Daten & Research

4% Abbau, 100% Erregung: Ein paar Fakten zu den Sparkassen und ihren Filialen

„Bleiben Sie der Fläche gewogen. […] Die Sparkasse muss immer auch die Seele des Ortes und ihrer Region sein.“ So hat es, nein, nicht der brandenburgische Ministerpräsident Woidke in seinem vielzitierten Brief an den ostdeutschen Sparkassen-Präsidenten Weskamp diese Woche ausgedrückt. Sondern: So hat es vor ziemlich genau vier Jahren eine gewisse Angela Merkel auf dem Sparkassentag gesagt. Und weil die damalige Bundeskanzlerin offenbar der Ansicht war, dass man mit Sparkässlern nicht nur zwischen den Zeilen sprechen sollte, beendete sie ihre Rede mit der sehr expliziten Aufforderung: „Sie dürfen nicht zu viele Filialen schließen.“

Wie man heute weiß, haben sich ziemlich viele Sparkassen genau daran aber dann doch nicht gehalten. Weil: Schon bald kam die Pandemie. Und der mit der Pandemie einhergehende Digitalisierungsschub. Und so machten 2020 fast 8% (!) aller roten Filialen dicht. Bevor die Sparkassen das Abbau-Tempo allerdings 2021 (4,5%) und 2o22 (3,8%) spürbar drosselten – und man auch im laufenden Jahr das Gefühl hat, regelrechte Filial-Massaker seien weniger geworden, auch wenn es sie natürlich nach wie vor gibt:

  • Die Sparkasse Pforzheim Calw macht zehn Geschäftsstellen dicht, was mehr als 10% der aktuellen Filialinfrastruktur entspricht (Pforzheimer Zeitung, Paywall)
  • Die Mittelbrandenburgische Sparkasse teilte bereits Anfang Mai mit, insgesamt 31 Zweigstellen entweder ganz zu schließen oder zu SB-Standorten umzugestalten (siehe unsere Berichterstattung hier)
  • Die Sparkasse Göttingen schließt fünf Geschäftsstellen und 16 Geldautomaten, am Ende sollen noch 31 Filial- und SB-Stellen übrig bleiben von vormals mehr als 40 (Göttinger Tagblatt, Paywall)
  • Die Rheinhessen Sparkasse (die vergangenes Jahr aus der Fusion der Sparkassen Mainz und Worms-Alzey-Ried entstanden ist) kündigt an, die Anzahl ihrer Beratungscenter und Geschäftsstellen mit Vor-Ort-Beratung praktisch zu halbieren (!), von 29 auf 15 (Allgemeine Zeitung Mainz, Paywall)

Warum dann die große Erregung? Die (zumindest in Brandenburg) heftig protestierenden Politiker? Eine Datenauswertung durch Finanz-Szene zeigt: Ja, 2022 wurden zwar bundesweit lediglich 442 Sparkassen-Filialen, einschließlich SB-Schaltern, geschlossen (also nur etwas mehr als eine pro Institut). Aber: Weit mehr als die Hälfte dieser Schließungen (nämlich 261) entfiel auf gerade mal rund 30 Sparkassen. Sprich: Was statistisch und bundesweit betrachtet ein eher kommoder Abbau ist, kommt mancherorts eben doch als schwerer Einschlag an – mit den entsprechenden Folgen.

Hier die Übersicht über jene 32 Sparkassen, die 2022 mindestens fünf Filialen geschlossen haben:

Institut Filialen per Ende 2022 Filialen per Ende 2021 Filial-Abbau absolut Filial-Abbau in %
Sparkasse Arnsberg-Sundern 10 18 -8 -44%
Kreissparkasse Northeim 15 21 -6 -29%
Sparkasse Oberpfalz Nord 23 31 -8 -26%
Sparkasse Lemgo 20 26 -6 -23%
Kreissparkasse Syke 23 29 -6 -21%
Sparkasse Hameln-Weserbergland 21 26 -5 -19%
Kreissparkasse Heinsberg 30 37 -7 -19%
Sparkasse Bamberg 39 48 -9 -19%
Sparkasse Hilden-Ratingen-Velbert 22 27 -5 -19%
Sparkasse Aachen* 76 92 -16 -17%
Kreissparkasse Verden 25 30 -5 -17%
Sparkasse Marburg-Biedenkopf 36 43 -7 -16%
Sparkasse Burgenlandkreis 31 37 -6 -16%
Saalesparkasse 52 62 -10 -16%
Sparkasse LeerWittmund 32 38 -6 -16%
Sparkasse Oberhessen 54 64 -10 -16%
Sparkasse Essen 41 48 -7 -15%
Stadtsparkasse München* 90 105 -15 -14%
Sparkasse Heidelberg 56 65 -9 -14%
Nassauische Sparkasse* 102 118 -16 -14%
Sparkasse Koblenz 41 47 -6 -13%
Sparkasse Vorderpfalz 41 47 -6 -13%
Sparkasse Nürnberg* 93 106 -13 -12%
Sparkasse Duisburg 43 49 -6 -12%
Niederrheinische Sparkasse RheinLippe 39 44 -5 -11%
Kreissparkasse Steinfurt 40 45 -5 -11%
Kreissparkasse Köln* 154 172 -18 -10%
Sparkasse Westmünsterland 85 94 -9 -10%
Sparkasse Mainfranken Würzburg 87 96 -9 -9%
Sparkasse Neuss 51 56 -5 -9%
Frankfurter Sparkasse 75 82 -7 -9%
Sparkasse Allgäu 56 61 -5 -8%

*Gefettet jene Sparkassen, die zur Gruppe der 20 größten deutschen Sparkassen gehören; Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von DSGV-Angaben.

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