von Bernd Neubacher und Heinz-Roger Dohms , 30. Juni 2023
In unserem „Landes- und Hypobanken“-Ticker widmen wir uns der LBBW ebenso wie der Aareal Bank, der BayernLB ebenso wie der Deutschen Pfandbriefbank.
Lesen Sie hier unseren Ticker für Juni 2023:
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Der Aareal Bank (oder vermutlich genauer: den hinter ihr stehenden Finanzinvestoren) ist ein veritabler Coup geglückt: Wie aus der Einladung zur Hauptversammlung hervorgeht, kandidiert für den Aufsichtsrat des Wiesbadener Immobilienfinanzierers niemand Geringeres als Jean Pierre Mustier, der frühere Vorstandschef der Unicredit. Da der amtierende AR-Chef Hermann Wagner zugleich ankündigte, nach 2024 keine weitere Amtszeit anzustreben, liegt die Vermutung nahe, dass Mustier also alsbald an die Spitze des Kontrollgremiums rücken soll.
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Das NordLB-Wunder: Herr Schulz geht – und alles wird gut!
Nach dem ostdeutschen und dem hessischen Sparkassen-Präsidenten zeigt sich auch der (zumindest mittelbar involvierte) LBBW-Chef Rainer Neske offen für einen Ausstieg der Sparkassen aus der NordLB. „Operativ können die Sparkassen und das Land Niedersachsen sicherlich Kompromisse finden”, sagte Neske gegenüber „Bloomberg“ (via Yahoo). Auf Dauer brauche die NordLB aber „eine grundsätzliche strategische Einigung der Eigentümer zur künftigen Ausrichtung der Bank“. Den Äußerungen der Regionalpräsidenten aus Hessen und Ostdeutschland könne er sich vor diesem Hintergrund „nur anschließen“.
Das Frankfurter Krypto-Fintech Cashlink erweitert seine im März. annoncierte Series-A-Runde auf insgesamt 7 Mio. Euro – und hat dafür unter anderem die Helaba als Investor gewonnen. Die Landesbank hatte sich im vergangenen Jahr bereits an der Corporate-Finance-Plattform VC Trade beteiligt (siehe hier), Pläne für einen Giralgeld-Token angekündigt (siehe hier) und ihre angestammten Digitaltöchter um diverse externe Manager angereichert (siehe hier und hier). Cashlink bietet eine Infrastruktur für tokenisierte Vermögenswerte und zählt unter anderem Hauck Aufhäuser Lampe und das Bankhaus Scheich zu seinen Kunden.
… dass sich Aareal-Bank-Aufsichtsrat Hans-Herrmann Lotter mit Coco-Bonds des Instituts im Nennwert von 1 Mio. Euro eingedeckt hat? Die nachrangigen Papiere sind bei einem ausschüttungsfähigen Gewinn mit variablem Zinskupon ausgestattet (Ein-Jahres-Swap-Satz +7,18%) und notieren im Zuge der Zinswende rund 20% unter ihrem Nennwert.
Chef-Lobbyistin der Landesbanken kontrolliert größte deutsche Volksbank
Jochen Klösges glaubte zu wissen, worauf er sich einlässt, als er am 15. September 2021 seine Tätigkeit bei der Aareal Bank aufnahm. Corona tobte. Pandemiebedingt standen etliche Immobilien (Hotels, Büros …) aus dem eigenen Kredit-Portfolio leer. Und zu allem Überfluss wurde die Aareal auch noch von einem aktivistischen Investor namens Petrus Advisers belagert. Probleme, wohin man sah. Und trotzdem: Jochen Klösges wusste eben nicht, worauf er sich da eingelassen hatte. Drei Wochen später nämlich – standen plötzlich Advent und Centerbridge auf der Matte, um sich als neue Eigentümer auszugeben. Aus Perspektive des frisch gekürten CEO Klösges ein veritabler Gamechanger, auch wenn es noch mehr als anderthalb Jahre dauern sollte, bis sich die Finanzinvestoren den Wiesbadener Immobilienfinanzierer nun endgültig unter den Nagel reißen dürfen. Und jetzt??? Die Lage ist hochspannend, würden wir sagen. Denn die Aareal Bank hat sich unter Klösges zwar vielversprechend positioniert (siehe kürzlich unsere Tiefen-Analyse „Aareal vs. PBB“). Es ist aber auch eine offensive Positionierung, wenn man bedenkt, welche Nervosität momentan am US-Gewerbeimmobilienmarkt herrscht – und die Aareal ausgerechnet dort reichlich Exposure hat. Ein wesentliches Thema für unseren heutigen Podcast liegt somit auf der Hand. Es gibt aber auch noch andere. Etwa: Warum investieren Advent und Centerbridge ausgerechnet in die Aareal – wo gewerbliche Immobilienfinanzierer doch traditionell eher dürftige Renditen abliefern? Oder: Wenn die Aareal inzwischen 3,6% auf Festgeld bietet – inwieweit profitiert sie dann überhaupt noch von der Zinswende? Und schließlich, eine Frage, die wir schon immer mal stellen wollten, auch wenn sie vielleicht ein bisschen „Sendung mit Maus“-mäßig daherkommt. Was macht die sagenumwobene IT-Tochter Aareon eigentlich genau??? „Finanz-Szene – Der Podcast“, diesmal mit Jochen Klösges, auf geht’s: Finanz-Szene (frei zugänglich)
Im Nacken. Und an der Backe: Warum die Lage bei der NordLB so verfahren ist
Da hatten sich der deutsche Sparkassen-Präsident (also Herr Schleweis) und der niedersächsische Sparkassen-Präsident (also Herr Mang) am Dienstag ja nun wirklich alle Mühe gegeben, die Immer-noch-nicht-Einigung im Streit um die NordLB als Bald-schon-Einigung zu verkaufen. Doch dann: Schoss gestern plötzlich der niedersächsische Ministerpräsident Weil quer. Und das ausgerechnet auf dem Sparkassentag. Also in der Höhle des, nun ja: Löwen. Wir zitieren (und zwar gemäß dem von „Reuters“ verbreiteten Wortlaut): „Wenn [eine Einigung] nicht möglich sein sollte, dann gibt es auch die Möglichkeit, eine solche Partnerschaft freundschaftlich und einvernehmlich zu beenden“.
Was genau der SPD-Politiker mit seiner Wortmeldung bezweckt, blieb gestern nebulös. Hat Weil einfach nur ein bisschen provozieren wollen? Oder den Druck erhöhen? Hat er am Ende nichts anderes getan, als eine schlichte Wahrheit auszusprechen (wer sich nicht zusammenrauft, der trennt sich halt) – oder ist die Wahrheit im Gegenteil ganz furchtbar kompliziert? Im Sinne von: Was hätte das Land Niedersachsen denn zu bieten für den NordLB-Anteil der Sparkassen? Geld ja wohl nicht, oder etwa doch??? Fest jedenfalls steht: Beim Sparkassentag war der Weil-Auftritt (wie unsere beiden Redakteure vor Ort berichten) gestern Stehtisch-Thema Nummer eins. Da gerieten selbst die immer noch roten Q1-Zahlen besagter NordLB in den Hintergrund.
Was es bedeutet, wenn die NordLB-Zahlen rot sind wie die Sparkassen
Verluste, Verluste, Verluste – die NordLB und ihr „gestärktes“ Sparkassen-Geschäft
Die Eigentümer der NordLB haben vor der heutigen Vorlage der Q1-Zahlen signalisiert, dass im Streit um die zukünftige Ausrichtung des Instituts ein Kompromiss in Reichweite sei. Während der niedersächsische Sparkassen-Präsident Mang (der tendenziell dem Lager der expansionsfreudigen niedersächsischen Landesregierung zuzurechnen ist) meinte, die Entscheidung werde „relativ kurzfristig getroffen“, bestätigte DSGV-Präsident Schleweis (der das Lager der nicht-niedersächsischen und also expansionsskeptischen Sparkassen anführt) immerhin „ordentliche, gute Gespräche“. Teil der Diskussion scheint auch weiterhin eine Herauslösung der Braunschweigischen Landessparkasse aus der NordLB zu sein. HB (Paywall), Rundblick Niedersachsen (Paywall)
Sämtliche „Landes- & Hypobanken“-Meldungen aus April und Mai
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