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Macken im Core-Banking: Helaba gibt Zeitplan für IT-Umbau auf

Als Christian Rhino noch Helaba-Vorstand war (allerdings zu dem Zeitpunkt bloß noch für wenige Wochen), da feuerte er mal einen Linkedin-Beitrag ab, der sich mit ein bisschen Interpretationslust fast wie ein Verzweifeln an der eigenen Organisation las. An einer Stelle nämlich schrieb Rhino: „Manchmal ist es wichtiger, alte, oft überarbeitete Prozesse einfach wegzuwerfen und von Grund auf neu zu gestalten.“

Wie die Sache weiterging, ist bekannt: Ende Juni 2024 kündigte die Helaba an, dass Rhino das Institut per Ende Juni 2025 verlassen werde, „um sich neuen beruflichen Herausforderungen zu stellen“ – und vor wenigen Tagen dann, am 10. Februar (also deutlich früher als ursprünglich annonciert), schlug der erfahrene Technologie-Experte als neuer Chief Information Officer in der Privatkundensparte der Deutschen Bank auf.

Jedenfalls: Rhino ist also jetzt weg. Sein großes IT-Projekt „Atlas“ allerdings (gemeint ist der Umbau der kompletten Helaba-IT), das hat er der hessisch-thüringischen Landesbank hinterlassen. Und wie das halt immer so ist mit den IT-Systemen der großen Incumbent-Institute: Statt einfach „wegzuwerfen“ und „von Grund auf neu zu gestalten“, heißt Umbau bei etablierten Großbanken tatsächlich Umbau und nicht Neubau. Mit allen Risiken und Nebenwirkungen.

Und so häufen sich laut Recherchen von Finanz-Szene die Probleme und Problemchen beim „Atlas“-Vorhaben inzwischen dermaßen, dass die Helaba ihren Zeitplan zur Umsetzung des Großprojekt notgedrungen aufgibt.

Rückblick: Aufgesetzt wurde „Atlas“ im Jahr 2021, also noch während der Pandemie. Schon ein Jahr später verschlang das offiziell als „bisher größtes Innovations-Projekt in der Geschichte des Hauses“ firmierende Projekt die Hälfte aller dem COO Rhino zur Verfügung stehenden Mann-Tage, Helaba-CEO Thomas Groß kündigte Kosten in Höhe eines „mittleren dreistelligen Millionenbetrags“ an – zusätzlich zum anfangs budgetierten Aufwand. Danach wurde es ruhiger um das Mega-Verhaben. Was aber nicht bedeutet, dass die Dinge wirklich im Fluss sind.

Bislang wurde Mitte 2027 für die Fertigstellung veranschlagt. Dass dieses Ziel nun gekippt wurde, liegt nach Informationen von Finanz-Szene in erster Linie an Problemen bei der Kernbank, also am Herzen einer Bank-IT. Demnach gab es zuletzt bei gleich drei Core-Banking-Modulen Probleme, nämlich bei „Konto“, „Kunde“ und „Kredit“.

Konkret:

  • Ursprünglich sollten alle drei Module im Mai 2024 in Betrieb gehen.
  • Im Laufe des ersten Halbjahres 2024 wurde die Einführung dann allerdings „terminlich angepasst“, wie es heißt, „um einen längeren Zeitraum für den Aufbau der Testumgebung und die Durchführung der Tests zur Verfügung zu stellen“. Das „Konto“-Modul (bei dem es konkret bei der sogenannten Buchungsdrehscheibe zu haken schien) sollte jetzt Ende 2024 implementiert sein, das Modul „Kunde“ im Frühjahr 2025, das Modul „Kredit“ im Sommer 2025.
  • Auch diese Timeline gilt mittlerweile allerdings als obsolet: Zwar ist die Einführung der Buchungsdrehscheibe geglückt. Auf Anfrage allerdings bestätigt die Helaba gegenüber Finanz-Szene, dass man sich „aufgrund der hohen Komplexität vor allem bei Test und Abnahme eines Kernbanksystems“ entschieden habe, die Fertigstellung der drei Module nicht mehr „parallel“ umzusetzen, sondern diese „sequenziell zu implementieren“. Also eins nach dem anderen. Mit entsprechendem Zeitaufwand. Bei „Konto“ etwa ist die Einführung der Buchungsdrehscheibe nur „ein erster großer Meilenstein“. „Kunde“ soll im Laufe des Jahres starten. Und dann irgendwann folgt „Kredit“:

Begründet werden die Verzögerungen damit, dass man „die tatsächliche Komplexität“ großer IT-Projekt oft erst dann erkenne, „wenn man sich auf den Weg gemacht hat“. Die Gesamtkosten des Umbaus würden zwar „unverändert im dreistelligen Millionenbereich liegen“, heißt es. Kenner allerdings gehen davon aus, dass damit inzwischen der obere dreistellige Millionenbereich gemeint ist.

Kurz vor Weihnachten hatte Finanz-Szene aufgedeckt, dass es auch bei der IT-Modernisierung der BayernLB mächtig knirscht – weshalb die Münchner Landesbank eigens den Vorstand umgebaut hat.

BayernLB will mit Vorstandsumbau ihr IT-Großprojekt „Kopernikus“ retten

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