von Bernd Neubacher und Christian Kirchner, 29. September 2023
In unserem „Aufsichts- & Regulierungs“-Ticker verfolgen wir die alltäglichen Scharmützel zwischen der Bafin und den deutschen Banken (und Fintechs!) – und darüber hinaus berichten wir, wie sich die regulatorischen Rahmenbedingungen für die Branche entwickeln.
Hier unser Ticker mit sämtlichen Meldungen aus dem August und September:
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Kleines Zwischenfazit gefällig? Gut 24 Monate, nachdem Mark Branson die Führung der Bafin übernommen hat? An Anlässen mangelt’s schließlich nicht! Siehe: 1.) Die größte Bank der Republik (sprich: die Deutsche Bank) – gerade erst wegen der chaotischen Zustände bei der Postbank von der Bafin scharf angegangen; 2.) Das größte Fintech der Republik (sprich: N26) – weiterhin und somit quasi seit Anbeginn der „Ära Branson“ unter einem von der Bafin auferlegten Neukunden-Deckel lebendig begraben; und 3.) Der größte Acquirer der Republik (sprich: der Sparkassen-Acquirer Payone) – just dieser Tage von der Bafin öffentlich abgewatscht und mit einem partiellen Neukundenverbot belegt. Dabei ist gerade der letzte Fall interessant. Denn: Einerseits widerspricht er einer gerade in Berlin beliebten Klage über die Bafin (die Fintechs werden verprügelt und die Sparkassen verhätschelt). Andererseits befeuert er eine aktuell bei Payment-Managern beliebte Klage über dieselbe Bafin (nämlich: dass unter deutschem Aufsichtsregime margenträchtiges Geschäft schlechterdings kaum noch möglich sei). Jedenfalls und wie auch immer: Ja, klar, auch in früheren Zeiten war die Bafin nicht immer nur der Papiertiger, als der er bisweilen verspottet wurde, erinnert sei an das Duell „Menke vs. Jain“. Gleichwohl verfestigt sich der Eindruck, dass der Tiger inzwischen das Beißen, zumindest aber das Brüllen („Rooaaarrr!“) gelernt hat. Während man aufsichtliche Maßnahmen früher nur in Ausnahmefällen publizierte, ist dies heute die Regel. Mit der Folge, dass in der „Ära Branson“ im Schnitt zwei bis drei Banken pro Monat öffentlich an den Pranger gestellt werden – so viele waren es früher pro Jahr. Und was hinzukommt: Das Wording dieser Verlautbarungen ist heutzutage nicht nur ziemlich explizit – sondern wurde zuletzt auch tendenziell schärfer. Unsere Auswertung von 80 Fällen seit Anfang 2017: FS Premium
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Warum Bafin und BVR die „Maverick-Volksbank“ in die Mangel nehmen
In unserer Berichterstattung zum „Depot-A-Hammer“ war ja offen geblieben, ob die Bundesbank wirklich alle nach HGB bilanzierenden deutschen Banken meinte, als sie im jüngsten Monatsbericht von „den nach HGB bilanzierenden deutschen Banken“ sprach. Kurzum: Tat sie nicht. Sondern: Es ging, wie uns auf Nachfrage erklärt wird, lediglich um jene HGB-Institute, „für die eine Zuordnung der Wertpapiere zum Anlage- und Umlaufvermögen auf Ebene des Einzelinstituts möglich ist“ – sprich: vor allem um Sparkassen und Genobanken. Aber z.B. nicht um die Deutsche Bank. Damit konkretisiert sich die Rechnung zum „Depot-A-Hammer“ nun wie folgt: Betroffen sind rund 1.200 Institute mit einer Bilanzsumme von aggregiert etwa 5.000 Mrd. Euro. Bei diesen hat die Buba im Geschäftsjahr 2022 alles in allem „Kursverluste auf Wertpapiere des Bankbuchs von gut 70 Mrd. Euro“ diagnostiziert. Als Abschreibungen ergebniswirksam verbucht wurden hiervon aber nur gut 10 Mrd. Euro. Und der Rest? Wurde über den Verbrauch stiller Reserven (etwa 20 Mrd. Euro) bzw. den Aufbau stiller Lasten (etwa 40 Mrd. Euro) geregelt. Wer beten möchte, kann dies gerne tun.
Vor dem Bonner Landgericht hat diese Woche der Cum-Ex-Prozess gegen den früheren Chef der Privatbank M.M. Warburg, Christian Olearius, begonnen. Ein paar Lektüre-Empfehlungen:
EZB-Bankenaufsicht greift sich Wüstenrot Bausparkasse
Folgt man dem Bild, dass die Deutsche Bank in den letzten Monaten von sich selber malte – dann hat das Privatkundengeschäft endlich die Kurve gekriegt. Die Erträge beginnen zu steigen. Das Kostenproblem wird adressiert. Der Führungswechsel (Karl von Rohr –> Claudio de Sanctis) verlief reibungslos. Die neue Strategie ist in der Mache. Und vor allem, vor allem, vor allem: Die Integration der Postbank, dieser ewige Mühlstein am Hals der Deutschen Bank – sie ist endlich abgeschlossen. Hieß es zuletzt jedenfalls immer … Ein gänzlich anderes Bild von den Zuständen bei der größten Bank der Republik hat nun allerdings gestern Abend die Bafin gepinselt. Übrigens auffälligerweise erst nach Börsenschluss. Was wohl weniger daran lag, dass die Bafin dieser Tage mit ganz eigenen Problemen zu kämpfen hat (siehe weiter unten). Sondern schlicht der Schwere der Vorwürfe geschuldet ist. Die als „Verbraucher-Rundschreiben“ getarnte und unter gewohnt knorriger Headline („Information der Bafin zu Störungen der Geschäftsabwicklung bei der Postbank – eine Niederlassung der Deutsche Bank AG“) verbreitete Mitteilung hat es nämlich von der ersten bis zur letzten Zeile in sich. Eine Generalabrechnung, wie man sie in dieser Form selten gelesen hat. Was genau wirft die Bafin der Postbank vor? Und warum fallen die Anschuldigungen so massiv aus? Unsere große Analyse: FS Premium
Nach DDoS-Attacke: Was die Bafin der Bafin wohl ins Pflichtenheft schreiben würde?
Die rund 60 Mio. Euro teure Handelspanne bei der DWP Bank beschäftigt die Bafin deutlich intensiver als bislang bekannt. Laut Informationen von Finanz-Szene hat die Aufsicht kürzlich begonnen, bei anderen im Wertpapierhandel tätigen Instituten nachzuhorchen, ob ihnen ein Fauxpas wie bei der DWP ebenfalls unterlaufen könnte. Für den September habe sich die Bafin bei einigen Banken auch schon zu „Hausbesuchen“ angesagt, heißt es aus dem Markt. Die Aufseher scheint vor allem die Frage zu umtreiben, ob im Falle weiterer Pannen einzelne Akteure sogar regelrecht in Schieflage geraten könnten (was bei der DWP Bank aufgrund ihrer Kapitalstärke und des letztlich überschaubaren Verlusts nicht der Fall war). Sind zum Beispiel auch Fälle denkbar, in denen es nicht nur um 60 Mio. Euro geht – sondern eher um 600 Mio. Euro? Und was ist mit den Gegenparteien bei solchen Trades – was könnte möglicherweise passieren, wenn die Bank nicht verliert, sondern gewinnt? Finanz-Szene hatte Mitte Januar als erstes Medium über die Vorfälle bei der DWP Bank berichtet (siehe unser damaliges Stück „Fataler Fauxpas“). In der Folge begannen verschiedene Untersuchungen, darunter eine der Bafin, die dem Frankfurter Wertpapier-Abwickler letztlich „gewichtige Mängel“ attestierte, wie das „Handelsblatt“ jüngst berichtete. Bei der DWP hatte man zu Jahresbeginn noch gehofft, die 60-Mio.-Euro-Transaktion nachträglich anfechten zu können. Das allerdings war offenkundig nicht so – der Verlust wurde im mittlerweile testierten 2022er-Abschluss fest verbucht. Auch das dürfte ein Grund sein, warum die Bafin den Fall nicht einfach auf sich beruhen lässt.
Nach Abgang von CEO Friedrich: Bafin stellt Ebase unter Saustall-Verdacht
Im Fall der Varengold Bank hat die Aufsichtsstelle APAS nach eigenen Angaben „Vorermittlungen“ gegen den zuständigen Wirtschaftsprüfer PwC eingeleitet, berichtet die „Wiwo“. Zudem werde seit Juli ein „förmliches Berufsaufsichts-Verfahren gegen Mitarbeiter“ geführt. PwC hatte den 2021er-Abschluss von Varengold testiert. Damals waren die Erträge des Hamburger Spezialinstituts steil nach oben geschossen – wieso, blieb allerdings diffus, wie Finanz-Szene schon vor Monaten kritisierte. Im Zuge von Bafin-Ermittlungen hat die Varengold Bank inzwischen „Transaktionen mit Iran-Bezug“ eingeräumt. Zu den Gründen ihrer Ermittlungen äußert sich die APAS nicht.
Nehmen wir einfach mal den Donnerstag letzter Woche. Da fuhr die Bafin erstens schwere Geschütze gegen die Varengold Bank auf, sprach zweitens einen mittelschweren Rüffel gegen die Landwirtschaftliche Rentenbank aus, drittens sah sich die Umweltbank (nachdem die Bafin sie 48 Stunden zuvor wegen Verstößen gegen das KWG gemaßregelt hatte) zu ihrer nächsten Gewinnwarnung veranlasst, und am Abend kam dann viertens auch noch die Nachricht, dass das Bankhaus Obotritia nach heftigen Auseinandersetzungen mit der Bafin ihren Geschäftsbetrieb einstellt. Kurzum, es sieht so aus, als wüchsen dem ehedem angeblich zahnlosen Tiger aus Bonn inzwischen tatsächlich kleine Beißerchen. Und dazu passend – treibt Behördenchef Branson auch den internen Umbau weiter voran. So baut die Bafin nach Informationen von Finanz-Szene unter anderem ihre Abteilung für Krisenbanken deutlich aus. Hier entlang: FS Premium
Neubacher & Kirchner über Deutsche Bank, Stresstest und andere Sorgen
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