Analyse

Die LBBW bestätigt ihre Prognose fürs Gesamtjahr? Nicht wirklich …

Eigentlich ist alles immer noch sehr in Ordnung bei der LBBW. 705 Mio. Euro hat die Landesbank im ersten Halbjahr vor Steuern verdient – was einer Eigenkapital-Rendite von 8,6% entspricht (ebenfalls vor Steuern). Sorgen muss sich also niemand. Gleichwohl gibt die größte deutsche Landesbank derzeit ein eher gemischtes Bild ab. Denn erstmals seit 2020 ist das H1-Ergebnis im Vergleich zum Vorjahr nicht gestiegen – sondern gesunken. Trotz vorteilhafter Einmaleffekte, die sich in einem um 36% auf 336 Mio. Euro gestiegenen Veräußerungs- und Beteiligungsergebnis spiegeln.

Wie steht die größte deutsche Landesbank also da? Unsere Analyse in sechs Punkten:

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1.) Die Kosten steigen weiter

Die Verwaltungsaufwendungen legten – ohne Bankenabgabe, Einlagensicherung und Restrukturierung – um 6% auf 1.220 Mio. Euro zu (siehe dazu heute Früh auch unser Stück zu den Kostensteigerungen bei LBBW und Deka). Dabei entfielen zwei Drittel des Anstiegs auf die Personalkosten. Zwar kündigte Konzernchef Rainer Neske bereits im März einen Abbau von 3% aller Stellen im Konzern an. Allerdings schlagen sich diese Planungen bisher nicht in den Zahlen nieder. So lag die Zahl aller Beschäftigten per Ende Juni mit 10.787 rund 2% höher als ein Jahr zuvor. Der Personalaufwand stieg im Vorjahresvergleich um 8% (auf 652 Mio. Euro), die Aufwandsquote um gut 3 Punkte (auf knapp 62%).

Während beim Personal der Peak erreicht sein dürfte, könnte die Eingliederung der Berlin Hyp zusammen mit anderen Rückstellungen sowie Abschreibungen (vor allem auf die IT) den übrigen Aufwand im zweiten Halbjahr nochmals höher treiben. Die Synergien aus der Berlin-Hyp-Integration hingegen erwartet die LBBW dagegen größtenteils erst in den Jahren 2027 und 2028 zu realisieren.

Interessant ist auch dieses Detail: Zwar entfiel für die LBBW zum Jahreswechsel der bisherige Beitrag zum Einlagensicherungsfonds von 52 Mio. Euro. Dafür schlug aber der nun im Sparkassen-Lager auf Geheiß der EZB aufzubauende Zusatzfonds mit stolzen 77 Mio. Euro zu Buche (für Hintergründe siehe –> „Einigung bei Instituts-Sicherung: Sparkassen und LBs zahlen je 2,6 Mrd. Euro“).

Viel Gewinn, viel Aufwand: Der erstaunlich kostenintensive Kurs der LBBW

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2.) Das Firmenkundengeschäft floriert. Der Rest? Naja

Zunächst die gute Nachricht: Im Geschäft mit Firmenkunden lief für die LBBW im ersten Halbjahr alles rund. Die Erträge stiegen um ein Zehntel auf rund 720 Mio. Euro, das Ergebnis vor Steuern um 15% auf 352 Mio. Euro. Damit stand die Sparte für knapp die Hälfte des Konzerngewinns. Ein wichtiger Grund für die erfreuliche Entwicklung: Der von US-Präsident Donald Trump angezettelte Zollstreit bewirkte, dass Firmenkunden der LBBW einen großen Bedarf nach Absicherungsgeschäften entwickelten.

Schlechter sieht es in den übrigen Sparten aus. Zwar versuchte die LBBW auch hier gute Stimmung zu verbreiten, indem sie betonte, dass alle Sparten einen Vorsteuer-Gewinn „im dreistelligen Millionenbereich“ erzielt hätten, was die Ausgewogenheit ihres Geschäftsmodells unterstreiche. Zur Wahrheit gehört indes, dass außer der Firmenkundensparte nur noch das Geschäft mit Immobilien- und Projektfinanzierungen einen – leichten – Anstieg des Gewinns vor Steuern vermelden konnte (plus 4%, auf 205 Mio. Euro). In den Sparten „Kapitalmarkt“ (–1%, auf 142 Mio. Euro) und „Private Kunden / Sparkassen“ (–2%, auf 103 Mio. Euro) war beim Gewinn vor Steuern hingegen nur Stagnation (respektive ein leichter Rückgang) zu verzeichnen.

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3.) Die LBBW forciert das Provisionsgeschäft – mit Macht

Das Abschmelzen des Zinsüberschusses hat die LBBW auch dank höherer Erträge aus dem Leasing-Geschäft auf 1% begrenzen können (nach minus 9% in der ersten Jahreshälfte 2024). Unterdessen setzen die Stuttgarter alles daran, das Provisionsgeschäft zu stärken. Mit einigem Erfolg: Schon im gesamten vergangenen Jahr hatten die Provisionseinnahmen mit 635 Mio. Euro ein Rekordniveau erreicht. In den ersten sechs Monaten 2025 nahm die LBBW nun nochmal 9% mehr ein auf 349 Mio. Euro.

Zum größten Teil fiel dieser Anstieg bei „Private Kunden / Sparkassen“ an, wo der Provisionsüberschuss um 19 Mio. Euro (plus 13%) zulegte und damit deutlich mehr als in den anderen operativen Sparten (Kapitalmarkt: 6 Mio. Euro, Immobilien- und Projektfinanzierungen: 3 Mio. Euro, Unternehmenskunden: 2 Mio. Euro). Verantwortlich dafür ist vor allem, dass, wie die LBBW mitteilt, derzeit ein „hoher Bedarf an Anlageberatung“ herrsche. Aufgeschlüsselt nach Art der Provisionen ergibt sich folgendes Bild: Die Erlöse im Wertpapier- und Depotgeschäft legten konzernweit um 11 Mio. zu, die Erlöse im Geschäft mit Krediten und Bürgschaften (insbesondere im Umfeld von Projektfinanzierungen) um 10 Mio. Euro, die Erlöse in der Vermögensverwaltung um 5 Mio. Euro.

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4.) Das Geschäft mit Einlagen von Privatkunden wird teils harzig

Wie sehr der Druck im Geschäft mit Einlagen und Zinserlösen steigt, verdeutlicht ein Blick in die Retail-Sparte: Diese holte zwar von Januar bis Juni rund 3 Mrd. Euro an zusätzlichen Kundeneinlagen herein (und hievte den durchschnittlichen Bestand damit auf 38 Mrd. Euro). Zugleich sank aber die Einlagen-Marge, und zwar um 10 Basispunkte auf nur noch 74 Basispunkte. Das Zinsergebnis der Sparte ging entsprechend um 3% auf 230 Mio. Euro zurück. Besser machten es die Kollegen im Firmenkunden-Geschäft. Diese steigerten den Zufluss an Einlagen ebenfalls um rund 3 Mrd. Euro, steigerte aber zugleich die Einlagen-Marge von 45 auf 47 Basispunkte. Folge: In der Firmenkundensparte stieg  das Zinsergebnis um 14% auf 626 Mio. Euro.

Gleichwohl: Auch wenn in der Retail-Sparte infolge des rückläufigen Zinsergebnisses die Eigenkapital-Rendite vor Steuern von 18,5% auf 17,9% zurückging – sie bleibt weiter die mit Abstand rentabelste Sparte im LBBW-Konzern.

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5.) Woher das Stresstest-Ergebnis kommt (nicht aus der Immo-Finanzierung)

Die Risikovorsorge im gesamten Konzern kam mit 107 Mio. Euro im ersten Halbjahr (-10%) recht unauffällig daher, entspricht sie doch mickrigen 14 Basispunkten des Forderungsvolumens. Mit 95 Mio. Euro entfiel der Großteil dabei auf die Sparte „Immobilien und Projektfinanzierungen“. Dort legte das Neugeschäft um 5% auf 6,5 Mrd. Euro zu, wobei freilich rund 4 Mrd. Euro auf Prolongationen zurückgingen. Das Zinsergebnis der Sparte erhöhte sich um 5%, die Eigenkapitalrendite (brutto) um rund 3 Prozentpunkte auf mehr als 14%.

Nur: Wenn im Immobiliengeschäft alles rosig aussieht, wie erklärt sich denn dann das schlechte Ergebnis der LBBW im jüngsten Stresstest von EBA und EZB? Diesen schloss die Stuttgarter Landesbank mit dem höchsten (sprich: schlimmsten) Kapitalverzehr aller gut 60 untersuchten europäischen Großbanken ab: So rasselte ihr hartes Kernkapital im adversen Szenario per Ende 2027 um fast 800 Basispunkte auf 6,8% in den Keller. Nun war klar, dass eine Bank mit einem gut 70 Mrd. Euro schweren Portfolio in der gewerblichen Immobilienfinanzierung kaum würde glänzen können, wenn das Szenario auf Dreijahres-Sicht in diesem Segment einen Preisverfall von 30% simuliert. Andererseits hielten sich in der Belastungsprobe nationale Konkurrenten wie die Helaba (7,5%) oder die BayernLB (10,5%) deutlich besser. Woran also lag es genau?

Wenn, dann jedenfalls nicht primär am Immobiliengeschäft, ist aus der Bank im Umfeld der Halbjahrespräsentation zu erfahren. So führen die Stuttgarter das schwache Stresstest-Ergebnis vor allem auf die Methodik der Aufseher zurück. So hätten diese die durchaus üppige Pauschal-Risikovorsorge der Bank im Umfang von 880 Mio. Euro nur zur Hälfte anrechnen wollen. Zudem habe der LBBW ihr umfangreiches Wertpapier-Pensionsgeschäft zum Nachteil gereicht (konkreter: die Szenario-Annahme einer statischen Bilanz bis Ende 2027 habe außer Acht gelassen, dass die Bank ihre kurzfristigen Geschäfte im Stressfall ja auch schlicht auslaufen lassen könne). Allein diese beiden Faktoren hätten fast die Hälfte des Kapitalverzehrs ausgemacht, so die Erklärung.

Wirklich reduziert hat die Bank die fraglichen Geschäfte aber nicht. Im Gegenteil: Im ersten Halbjahr 2025 legte das Volumen dieser Repo-Geschäfte (die laut LBBW besichert und fristenkongruent sind, mit Institutionellen wie Banken oder Versicherern geschlossen werden und in deren Auftrag stattfinden, teils aber auch auf eigene Rechnung gehen) um 1,9 Mrd. auf 7,6 Mrd. Euro zu. Dies entspricht rund 5% aller Kundenforderungen.

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6.) Bei der Prognose bleibt’s? Naja, nicht ganz …

Die LBBW hält an der Prognose eines konzernweiten Vorsteuerergebnisses von „erneut deutlich über 1 Mrd. Euro“ fest – was angesichts der bereits bis Ende Juni eingebuchten 705 Mio. Euro nicht weiter überrascht. Ein Blick auf die qualitativen Aussagen zur Gesamtjahresprognose zeigt, dass sich die Lage trotzdem eingetrübt hat:

  • Für die Firmenkundensparte erwartete die LBBW ursprünglich „ein deutlich höheres Ergebnisniveau“ verglichen mit dem Vorjahr. Nun heißt es nur, das Ergebnis vor Steuern werde „das Vorjahresergebnis übertreffen“,  jedoch „leicht schwächer ausfallen als geplant“.
  • In der Immobilien-und Projektfinanzierungen wurde ohnehin ein leichter Rückgang des Ergebnisses erwartet. Nun lautet die Formulierung, dieses Ergebnisziel werde „nahezu erreicht werden“.
  • Im Kapitalmarktgeschäft war ein Vorsteuergewinn „erheblich über dem Vorjahresergebnis“ vorhergesagt. Nun ist von einem Ergebnis vor Steuern die Rede, „das leicht unter den Erwartungen liegen sollte“. Die flache Zinskurve am kurzen Ende belaste das Geldmarktgeschäft, heißt es zur Begründung.
  • In der Retail-Sparte erwartete die LBBW für 2025 jüngst noch „ein spürbar höheres Ergebnis vor Steuern“. Nun wird das Segment „moderat unter dem geplanten Ergebnisniveau erwartet“. Der Grund: Die Erlöse im Einlagen- und Finanzierungsgeschäft blieben hinter den Erwartungen zurück.

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LBBW, Halbjahreszahlen, in Mio. Euro:

H1/2025H1/2024Delta
Zinserträge1.2811.295-1%
Provisionserträge3493209%
Bewertungs- und Veräußerungsergebnis33624836%
Sonstiges betriebliches Ergebnis5071-29%
Nettoerträge2.1061.9344%
– davon Erträge2.1232.0523%
– davon Risikovorsorge-107-118-10%
Aufwand-1.311-1.2039%
– davon Verwaltungsaufwand-1.220-1.1486%
– davon Bankenabgabe und Einlagensicherung-77-5247%
– davon Restrukturierungsergebnis-14-3367%
Konzernergebnis vor Steuern705731-4%
Ertragsteuern-228-2222%
Konzernergebnis nach Steuern477509-6%

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LBBW, Konzern-Kennzahlen:

per 30.6.2025per 30.6.2024Delta
Bilanzsumme (Mrd. Euro)369360,42%
Risikoaktiva (Mrd. Euro)85,794,1-9%
Harte Kernkapitalquote (%)16,60%14,60%2 %-Punkte
Eigenkapital-Rendite vor Steuern (%)8,60%9,30%-0,7 %-Punkte
Aufwandsquote (%)61,80%58,60%3,2 %-Punkte
Mitarbeiter10.78710.6032%

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LBBW, Vorsteuer-Ergebnis nach Segmenten, in Mio. Euro:

H1/2025H1/2024Delta
Unternehmenskunden35230715%
Immobilien / Projektfinanzierungen205197 (rev. 190)4%
Kapitalmarktgeschäft142143 (rev. 144)-1%
Private Kunden / Sparkassen103105-2%
Corporate Items / Konsolidierung-97-19 (rev -14)410%

 

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