von Uwe Stegemann und Ulrich Bongartz, 7. Oktober 2021
Mitte August hat die Bafin die 6. Novelle ihrer Mindestanforderungen an das Risikomanagement der Banken (MaRisk) veröffentlicht – und so unter anderem die Leitlinien der Europäischen Bankenaufsicht Eba zu Auslagerungen umgesetzt. Damit werden die Anforderungen an den gesamten Auslagerungszyklus von der Risikoanalyse über die Ausgestaltung des Auslagerungsvertrags bis hin zur Steuerung und Überwachung der Risiken konkretisiert.
Für viele Banken entsteht dadurch Handlungsbedarf. Denn angesichts des schwierigen Marktumfelds, des hohen Kostendrucks und neuer Chancen durch die Digitalisierung setzen immer mehr Institute darauf, kostspielige, ineffiziente oder außerhalb der Kernkompetenzen liegende Aktivitäten auf spezialisierte Dienstleister zu übertragen. Bei diesen Aktivitäten handelt es sich in der Regel um Business Process Outsourcing (z.B. Wertpapierabwicklung, Zahlungsverkehr, Callcenter) oder um IT- bzw. ITK-Dienstleistungen (z.B. Infrastructure as a Service, Software as a Service, ITK und Bürokommunikation). Gelingt eine solche Auslagerung gut, können die Institute erhebliche Effektivitäts-, Qualitäts- und Effizienzvorteile realisieren – durch erhöhte Skalen sowie durch die Erfahrung und Kompetenz bei ihrem jeweiligen Auslagerungspartner.
Diese Partner übernehmen Verantwortung für die Qualität der ausgelagerten Leistung, und sie tragen einen beträchtlichen Teil der Risiken. Doch das auslagernde Institut gibt keineswegs alle Verantwortung ab: Es ist weiterhin dafür zuständig, dass alle relevanten gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden und trägt somit die Rechts- und Compliance-Risiken. Auch die Leistungserfüllungs- und alle damit zusammenhängenden Reputations- und Haftungsrisiken liegen faktisch weiter beim auslagernden Institut.
Es kommt also darauf an, eine geeignete Auslagerungsstrategie zu definieren und die richtigen Partner zu wählen. Bei der Umsetzung hilft dann ein effektiver Auslagerungsmanagement-Prozess (AMP), der vier Aspekte beachtet:
Im Einzelnen:
Ein AMP umfasst alle Aktivitäten, Strukturen, Systeme und Inhalte zur Realisierung einer angemessenen, wirksamen Steuerung und Überwachung der Auslagerungen. Damit erfordert er schwierige Entscheidungen, die das Institut in der Regel für einen längeren Zeitraum in seiner Leistungserstellung festlegen. Konkret bedeutet das beispielsweise:
Finanzinstitute sollten ihre Auslagerungsaktivitäten gut strukturieren und steuern. Dazu gehört beispielsweise, Identifikationsprozesse gem. MaRisk AT9 Tz. 1, 4-5 und Risikobewertungsprozesse gem. MaRisk AT9 Tz. 2 durchzuführen. Sie müssen ein adäquates Vertragswerk erstellen und die ausgelagerten Aktivitäten mit einem entsprechenden Berichtswesen steuern und überwachen. Zusätzlich sind Steuerungsanforderungen für sonstige Fremdbezüge von IT-Dienstleistungen gemäß BAIT zu beachten. Versäumnisse bei der Umsetzung dieser gesetzlichen und aufsichtlichen Anforderungen können schwere Konsequenzen haben: von höheren Prüf- und Dokumentationsanforderungen bis hin zu empfindlichen Strafen – für das Institut und für jede verantwortliche Führungskraft.
Wer das vermeiden will, muss in der Regel fünf operative Herausforderungen meistern:
Wie die Betroffenen selbst diese Herausforderungen sehen, zeigt eine Umfrage unter 14 Teams, die bei verschiedenen Finanzinstituten an der Optimierung des AMP arbeiten. Demnach liegt das höchste Verbesserungspotenzial (Wert > 8) in der Kategorie „unzureichende technische Unterstützung“ sowie in der Kategorie „unvollständiger oder nicht aktueller Datenhaushalt“, siehe folgende Tabelle:
Für viele Finanzinstitute ist Regtech – die Verschmelzung von „regulatory“ und „technology“ – noch eine Neuheit. Denn hierbei werden neue Technologien wie webbasierte Workflow-Tools, Big Data und KI eingesetzt, um die Steuerung der regulatorischen und aufsichtlichen Anforderungen zu unterstützen. Im Auslagerungsmanagement bedeutet das nicht weniger als die Digitalisierung des gesamten Prozesses – mit erheblichen Vorteilen:
Beobachtungen zeigen: Wer einen konsequenten AMP etabliert und dabei Regtech einsetzt, verringert den Ressourcenbedarf oft um mehr als die Hälfte. Die dadurch gewonnenen Kapazitäten können die Institute gut gebrauchen – um die qualitative Wertung und Steuerung von ausgelagerten Aktivitäten zu vertiefen und zu optimieren. Wie groß die Vorteile eines digitalisierten AMP sind, zeigen Beobachtungen bei 20 Banken aus Deutschland und anderen europäischen Ländern. Die Reduzierung des Ressourcenbedarfs für administrative Tätigkeiten nach Digitalisierung des AMP (Anteil der zuvor allozierten VAK in%) belief sich auf:
Zugleich führt die Digitalisierung zu kürzeren Durchlaufzeiten im AMP. Dies zeigt sich besonders eindrucksvoll bei der Erstellung und Freigabe von Risikoanalysen. Bei hochprioritären und Standardsachverhalten beispielsweise reduziert sich die Durchlaufzeit für die Erstellung und Freigabe einer Risikoanalyse von mehreren Wochen auf zwei bis acht Arbeitstage.
Insgesamt zeigt die Digitalisierung des AMP also anschaulich, wie Regtech zur Verbesserung der gesamten regulatorischen Governance beiträgt. Sie bietet sich damit auch für andere regulatorisch relevante Prozesse an.
Die Artikel von Finanz-Szene sind urheberrechtlich geschützt und nur für den jeweiligen Premium-Abonnenten persönlich bestimmt. Die Weitergabe – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Wie Sie Inhalte rechtssicher teilen können (z.B. via Pressespiegel), erfahren Sie hier.
Danke für Ihr Verständnis. Durch Ihr Abonnement sichern Sie ein Stück Journalismus!