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Fusion als letzte Chance? Wie Problemkredite den Druck auf Regionalbanken erhöhen

In den vergangenen Jahren standen Deutschlands Regionalbanken unter erheblichem Konsolidierungsdruck: Getrieben von Fachkräftemangel, wachsenden regulatorischen Anforderungen und anhaltendem Ertragsdruck ist die Anzahl der Sparkassen und Genossenschaftsbanken allein zwischen 2020 und 2024 um 13% auf insgesamt 1.048 gesunken. Alle Institute sollten nun wachsam sein, dass mit konjunkturbedingt steigenden notleidenden Krediten nicht ein weiterer „Fusionstreiber“ hinzukommt.

Denn ein Blick auf die aktuellen Zahlen der Bafin zeigt: Vor allem Sparkassen und Genossenschaftsbanken verzeichnen derzeit einen besonders starken Anstieg sogenannter Non-Performing Loans (NPL). Während der durchschnittliche Buchwert von NPL gemessen am Gesamtvolumen aller Kredite bei allen Banken von Dezember 2023 bis Dezember 2024 um knapp ein Sechstel auf 1,86% kletterte, stieg die NPL-Quote der Sparkassen einen Tick rasanter auf 1,92% – und bei den Genossenschaftsbanken sogar um knapp ein Drittel auf 2,19%. Damit liegen die NPL-Quoten der „Less Significant Institutions“, zu denen der überwiegende Teil der klassischen Regionalbanken gehört, über denen der rund zwei Dutzend deutschen Großbanken mit einer Bilanzsumme ab 30 Mrd. Euro. In absoluten Zahlen belief sich die Summe der NPL bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken laut Bafin Ende 2024 auf 36,47 Mrd. Euro – ein Anstieg um rund ein Viertel gegenüber Ende 2023 und gut zwei Drittel mehr als Ende 2022.

Seit der Zinswende der EZB im Juli 2022 und im dritten Jahr der deutschen Wirtschaftsflaute geraten gerade immer mehr Mittelständler unter Druck – mit deutlich spürbaren Folgen für Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die traditionell als „Finanzierer des Mittelstands“ gelten und einen starken regionalen Fokus haben. Zudem haben diese Institute häufig kleinere Bilanzsummen, wodurch sich ein Anstieg des NPL-Bestands tendenziell deutlich stärker in der NPL-Quote bemerkbar macht. Dort können sich schon einzelne Ausfälle von Kreditnehmern in der Quote deutlich auswirken.

Grund zur Panik besteht allerdings nicht. Die aktuellen NPL-Quoten in Deutschland bleiben sowohl im europäischen als auch im historischen Vergleich auf einem moderaten Niveau. Dennoch führen steigende NPL-Bestände für betroffene Institute zu zusätzlichem Aufwand. Nach Jahren niedriger Kreditausfallraten während der Niedrigzinsphase sind Regionalbanken im Umgang mit diesen Problemkrediten nicht nur etwas aus der Übung. Dieser erfordert auch spezielle Fachkenntnisse und personelle Ressourcen, die angesichts des anhaltenden Fachkräftemangels nur eingeschränkt verfügbar sind.

Außerdem ist unter Umständen frisches Kapital nötig, weil NPL-Bestände durch den NPL-Backstop ab einem bestimmten Zeitpunkt eine höhere Eigenmittelunterlegung erfordern. Regionalbanken können jenes Kapital aber nicht ‚einfach so‘ am Finanzmarkt beschaffen. Um die Risiken steigender NPL-Bestände angemessen zu steuern, aufsichtsrechtliche Vorgaben einzuhalten und die Stabilität des Instituts zu sichern, müssen sie Frühwarnsysteme, Kreditgenehmigungsprozesse und das Reporting schärfen – und gleichzeitig auch finanzielle Maßnahmen wie Risikovorsorge, Kapitalpuffer und den Abbau von NPLs angehen.

Steigende NPL-Quoten könnten also zu einem neuen Treiber für Zusammenschlüsse unter Regionalbanken werden, indem sie bereits bestehende Fusionsgründe weiter verstärken.

Umso wichtiger ist es, frühzeitig gegenzusteuern – bevor sich Problemkredite häufen und die Prozesse und die Kapitalbasis zusätzlich belasten. Prävention ist besser als Reaktion. Eine gut aufgestellte Bank kann frühzeitig Maßnahmen ergreifen, um zu verhindern, dass Kredite faul werden. Dafür benötigt sie solide und saubere Prozesse zur Risikofrüherkennung, um Kreditnehmer mit potenziell erhöhtem Risiko zu identifizieren, bevor der Kredit zum Problem wird. Mithilfe automatisierter und manueller Verfahren können Institute bestimmte Auffälligkeiten in den Kreditdaten erkennen, die auf ein erhöhtes Ausfallrisiko hinweisen.

Das ermöglicht dem Institut, Kreditnehmer, die in Schwierigkeiten stecken, rechtzeitig und umfassend zu betreuen, um potenzielle Kreditausfälle zu vermeiden. Die Intensivbetreuung von Kreditnehmern und die Problemkreditbearbeitung erfordern besonders spezialisierte Kenntnisse. Institute müssen daher sicherstellen, dass sie über ausreichend qualifiziertes Personal verfügen, das in der Lage ist, komplexe Kreditfälle zu managen, d. h. Kredite nicht nur abzuwickeln, sondern auch zu restrukturieren. Dazu müssen sie ihre Mitarbeitenden befähigen, Krisengespräche und Verhandlungen mit Kreditnehmern sowie anderen Beteiligten, wie beispielsweise Insolvenzverwaltern oder Wirtschaftsprüfern, zu führen. Zudem gilt es, die oftmals knappen personellen Ressourcen möglichst risikoorientiert einzusetzen, was strategische Überlegungen bezüglich der operativen Ausrichtung in den Bereichen Intensivbetreuung und Problemkreditbearbeitung für die Institute unumgänglich macht.

Der Umgang mit NPLs ist ressourcenintensiv und gerade High-NPL-Institute müssen besondere Anforderungen erfüllen, um den Herausforderungen des NPL-Managements gerecht zu werden. Sie benötigen eine effektive Strategie und das richtige Personal, um diese umzusetzen und langfristig erfolgreich zu sein. Der operative Mehraufwand im Zusammenhang mit steigenden NPL-Beständen und die stärkere Belastung der Kapitalquoten kann insbesondere kleinere Regionalbanken vor zusätzliche Herausforderungen stellen und dadurch den Fusionsdruck auf diese Institute verstärken.

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*Christian Klaus ist Senior Manager und Michael Mönnich ist Manager bei der Beraterfirma zeb consulting. zeb gehört zu den Premium-Partnern von Finanz-Szene. Mehr zu unserem Premium-Partner-Modell erfahren Sie hier.

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