von Sebastian Feuster*, 5. Mai 2025
Es kommt wieder Bewegung in die Financial-Data-Access-(FiDA-)Regulierung mit den am 1. April begonnenen Trilogverhandlungen. Open Finance bleibt damit wichtig für die großen Banken und Versicherer in Deutschland und Europa. Anstatt darauf zu hoffen, dass die FiDA am Ende des Trilogs doch noch gekillt wird, können Banken auch Szenarien entwickeln, in denen die FiDA tatsächlich kommt – und dass sich aus ihr sogar Vorteile ziehen lassen.
Aktuell ist es nicht sicher, wie es mit FiDA weitergeht. Von der vollständigen Umsetzung bis zum totalen Rückzug ist vieles möglich. Ein wahrscheinliches Szenario lautet: FiDA bleibt bestehen, aber mit möglichen Modifikationen bei den Fristen und dem Bilden von Schemes, die einen standardisierten Datenaustausch organisieren. In einem zweiten Szenario könnte der Umfang von FiDA beschränkt werden, oder die Verordnung wird zurückgezogen. Denkbar ist ein neuer regulatorischer Rahmen, der den Fokus auf spezifische Anwendungsfälle des Datenaustauschs legt, z. B. Open Banking oder automatisierte Kreditvergabe.
Ganz gleich, ob und wie FiDA Realität werden wird, in der Idee stecken gute Impulse für etablierte Akteure. Einer lautet: Finanzinstitute können als Dateninhaber – zum ersten Mal und anders als unter PSD2 – eine Vergütung für die Daten bzw. deren Abruf verlangen. Und der zweite Impuls besteht darin, dass Banken und Versicherer durch den bidirektionalen Datenaustausch ihre Dienstleistungen veredeln und neue ertragreiche Anwendungen entwickeln.
Ein universelles Finanz-Dashboard bietet Kunden und Unternehmen eine zentrale Plattform, die in Echtzeit alle Bankkonten, Kreditverpflichtungen, Versicherungsverträge und Investitionen aggregiert. Banken können damit neue Einnahmequellen erschließen, indem sie Premium-Zugänge zu erweiterten Analysetools oder Finanzberichten anbieten, Abo-Modelle für Business-Kunden mit erweiterten Funktionen zur Finanzplanung einführen oder Provisionen von Drittanbietern erhalten, die zusätzliche Finanzdienstleistungen bereitstellen, beispielsweise Vermögensverwaltung oder Versicherungsangebote.
Der Zugriff auf mehr Echtzeit-Finanzdaten verbessert die Kredit- und Unternehmens-Solvenzbewertung. Sie erlaubt Banken und Kreditgebern von Unternehmen und Privatpersonen eine präzisere Risikobewertung und damit potenziell eine größere Annahmequote. Ein Umstand, der auch gesamtwirtschaftlich Impulse setzen könnte. Eine weitere Monetarisierung erfolgt durch den Verkauf anonymisierter Bonitäts-Scores an Drittanbieter oder institutionelle Investoren, durch die Bereitstellung von Kredit-Screening-Services für KMUs, die ihre Finanzlage transparenter darstellen möchten, sowie durch Gebühren für Banken, die diesen Service für externe Kreditgeber oder alternative Finanzdienstleister anbieten.
Im digitalen Vertrieb von Finanzprodukten eröffnet FiDA Banken und Versicherern die Möglichkeit, durch den Zugriff auf erweiterte Kundendaten hyperpersonalisierte Finanzprodukte anzubieten. Monetarisierungspotenziale ergeben sich aus der dynamischen Preisgestaltung für Kredite und Versicherungsprodukte auf Basis von Echtzeit-Finanzdaten, aus Cross-Selling- und Upselling-Strategien durch maßgeschneiderte Angebote, die sich an das individuelle Kundenverhalten anpassen, sowie aus Provisionseinnahmen von Partnern, deren Produkte in die digitale Vertriebsplattform der Bank integriert werden.
Die personalisierte Spar- und Anlageberatung ermöglicht durch Echtzeit-Finanzdaten individuell zugeschnittene Spar- und Anlageempfehlungen, die sich am tatsächlichen Ausgabeverhalten und an den finanziellen Zielen der Kunden orientieren. Monetarisiert wird dieses Modell durch Gebühren für KI-gestützte Finanzplanungsdienste und automatisierte Anlageberatung, durch Modelle für die Beteiligung an verwaltetem Vermögen mittels integrierter Investmentlösungen und durch den Verkauf von Premium-Services, die detailliertere Analysen und personalisierte Investmentstrategien enthalten.
Banken könnten sich zudem als Anbieter von Plattformen positionieren, auf denen Drittanbieter ihre Dienstleistungen bereitstellen. Kunden könnten über ihre Bank-App auf verschiedene Fintech-Dienste zugreifen, ohne die Bankumgebung verlassen zu müssen. Ein Beispiel wäre eine App, die dem Kunden nicht nur Bankdienstleistungen anbietet, sondern auch Funktionen wie Steuerberatung, digitale Haushaltsbuchführung oder automatisierte Sparpläne mit Investments in ETFs.
Dieses Plattformmodell würde nicht nur die Kundenbindung erhöhen, sondern auch neue Einnahmequellen erschließen, da Banken für die Vermittlung und Nutzung externer Dienste Provisionen oder Abonnementgebühren erheben könnten.
Die FiDA-Regulierung muss somit keine Dateneinbahnstraße sein. Sie bietet traditionellen Banken und Versicherern die Gelegenheit, sich neu zu positionieren und durch innovative, datenbasierte Geschäftsmodelle Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Indem sie den bidirektionalen Datenaustausch aktiv nutzen, in Kundenbeziehungen investieren und datenbasierte Innovationen vorantreiben, können Banken die regulatorische Herausforderung in Mehrwerte verwandeln – und sich so im digitalen Finanzökosystem der Zukunft behaupten.
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*Sebastian Feuster berät als Zahlungsverkehrsexperte im Geschäftsbereich Banking von Sopra Steria Banken bei der Konzeption und Umsetzung von Payment- und Open-Finance-Produkten. Sopra Steria gehört zu den Premium-Partnern von Finanz-Szene. Mehr zu unserem Premium-Partner-Modell erfahren Sie hier.
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