von Heinz-Roger Dohms und Georgia Hädicke, 30. Juli 2023
In unserem Sparkassen-Ticker beleuchten wir nicht nur die großen Sparkassen wie die Haspa – sondern auch die (ganz) kleinen. Und natürlich haben wir auch ein Auge drauf, was sonst so los ist im Verbund.
Hier der Ticker für Juli 2023:
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Das Baufi-Drama bei den baden-württembergischen Sparkassen setzt sich fort. Im ersten Halbjahr machten die Kommunalinstitute im Ländle lediglich Finanzierungszusagen im Umfang von 3,1 Mrd. Euro – verglichen mit dem Vorjahr ein Rückgang um 60%. Trotzdem gehen die BaWü-Sparkassen davon aus, ihr letztjähriges Betriebsergebnis vor Bewertung (1,9 Mrd. Euro) in diesem Jahr zu übertreffen. Grund: ein deutlich höheres Zinsergebnis.
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In den Fall der nordrhein-westfälischen Sparkasse, die einen lokalen Politiker zum neuen Chef machen will, schaltet sich die Bafin ein. Wie berichtet, hatte die frisch fusionierte Sparkasse Schwelm-Sprockhövel im vergangenen Jahr zunächst ihren Vorstandschef Michael Lindermann rausgeworfen (siehe unseren Ticker aus dem Mai 2022). Zunächst übernahm dann der Vize-Chef – allerdings erklärtermaßen nur übergangsweise. Denn: Als langfristige Lösung hatte der Verwaltungsrat trotz fehlender Branchen-Erfahrung den Rechtsanwalt und örtlichen CDU-Mann Oliver Flüshöh auserkoren (siehe unseren Ticker aus dem März 2023).
Wie nun allerdings die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ (Paywall) berichtet, hat die Bafin dem Verwaltungsrat mitgeteilt, dass die geplante zweijährige Einarbeitung als Generalbevollmächtigter nicht ausreiche, um Flüslöh wie vorgesehen bereits 2025 zum Vorstandschef zu machen. Nötig seien nach Auffassung der Bonner Finanzaufsicht „wohl mindestens drei Jahre“. Den Verwaltungsratschef, der die personellen Planungen letztlich zu verantworten hat, zitiert die „WAZ“ wie folgt: „Wir haben eine unternehmerische Entscheidung getroffen. Diese wird die Sparkasse umsetzen.“
Wie die Stadtsparkasse München die Mitarbeiter der Münchner Bank angräbt
Die Beziehung zwischen Sparkassen und Kommunen ist vielschichtig. Schließlich sind Städte und Gemeinden nicht nur Träger der Sparkassen. Sondern auch große Kunden. Zum Beispiel als Abnehmer kommunaler Darlehen. Aber auch (wobei das weniger bekannt ist) – als Abnehmer elektronischer Bezahl-Lösungen. Rückblick: Im Jahr 2011 geht (gegründet von einem baden-württembergischen Sparkassen-Chef namens Hermann Stengele) die GiroSolution an den Start. Deren ursprüngliches Produkt: der „GiroCheckout“, eine Payment-Lösung, die sich heutzutage vor allem an den Bedürfnissen des öffentlichen Sektors ausrichtet.
Mit den Jahren wird das Portfolio des Startups umfangreicher. Die GiroSolution entwickelt sich zu einem breit aufgestellten E-Government-Dienstleister, der 2021 (inzwischen unter dem Dach des Deutschen Sparkassenverlags) in „S–Public Services“ umbenannt wird. Erklärtes Ziel: Das Unternehmen (das mit >3.000 Kunden als marktführender Payment Service Provider für die öffentliche Hand gilt) soll in großem Stil von öffentlichen Aufträgen rund ums neue „Online-Zugangsgesetz“ profitieren – also von jenem Gesetz, mit dem Bund und Länder Hunderte von Verwaltungsprozessen digitalisieren wollen.
Nun allerdings, nur zwei Jahre später, vollzieht der Deutsche Sparkassenverlag als Eigentümer einen radikalen Strategieschwenk. Laut exklusiven Informationen von Finanz-Szene sollen die zentralen E-Payment-Produkte (also auch der „GiroCheckout“) aus der S–Public Services herausgelöst und an den Sparkassen-Acquirer Payone übertragen werden (obwohl der DSV an dem nur 40% hält und die Mehrheit der Payone beim französischen Großkonzern Worldline liegt). Das Motiv hinter dem Schritt? Eine DSV-Sprecherin erklärte gestern Abend, dass man sich „zum Thema Zahlungsabwicklung in Gesprächen“ mit der Payone befinde, „um zu prüfen, wo es Synergie-Potenzial gibt, das wir künftig nutzen können“.
4% Abbau, 100% Erregung: Ein paar Fakten zu den Sparkassen und ihren Filialen
Sparkassen beenden Kooperation mit Identity-Dienst Verimi/Yes
Die Zahl der Banken und Sparkassen hierzulande ist im vergangenen Jahr um 4% auf nur noch 1.458 geschrumpft, wie aus der neuen „Bankstellen-Entwicklung“ der Bundesbank hervorgeht. Den größten Rückgang gab es fusionsbedingt im Geno-Sektor (minus 36) und bei den Sparkassen (minus 9). Insgesamt sieben Banken gaben ihre Lizenz zurück, weiteren vier Instituten wurde die Erlaubnis seitens der Aufsicht entzogen – und alles in allem 66 Abgängen standen fünf Zugänge gegenüber. Die Zahl der Filialen sank derweil um knapp 6% auf 20.446. Die Sparkassen schlossen 441 Zweigstellen, bei den Genobanken waren es 416, bei den drei Großbanken (also bei Deutsche Bank, Commerzbank und Hypo-Vereinsbank) zusammen satte 318.
Die Operation ist geheim. Und sie ist groß. Die Beteiligten? Die vier mächtigsten deutschen Sparkassen. Mehrere Regionalverbände. Und zwei der wichtigsten Dienstleister innerhalb der S-Finanzgruppe. Das Ziel: Den Verbund – respektive seine IT – fit zu machen für die europäische Bankenaufsicht. Doch der Reihe nach: Bekanntlich zählen zu den 50 Banken, die Ende 2022 laut Bafin ihren Sitz in Deutschland hatten und direkt von der EZB überwacht wurden, auch heute bereits einzelne Sparkassen. Etwa die Berliner (die dem DSGV gehört). Oder die Haspa (die aufgrund ihrer „freien“ Trägerschaft ebenfalls nicht zu den klassischen Kommunalinstituten gezählt wird). Was darüber hinaus bekannt ist: Als nächste große Sparkasse dürfte schon bald die Kreissparkasse Köln unter die Fuchtel der EZB geraten – während die benachbarte Sparkasse KölnBonn offensichtlich versucht, diesen Schritt noch eine Weile hinauszuzögern.
Der öffentliche Eindruck war somit zuletzt: Ja, klar, für die KSK Köln wird’s demnächst ernst, aber sonst pressiert da nichts. Doch um es kurz zu machen: Dieser Eindruck ist falsch! In Wirklichkeit pressiert’s der Sparkassen-Finanzgruppe in puncto EZB-Aufsicht zurzeit ganz erheblich – und zwar an allen Ecken und Enden. Was neben der KSK Köln vor allem daran liegt, dass sowohl die Haspa als auch die Berliner Sparkasse den Wechsel ihres Dienstleisters für das Meldewesen planen. Zwei Herkulesprojekte. Und ein wenig liegt’s auch an einer Großfusion im Lager der gruppeneigenen Bausparkassen. Genügend Spannung aufgebaut? Schön! Hier unser Deep Dive in sieben Akten, gespickt mit etlichen exklusiven Informationen: FS Premium
Heimlicher Anteilsverkauf! Wie die Haspa in Holstein zum Rückzug bläst
Zwischen Großfusion und Vertriebs-Rausch: Alle Sparkassen-News aus Mai und Juni
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