"Aufsichts- & Regulierungs"-Ticker

Alle News rund um Aufsicht und Regulierung aus Dezember und Januar

In unserem „Aufsichts- & Regulierungs“-Ticker verfolgen wir die alltäglichen Scharmützel zwischen der Bafin und den deutschen Banken (und Fintechs!) – und darüber hinaus berichten wir, wie sich die regulatorischen Rahmenbedingungen für die Branche entwickeln. 

Hier unser Ticker mit sämtlichen Meldungen aus dem Dezember und Januar: 

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BIP? Minus 6%! Was vom diesjährigen Banken-Stresstest zu halten ist

Die Anforderungen für den neuen europäischen Banken-Stresstest sind öffentlich – und wieder einmal betont die European Banking Authority, das diesjährige Szenario sei das härteste, das es je gegeben habe (eine kommunikative Spätfolge des Jahres 2011, als die frisch gegründete EBA den Kommunalfinanzierer Dexia fröhlich durch den Stresstest winkte, nur um wenige Monate später dessen staatlicher Rettung zusehen zu müssen…). Indes – diesmal mutet das von den Aufsehern entworfene „adverse Szenario“ tatsächlich herausfordernd an. Die Details: FS Premium

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Bafin knöpft sich kleine Banken vor, die groß in Immobilien investieren

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Kurz getickert

  • In dem aufsehenerregenden Fall von Insiderhandel, in dem die Frankfurter Staatsanwaltschaft momentan ermittelt (siehe Manager Magazin, Paywall), hat die Investmentfirma Perella Weinberg Partners einen ihrer Londoner Mitarbeiter beurlaubt, so „Reuters“ (via BÖZ, Paywall).
  • Die neuen Beschränkungen für die Solarisbank sind nun offiziell. So veröffentlichte die Bafin gestern eine Anordnung, wonach der „Banking as a Service“-Anbieter aufgefordert wird, Mängel „insbesondere im Risikomanagement auf Gruppenebene und im aufsichtlichen Meldewesen“ zu beseitigen. Bis die Probleme gelöst sind, dass das Berliner Fintech ohne Zustimmung der Aufsicht keine neuen Partner mehr aufnehmen. Zudem schickt die Bafin der Solarisbank einen weiteren Sonderbeauftragten ins Haus. 
  • Der Europäische Ausschuss für Systemrisiken warnt vor einem möglichen „Systemrisiko“ bei der Finanzierung von Gewerbeimmobilien. Begründung: Immobilienkonzerne könnten angesichts hoher Inflation und schwachen Wachstums große Probleme mit der Refinanzierung bestehender Schulden bekommen.

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„Nur“ 63 Mio. € Schaden: Wie Bafin und BdB die North Channel Bank trockenlegten

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Geplatzter Verkauf, kein Testat – wieso die Bafin die North Channel Bank schloss

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„Chronisch defizitär“: Bafin verhängt Moratorium über North Channel Bank

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Exklusiv: Branson macht Ernst – Etat der Bafin schrumpft erstmals seit 2007

Die Beaufsichtigung durch die Bafin wird die deutschen Banken in diesem Jahr weniger kosten als 2022 – der erste Rückgang überhaupt seit der Finanzkrise. In ihrem Haushaltsplan kalkuliert die Bonner Behörde mit einem Budget von 517 Mio. Euro. Das wäre ein Minus von 4,4%, nachdem der Etat mit jährlichen Steigerungen von 15,0% (2021) bzw. 7,9% (2022) zuletzt drastisch in die Höhe geschossen war. Die Bafin begründet den Rückgang gegenüber Finanz-Szene mit „Systemanpassungen“ bei der Beamtenversorgung sowie mit sinkenden Ausgaben für externe Sachverständige, externe IT-Kräfte, IT-Investitionen sowie Dienstreisen. Das Bundesfinanzministerium hat den Etat Anfang Dezember genehmigt. Hier alle Details: FS Premium

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Kurz getickert

  • Die Finanzaufsicht erhöht den Druck auf die deutsche Kreditwirtschaft, sich mit Dividenden in diesem Jahr zurückzuhalten. In einem Gespräch mit der „Wirtschaftswoche“ sprach Bafin-Röseler von einem „perfekten Sturm“, der sich über Banken und Sparkassen zusammenbrauen könnte.  Deswegen, so lässt sich Buba-Wuermeling in dem gleichen Artikel zitieren, könne man  „Trägern und Eignern nur raten, möglichst viel Kapital in den Instituten zu halten und wenig der erzielten Gewinne auszuschütten“. 
  • Wie aus gestern veröffentlichten EZB-Daten hervorgeht, ist der Anteil fauler Kredite an den Kreditbeständen deutscher Banken von Juli bis September 2022 (aktuellere Zahlen gibt es noch keine) nur minimal von 1,25% auf 1,26% gestiegen (Reuters, via Wiwo)
  • Bundesbank begründet Target2-Fiasko erfrischend lapidar: Der für Zahlungsverkehr zuständige Buba-Vorstand Burkhard Balz hat sich gegenüber dem „Handelsblatt“ (Paywall) zum verpatzten Großprojekt „Target2-Migration“ (siehe unser fast ebenso großes Themen-Dossier) geäußert. „Die Arbeitstage unserer Leute, die sich um das Projekt kümmern, haben erkennbar nicht ausgereicht“, so Balz. Dabei habe Corona ebenso eine Rolle gespielt wie der Wechsel „mehrerer Mitarbeiter“ in die private Wirtschaft.
  • EZB verordnet der Deutschen Bank mehr Eigenkapital: Wegen der Risiken im Leveraged-Finance-Geschäft steigt der individuelle Kapitalaufschlag des größten hiesigen Geldinstituts um 0,2 Prozentpunkte auf 2,7%. Alles in allem müssen die Frankfurter damit jetzt eine harte Kernkapitalquote (CET 1) von mindestens 10,55% ausweisen. Mitteilung

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So dürfte die Kompromisslinie bei „Payment for Order Flow“ aussehen

Mit ihrem Vorschlag, die Rückvergütungen für Retail-Broker zu verbieten, versetzte Brüssel die hiesige Finanzbranche letztes Jahr in helle Aufregung. Nach einem erbitterten Ringen zwischen Deutschland (contra Verbot) auf der einen sowie Frankreich und den Niederlanden (pro Verbot) auf der anderen Seite, hat sich der EU-Rat nun offensichtlich auf einen Mittelweg geeinigt. Die Länder, die PFOF untersagen wollen, dürfen das tun – in den übrigen Staaten bleiben die Zahlungen erlaubt (wobei wir ehrlicherweise nicht wissen, was das z.B. bei einem französischen Trade-Republic-Kunden bedeuten würde, dessen Transaktion über die deutsche LS Exchange abgewickelt wird).

Interessant übrigens auch, dass sich die gestern veröffentlichte Mitteilung des EU-Rats (hier das Original) klar für die Einführung des sogenannten „Consolidated Tapes“ ausspricht – also dafür, dass die (großen) Börsen verpflichtet werden, dem Markt wichtige Markt- und Abwicklungsdaten in Echtzeit zur Verfügung zu stellen. Auch dies dürfte den Trade Republics und Scalable Brokern schmecken, ganz im Gegensatz zur Deutschen Börse. Immer vorausgesetzt natürlich, das Europäische Parlament schwenkt letzten Endes auf die Linie des EU-Rats ein.

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Berlin wirbelt mit „Lex Sozialkassen“ neue Einlagen-Architektur durcheinander

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EZB erklärt Makro-Schocks und Kreditrisiken zu obersten Prioritäten

Die EZB-Bankenaufsicht ordnet ihre Schwerpunkte neu: Stand im vergangenen Jahr noch die Corona-Pandemie im Fokus, rückt laut der neuen Prioritäten-Liste für 2023-2025 nun die “Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegen unmittelbare makrofinanzielle geopolitische Schocks” ganz oben auf die Agenda. Als eine “priorisierte Schwachstelle” haben die Aufseher dabei “Mängel im Kreditrisiko-Management, einschließlich Risikopositionen gegenüber anfälligen Sektoren” geortet. Das passt zu jüngsten Ausführungen von Oberaufseher Andrea Enria vor dem Wirtschaftsausschuss des EU-Parlaments. Demnach hat die EZB vor allem die Risiken der Banken durch Engagements bei energieintensiven Unternehmenskunden im Blick. Schon im Sommer hatte die europäische Bankenaufsicht die Institute aufgefordert, die Effekte eines russischen Energielieferstopps durchzurechnen.

Für Aufsehen sorgte am Montag auch ein Blog-Eintrag von Kerstin af Jochnick, Mitglied im obersten EZB-Aufsichtsgremium, und Mario Quagliariello, Director of Supervisory Strategy and Risk. In dem Statement wurde angekündigt, die Kreditvergabe und deren Überwachung vor allem in den Wohnimmobilien-Portfolios eingehend zu untersuchen. Zudem stünden gezielte Überprüfungen der Rahmenwerke zur Bildung von Risikovorsorge gemäß der Bilanznorm IFRS9 auf dem Programm. Ein weiteres Gebiet, das laut EZB im Lichte der abrupten Zinswende mehr Beachtung verdient, sind Refinanzierungsrisiken. Denn in der Zeit “außergewöhnlicher geldpolitischer Maßnahmen”, wie af Jochnik und Quagliariello das ultralockere Gebaren der Notenbank umschreiben, hätten Banken ihre Abhängigkeit von Zentralbank-Mitteln vergrößert – zulasten der Refinanzierung über den Wholesale-Markt.

Hier die Prioritäten-Liste der EZB-Bankenaufsicht im Original: EZB-Website

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Exklusiv: Bafin schaltet in Alarm-Modus! Rund 1.500 Banken werden zu Zinsrisiken befragt

Dass die Bafin seit dem Amtsantritt Mark Bransons eine härtere Gangart vorlegt – diese Feststellung lässt sich ja durchaus treffen. Da ist das nicht enden wollende Neukunden-Limit bei N26. Die jüngste Sonderprüfung bei FlatexDegiro (mit verheerenden mittelbaren Folgen für den Aktienkurs). Oder auch der schärfere Ton, den die Aufsicht zuletzt gegenüber der Deutschen Bank anschlug. Umso mehr erstaunt freilich, wie gelassen die Aufseher monatelang mit der rasant umgeschlagenen Makro-Lage umgingen. Bei der Vorstellung der Stresstest-Ergebnisse im September hieß es, die Situation sei „nach aktuellen Stand beherrschbar“. Und auch im Oktober war in Aufseher-Kreisen noch keine allzu größere Nervosität zu verspüren, was die Belastungen deutscher Banken infolge der Zinswende angeht. Wann genau sich die Einschätzung der Lage änderte? Das ist nicht ganz klar. Doch feststeht: Mit der Gelassenheit ist es jetzt vorbei! Laut exklusiven Informationen von Finanz-Szene haben Bafin und Bundesbank vor einigen Tagen eine aufsichtliche 180-Grad-Wende vollzogen – und eine Umfrage unter rund 1.500 hiesigen Banken initiiert mit dem Ziel, das Ausmaß der vom Zinsschock verursachten Bilanz-Verheerungen zu eruieren. Lesen Sie hier, wie Bafin und Buba ihren U-Turn begründen, welche Institute betroffen sind, was die Aufsicht von Banken und Sparkassen konkret wissen will und welche engen zeitlichen Fristen sie dabei setzt: FS Premium

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Kurz getickert

  • Der Unicredit – also dem Mutterkonzern der Hypo-Vereinsbank – drohen laut „Bloomberg“-Informationen (via „Wiwo“) höhere Kapitalauflagen. Die sogenannten „Säule 2“-Anforderungen könnten demnach von derzeit 1,75% auf künftig 2,0% steigen.
  • Als Folge der Verzögerungen bei der Target2-Migration (siehe unser Themen-Dossier hier) verschieben die europäischen Zentralbanken nun auch den Launch des sogenannten „Eurosystem Collateral Management System“ (ECMS) – und zwar vom 20. November 2023 auf den 8. April 2024 (EZB-Website).
  • Die Bankenbranche soll nach dem Willen führender EU-Staaten von der sogenannten „Corporate Sustainability Due Diligence Directive“ ausgenommen werden – das ist eine geplante Verordnung, die große europäische Unternehmen (eigentlich) dazu verpflichten soll, mögliche ESG-Verstöße innerhalb ihrer Lieferketten zu untersuchen (FT/Paywall).

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Linktipp

„Frequently asked questions on climate-related financial risks“: Der Baseler Ausschuss hat am Donnerstag ein FAQ zur Integration finanzieller Klimarisiken in sein bestehendes Regelwerk vorgelegt. Das 23 Seiten starke Dokument spannt den Bogen von Kreditrisiken über operative Risiken bis hin zu Fragen der Liquidität. Hier direkt zur Originalquelle: BIS.org (PDF)

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Von „Basel 3“ bis „Bafin vs. EZB“: Die Aufsichts-News aus Oktober & November

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