von Christian Kirchner, Georgia Hädicke und Bernd Neubacher, 30. Juli 2023
In unserem Genosektor-Ticker verfolgen wir Volks- und Raiffeisenbanken genauso wie PSD- und Sparda-Banken, die DZ-Bank-Gruppe genauso wie die Atruvia.
Hier unser Ticker für den Juli:
–––––
Wie fantastisch stünde eigentlich die Apobank da, wenn sie einfach nur sauber geführt würde? Wenn ihre Vorstände also in den Nullerjahren nicht auf die Idee verfallen wären, im großen Stil in US-Subprime-Papiere zu investieren; und wenn nachfolgende Vorstände (nachdem sie den Schlamassel ihrer Vorgänger aufgewischt hatten) ein Jahrzehnt später nicht auf die Idee gekommen wären, mal eben die Core-IT auszuwechseln. So bleibt unterm Strich das Bild einer Bank, die in ihrem Kerngeschäft (maßgeschneiderte Finanzlösungen für Ärzte, Apotheker und sonstige Heilberufler aller Art) seit Jahr und Tag die herrlichsten Erträge erwirtschaftet – die zugleich aber einmal pro Dekade dermaßen in die, nun ja: Kacke greift, dass weniger ertragsstarke Institute an den Folgen vermutlich zugrunde gehen würden. Und nun??? Seit März letzten Jahres steht an der Spitze der Apobank der vormalige Privatbanker Matthias Schellenberg (Ex-Merck-Finck, Ex-Warburg). Ruhe allerdings ist mit dem Führungswechsel nicht eingekehrt. Im Gegenteil: In den Monaten nach dem Amtsantritt Schellenbergs verließen nach und nach alle anderen Vorstände die Bank – eine Zäsur, wie sie nicht einmal die Commerzbank in ihren wildesten Zeiten hingekriegt hat. Matthias Schellenberg, mit anderen Worten, muss also jetzt liefern. Was unter anderem bedeutet, die Nachwehen der verpatzten IT-Migration in den Griff zu kriegen. Die Sachkosten auf ein erträgliches Niveau zu drücken. Und das Vertrauen der Kunden zurückzugewinnen. Wie genau Schellenberg das erreichen will, welche Rolle dabei sein familiärer Hintergrund spielt und ob das tradierte Erfolgsmodell der Apobank in Zeiten des digitalen Wandels überhaupt noch trägt – davon handelt die heutige Folge von „Finanz-Szene – Der Podcast“. Auf geht’s: Finanz-Szene (frei zugänglich)
––––––––––––––––––––
Der noch recht junge „Save now, buy later“-Trend war bislang eigentlich die Domäne von ebenfalls eher jungen Fintechs – nun mischt die (unseres Wissens nach) erste Volksbank hierzulande mit: Wie aus einer kürzlich gelaunchten Website hervorgeht, hat die Volksbank Mittweida gemeinsam mit dem Online-Händler Zalando und einem Münchner Company Builder namens Mantro ein Sparprodukt (Name: „Savrr“) auf den Markt gebracht.
Das Modell: Kunden können über die Website einen Sparplan mit einer festen Rate und einem Sparziel eröffnen. Das darüber angesparte Guthaben kann nach Erreichen des Ziels ausschließlich bei Zalando ausgegeben werden, der Online-Händler gibt Kunden dann einen Bonus. Die Einlagen landen für die Dauer des Sparplans zwischenzeitlich bei der Volksbank Mittweida – da es sich formal gesehen um eine Anzahlung handelt, können die Kunden die Sparpläne aber starten, ohne dafür direkt ein Konto bei der Volksbank zu eröffnen. „Für die Vermittlung von loyalen Kunden“, so heißt es auf der Website, zahle Zalando im Gegenzug eine Provision an Savrr.
Wie Mantro-Projektleiter Lukas Schmitt auf Anfrage von Finanz-Szene erklärt, soll Savrr in den kommenden Monaten als eigenständiges Fintech-Unternehmen an den Start gehen – ob die Volksbank Mittweida dort auch als Gesellschafter einsteigt oder in dem Konstrukt weiterhin quasi als „Banking as a Service“-Partner auftritt, werde derzeit noch ausgelotet. Zalando ist die erste Kooperation der „Save now, buy later“-Angebots, bis Ende des Jahres soll Savrr aber auf mindestens zehn Partner und 5.000 Sparplan-Nutzer kommen.
Nach dem Verlust von mehr als 350.000 Mitgliedern binnen drei Jahren fürchten die Sparda-Banken, dass es beim Wechsel der bisherigen „Sopra-Institute“ zur Atruvia zu weiterem Kundenabrieb kommen wird. Die IT-Migration werde die Geduld der eigenen Klientel „natürlich weiter strapazieren“, sagte Verbandschef Florian Rentsch bei der Bilanz-PK der Gruppe – und betonte, dass auch schon der Umzug der ersten vier Sparda-Banken vor einigen Jahren zu einem „signifikanten“ Verlust von Kunden geführt habe. Um gegenzusteuern, will die Sparda-Gruppe bei der Akquise neuer Mitglieder offensiver werden – unter anderem durch Kampagnen in den sozialen Medien. Für 2022 präsentierten die elf Sparda-Banken derweil einen Überschuss von nur noch 44 Mio. Euro. Dabei stand einem gestiegenen Zins- (+7% auf 941 Mio. Euro) und Provisionsergebnis (+11% auf 315 Mio. Euro) unter anderem ein Bewertungsergebnis von minus 232 Mio. Euro gegenüber.
Nicht mal von der Zinswende profitiert die Sparda Baden-Württemberg
… dass die VR Payment (also die Payment-Tochter der DZ Bank) und Eintracht Frankfurt (also der Fußballverein, dem sich ausnahmslos alle Frankfurter Bankmanager seit Jahr und Tag und durch alle Krisen hindurch ganz innig verbunden fühlen) ihre Partnerschaft „verlängern“ und „ausbauen“? Erstaunlich, erstaunlich – zumal sich die Genossen nicht mehr nur als „exklusiver Payment Service Provider“ der Eintracht ausgeben dürfen (die Hintergründe dazu finden Sie in unserem Archiv), sondern auch „die Digitalisierung des Stadionerlebnisses“ und „die Vernetzung von Fans, Handel und Dienstleistungs-Unternehmen über die Eintracht-App Mainaqila“ vorantreiben sollen. Kurze Frage: Heißt das Stadion nicht eigentlich „Deutsche Bank Stadion“? Und gab es zwischen der Deutschen Bank und Eintracht Frankfurt nicht mal ein digitales Vorzeigeprojekt namens „Mainpay“? Zwei Payment-Partner, kein Mittelstürmer – darauf läuft’s zum Saisonstart aber doch hoffentlich nicht hinaus, oder?
Sparda München schlittert an Verlust vorbei – dank riesiger Einmal-Effekte
Sparda-Banken haben in drei Jahren mehr als 10% ihrer Mitglieder verloren
Nach den heftigen „Depot A“-Verlusten im vergangenen Jahr rechnet die genossenschaftliche Finanzgruppe für dieses Jahr mit einer Normalisierung ihres Gewinns. Konkret kündigte der BVR bei seiner gestrigen Bilanz-PK ein sektorweites Vorsteuerergebnis im Mittel der Jahre vor der Zinswende an – das wäre irgendwo im Bereich von 8 Mrd. bis 8,5 Mrd. Euro. Dazu würden voraussichtlich auch „erste Wertaufholungen“ bei den Eigenanlagen beitragen, so BVR-Vorstand Tanja Müller-Ziegler (nachdem entsprechende Wertverluste letztes Jahr ein 6,8 Mrd. Euro tiefes Loch gerissen hatten, was das Ergebnis auf 3,9 Mrd. Euro drückte). Beim Zinsüberschuss kalkuliert der BVR nochmals mit einem Zuwachs. Allerdings: Relativ gesehen könnte dabei der Zinsaufwand bereits stärker steigen als der Zinsertrag – ein Zeichen, dass die Zinswende allmählich auf der Passivseite ankommt (wozu auch passt, dass der Genosektor, wie neulich schon berichtet, von Januar bis April gut 10 Mrd. Euro an Einlagen verloren hat).
… dass sich der Vorstandsausbau bei der Volksbank Mittelhessen verzögert? Wie „Fonds Professionell“ berichtet, muss die vermeintliche neue Generalbevollmächtigte Sabine Curt eine zweijährige „Cooling Off“-Phase einhalten – weil sie als Wirtschaftsprüferin bei der Kanzlei BDO zuletzt noch den 2022er-Abschluss der Gießener Volksbank geprüft hatte. Statt als Generalbevollmächtigte soll Curt im Herbst nun erst einmal als „Bankdirektorin“ loslegen.
Sämtliche Genosektor-Meldungen aus dem Juni
Die Artikel von Finanz-Szene sind urheberrechtlich geschützt und nur für den jeweiligen Premium-Abonnenten persönlich bestimmt. Die Weitergabe – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Wie Sie Inhalte rechtssicher teilen können (z.B. via Pressespiegel), erfahren Sie hier.
Danke für Ihr Verständnis. Durch Ihr Abonnement sichern Sie ein Stück Journalismus!