahren“ beworben – ist aber bislang nur in Deutschland, Frankreich und den Benelux-Ländern gestartet; einige relevante Märkte könnten gar dauerhaft außen vor bleiben. „Akzeptanz und Netzwerk sind zu gering“, urteilt Siegert.
  3. Die große Marketing-Kampagne für Wero startete hierzulande zu einem Zeitpunkt, als noch gar nicht alle teilnehmenden Banken losgelegt hatten (die Postbank fehlte noch, die Deutsche Bank tut dies weiterhin, die ING Diba ebenso). „Suboptimal“, sagt Siegert, weil man Kunden aufmerksam mache, die Wero noch gar nicht nutzen können. „Das erzeugt Verwirrung und Frust.“
  4. Während die französischen Banken die Nutzer ihres eigenen Payment-Dienstes Paylib auf Wero migrierten (und damit die Nutzerzahlen pushten), lassen Sparkassen und Volksbanken ihre P2P-Anwedung Kwitt fürs Erste parallel weiterlaufen. „Hier wird mögliches Wachstum kannibalisiert“, meint Siegert.

Nun muss man diese Kritik natürlich nicht teilen. Der Eindruck allerdings, dass der erste Schwung zumindest in Deutschland bereits wieder verloren zu gehen droht – den hat nicht nur Siegert, sondern der wird hinter vorgehaltener Hand auch aus den Reihen teilnehmender Banken geäußert. Ausweislich der Anzahl der Bewertungen im Apple-Store (69) und im Google-Play-Store (10) sind die Download-Zahlen für die Standalone-App von Wero bis dato äußerst übersichtlich – ein Eindruck, der von einer Tracking-App gestützt wird, der für Wero im Apple-Store bislang lediglich eine vierstellige Zahl von Downloads schätzt. Zudem sind die Bewertungen (3,1/5 bei Apple, 3,0/5) für einen Launch nach langem Vorlauf bis dato eher bescheiden.

Klar: Das Schicksal von Wero entscheidet sich nicht heute und morgen, sondern frühestens 2025, wenn die neue Bezahlfunktion im E-Commerce ausgerollt werden soll. Gleichwohl: Wenn Siegert sagt, die Lage bei Wero erinnerten ihn an die Fehler, die bei Paydirekt gemacht wurden, dann berührt er damit nicht nur einen wunden Punkt – sondern es ist eine Sorge, die dieser Tage auch an anderer Stelle geäußert wird.

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