Exklusiv

Der Kiosk als Bank: Wie die BNP Paribas unsere Sparkassen angreift

Das Retailbanking-Angebot „Nickel“ der französischen BNP Paribas konkretisiert ihren Deutschland-Start: Laut Finanz-Szene Informationen hat die Akquise von Kiosken und Lottoannahmestellen als Vertriebspartner begonnen. Wie aus uns vorliegenden Unterlagen hervorgeht, will die BNP Paribas hierzulande rund 5.000 solcher Verkaufsstellen als Partner gewinnen und peilt zunächst 600.000 Kunden an. Das Konto soll mit 20 Euro pro Jahr bepreist werden und enthält eine Debit Mastercard. Überziehungs- oder sonstige Kredite sind nicht Teil des Angebots.

Das bereits in vier anderen Ländern eingeführte „Nickel“-Modell unterscheidet sich grundlegend vom Konzept sonstiger Retail- bzw. Neobanken. Zielgruppe sind Kundinnen und Kunden, die bislang schwer oder gar nicht an eine Bankverbindung kamen oder mit den Prozessen überfordert sind. Die Kontoeröffnung erfolge „ohne Bedingungen bezüglich Einkommen, Einlagen oder Vermögen“, heißt es in einem Schreiben, dass interessierten Betreibern von Kiosken und Lottoläden dieser Tage zuging. Bei der Identifizierung sollen „Ausweisdokumente aus über 190 Ländern“ akzeptiert werden.

Konkret will „Nickel“ den Betreibern ein Terminal für die Kontoeröffnung einrichten sowie eine Infrastruktur für die Ein- und Auszahlung von Bargeld – alles kostenlos. Daneben sollen die Läden auch ein Terminal zur Akzeptanz von Kartenzahlungen erhalten. Auf diese Weise könne sich „Nickel“ ganz nebenbei als Payment-Provider für eine hierzulande bislang noch kaum erschlossene Gruppe von „Merchants“ positionieren – allerdings ist das Terminal zunächst Nickel-Kunden vorbehalten.

Wie Nickel die Kiosk-Betreiber verdienen lassen will

Den Betreibern der Läden stellt „Nickel“ diverse Provisionen als künftige Einnahmequellen in Aussicht:

  • Eine Kontoeröffnung am aufgestellten Terminal soll mit 3 Euro vergütet werden.
  • Eine Bargeldabhebung schlägt mit 25 Cent zu Buche.
  • Für eine Einzahlung gibt es 0,75% vom Einzahlungsbetrag.
  • Die Ausgabe einer Ersatzkarte bringt 2 Euro.
  • Der Ausdruck einer Kontoinformation bringt 50 Cent.
  • Bleiben Kunden ein Jahr dabei, fließt ein Euro Bonus als Bestandsvergütung an die Verkaufsstelle.

Daneben sollen die Betreiber mithilfe von „Nickel“ aber auch ihre klassischen Einnahmen steigern, wirbt das uns vorliegende Schreiben. Erfahrungen in anderen Ländern hätten angeblich gezeigt, dass …

  • 58% der „Nickel“-Nutzer für die jeweilige Annahmestelle einen Neukunden darstelle,
  • 94% der Kontoeröffner regelmäßig in den Laden zurückkämen,
  • und 50% noch weitere Einkäufe tätigen würden.

80% der „Nickel“-Kunden haben <1.500 Euro Einkommen

Formal wird die Marke “Nickel” nicht von der BNP Paribas direkt, sondern von der Tochtergesellschaft Financière des Paiements Électroniques betrieben. Diese hat in Berlin inzwischen eine Zweigniederlassung (HRB 240505).

„Nickel“ ist bereits in Belgien, Frankreich, Portugal und Spanien aktiv und hat dort nach eigenen Angaben mithilfe von 7.000 Verkaufsstellen bis dato 2,5 Mio. Kunden gewonnen. Laut Angaben aus dem BNP-Geschäftsbericht verfügen 80% der „Nickel“-Kunden über ein Einkommen von weniger als 1.500 Euro pro Monat – ein Drittel sei arbeitslos.

Folgt man der Argumentation der Pariser Großbank, dann ist das Angebot auch als Initiative zu mehr finanzieller Inklusion zu verstehen. Es richte sich an Menschen, die bislang gleichsam „aus dem Banking verbannt“ seien.

Rechtehinweis

Die Artikel von Finanz-Szene sind urheberrechtlich geschützt und nur für den jeweiligen Premium-Abonnenten persönlich bestimmt. Die Weitergabe – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Wie Sie Inhalte rechtssicher teilen können (z.B. via Pressespiegel), erfahren Sie hier.

Danke für Ihr Verständnis. Durch Ihr Abonnement sichern Sie ein Stück Journalismus!

To top