von Bernd Neubacher, 31. Januar 2023
In unserem „Aufsichts- & Regulierungs“-Ticker verfolgen wir die alltäglichen Scharmützel zwischen der Bafin und den deutschen Banken (und Fintechs!) – und darüber hinaus berichten wir, wie sich die regulatorischen Rahmenbedingungen für die Branche entwickeln.
Hier unser Ticker mit sämtlichen Meldungen aus dem Dezember und Januar:
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Die Anforderungen für den neuen europäischen Banken-Stresstest sind öffentlich – und wieder einmal betont die European Banking Authority, das diesjährige Szenario sei das härteste, das es je gegeben habe (eine kommunikative Spätfolge des Jahres 2011, als die frisch gegründete EBA den Kommunalfinanzierer Dexia fröhlich durch den Stresstest winkte, nur um wenige Monate später dessen staatlicher Rettung zusehen zu müssen…). Indes – diesmal mutet das von den Aufsehern entworfene „adverse Szenario“ tatsächlich herausfordernd an. Die Details: FS Premium
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Die Beaufsichtigung durch die Bafin wird die deutschen Banken in diesem Jahr weniger kosten als 2022 – der erste Rückgang überhaupt seit der Finanzkrise. In ihrem Haushaltsplan kalkuliert die Bonner Behörde mit einem Budget von 517 Mio. Euro. Das wäre ein Minus von 4,4%, nachdem der Etat mit jährlichen Steigerungen von 15,0% (2021) bzw. 7,9% (2022) zuletzt drastisch in die Höhe geschossen war. Die Bafin begründet den Rückgang gegenüber Finanz-Szene mit „Systemanpassungen“ bei der Beamtenversorgung sowie mit sinkenden Ausgaben für externe Sachverständige, externe IT-Kräfte, IT-Investitionen sowie Dienstreisen. Das Bundesfinanzministerium hat den Etat Anfang Dezember genehmigt. Hier alle Details: FS Premium
Mit ihrem Vorschlag, die Rückvergütungen für Retail-Broker zu verbieten, versetzte Brüssel die hiesige Finanzbranche letztes Jahr in helle Aufregung. Nach einem erbitterten Ringen zwischen Deutschland (contra Verbot) auf der einen sowie Frankreich und den Niederlanden (pro Verbot) auf der anderen Seite, hat sich der EU-Rat nun offensichtlich auf einen Mittelweg geeinigt. Die Länder, die PFOF untersagen wollen, dürfen das tun – in den übrigen Staaten bleiben die Zahlungen erlaubt (wobei wir ehrlicherweise nicht wissen, was das z.B. bei einem französischen Trade-Republic-Kunden bedeuten würde, dessen Transaktion über die deutsche LS Exchange abgewickelt wird).
Interessant übrigens auch, dass sich die gestern veröffentlichte Mitteilung des EU-Rats (hier das Original) klar für die Einführung des sogenannten „Consolidated Tapes“ ausspricht – also dafür, dass die (großen) Börsen verpflichtet werden, dem Markt wichtige Markt- und Abwicklungsdaten in Echtzeit zur Verfügung zu stellen. Auch dies dürfte den Trade Republics und Scalable Brokern schmecken, ganz im Gegensatz zur Deutschen Börse. Immer vorausgesetzt natürlich, das Europäische Parlament schwenkt letzten Endes auf die Linie des EU-Rats ein.
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Die EZB-Bankenaufsicht ordnet ihre Schwerpunkte neu: Stand im vergangenen Jahr noch die Corona-Pandemie im Fokus, rückt laut der neuen Prioritäten-Liste für 2023-2025 nun die “Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegen unmittelbare makrofinanzielle geopolitische Schocks” ganz oben auf die Agenda. Als eine “priorisierte Schwachstelle” haben die Aufseher dabei “Mängel im Kreditrisiko-Management, einschließlich Risikopositionen gegenüber anfälligen Sektoren” geortet. Das passt zu jüngsten Ausführungen von Oberaufseher Andrea Enria vor dem Wirtschaftsausschuss des EU-Parlaments. Demnach hat die EZB vor allem die Risiken der Banken durch Engagements bei energieintensiven Unternehmenskunden im Blick. Schon im Sommer hatte die europäische Bankenaufsicht die Institute aufgefordert, die Effekte eines russischen Energielieferstopps durchzurechnen.
Für Aufsehen sorgte am Montag auch ein Blog-Eintrag von Kerstin af Jochnick, Mitglied im obersten EZB-Aufsichtsgremium, und Mario Quagliariello, Director of Supervisory Strategy and Risk. In dem Statement wurde angekündigt, die Kreditvergabe und deren Überwachung vor allem in den Wohnimmobilien-Portfolios eingehend zu untersuchen. Zudem stünden gezielte Überprüfungen der Rahmenwerke zur Bildung von Risikovorsorge gemäß der Bilanznorm IFRS9 auf dem Programm. Ein weiteres Gebiet, das laut EZB im Lichte der abrupten Zinswende mehr Beachtung verdient, sind Refinanzierungsrisiken. Denn in der Zeit “außergewöhnlicher geldpolitischer Maßnahmen”, wie af Jochnik und Quagliariello das ultralockere Gebaren der Notenbank umschreiben, hätten Banken ihre Abhängigkeit von Zentralbank-Mitteln vergrößert – zulasten der Refinanzierung über den Wholesale-Markt.
Hier die Prioritäten-Liste der EZB-Bankenaufsicht im Original: EZB-Website
Dass die Bafin seit dem Amtsantritt Mark Bransons eine härtere Gangart vorlegt – diese Feststellung lässt sich ja durchaus treffen. Da ist das nicht enden wollende Neukunden-Limit bei N26. Die jüngste Sonderprüfung bei FlatexDegiro (mit verheerenden mittelbaren Folgen für den Aktienkurs). Oder auch der schärfere Ton, den die Aufsicht zuletzt gegenüber der Deutschen Bank anschlug. Umso mehr erstaunt freilich, wie gelassen die Aufseher monatelang mit der rasant umgeschlagenen Makro-Lage umgingen. Bei der Vorstellung der Stresstest-Ergebnisse im September hieß es, die Situation sei „nach aktuellen Stand beherrschbar“. Und auch im Oktober war in Aufseher-Kreisen noch keine allzu größere Nervosität zu verspüren, was die Belastungen deutscher Banken infolge der Zinswende angeht. Wann genau sich die Einschätzung der Lage änderte? Das ist nicht ganz klar. Doch feststeht: Mit der Gelassenheit ist es jetzt vorbei! Laut exklusiven Informationen von Finanz-Szene haben Bafin und Bundesbank vor einigen Tagen eine aufsichtliche 180-Grad-Wende vollzogen – und eine Umfrage unter rund 1.500 hiesigen Banken initiiert mit dem Ziel, das Ausmaß der vom Zinsschock verursachten Bilanz-Verheerungen zu eruieren. Lesen Sie hier, wie Bafin und Buba ihren U-Turn begründen, welche Institute betroffen sind, was die Aufsicht von Banken und Sparkassen konkret wissen will und welche engen zeitlichen Fristen sie dabei setzt: FS Premium
„Frequently asked questions on climate-related financial risks“: Der Baseler Ausschuss hat am Donnerstag ein FAQ zur Integration finanzieller Klimarisiken in sein bestehendes Regelwerk vorgelegt. Das 23 Seiten starke Dokument spannt den Bogen von Kreditrisiken über operative Risiken bis hin zu Fragen der Liquidität. Hier direkt zur Originalquelle: BIS.org (PDF)
Von „Basel 3“ bis „Bafin vs. EZB“: Die Aufsichts-News aus Oktober & November
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