von Bernd Neubacher und Georgia Hädicke , 2. Dezember 2024
In unserem Geno-Ticker verfolgen wir Volks- und Raiffeisenbanken genauso wie PSD- und Sparda-Banken, die DZ-Bank-Gruppe genauso wie die Atruvia.
Hier unser Ticker für November 2024:
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Die jüngst von der Bafin gerüffelte VR PLUS Altmark-Wendland hat mit einem ungewöhnlich hohen Rückgang bei den Spareinlagen zu kämpfen. Laut dem Finanz-Szene in Teilen vorliegenden (und erst kürzlich vom Vorstand unterzeichneten) 2023er-Abschluss hat sich das entsprechende Volumen im abgelaufenen Geschäftsjahr um 21% reduziert – die stark im Agrarbereich engagierte Bank musste gegensteuern, indem sie vermehrt kurzfristige Termingelder bei der DZ Bank aufnahm. Interessant: Auch im Kundengeschäft kam das genossenschaftliche Zentralinstitut ins Spiel. So heißt es an einer Stelle des Geschäftsberichts, dass Kunden der VR PLUS „in höher verzinsliche Anlagen bei der DZ Bank“ umgeschichtet hätten.
Bei den wichtigsten operativen Kennziffern zeigen sich im 2023er-Abschlus zwar deutliche Verschlechterungen im Vergleich zum Vorjahr, Besorgnis erregend lesen sich die Zahlen allerdings nicht. So betrug das Betriebsergebnis vor Bewertung immer noch 0,46% der DBS, die Cost-Income-Ratio lag bei 79%. Ursache für das alles in allem maue Ergebnis (4,3 Mio. Euro vor Bewertung, gemessen an einer Bilanzsumme von rund 1,0 Mrd. Euro) war unter anderem ein Gewinneinbruch in der Agrarsparte, wie „Finanzbusiness“ (Paywall) bereits am Freitag berichtet hatte. Die Bafin hatte der VR Plus kürzlich Probleme in der Geschäftsorganisation attestiert. Dem Anschein nach geht es unter anderem ums „Risikocontrolling“ und die „Gesamtbanksteuerung“ (siehe die Meldung weiter unten).
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Ähnlich wie bei den Sparkassen ist auch auf der genossenschaftlichen Primärebene die Zahl der Vergütungs-Millionäre im vergangenen Jahr trotz Zinswende kaum gesunken. Laut einer exklusiven Auswertung von „Finanz-Szene“ finden sich bei den 50 größten Instituten ingesamt 29 Beschäftigte mit einer Gesamtvergütung im siebenstelligen Bereich – das sind fast so viele, wie wir auch schon 2022 gezählt hatten (32). Dabei zeigen sich innerhalb des Sektors allerdings markante Verschiebungen. Die Apobank zum Beispiel kommt nur noch auf vier „Millionäre“ (statt zuvor auf sechs), bei der Volksbank Brawo ist es nur noch einer (statt zuvor drei), bei der Karlsruher BB Bank (zuvor zwei) verdiente 2023 niemand mehr siebenstellig. Andernorts (unter anderem bei der „Altmüller-Volksbank“ aus Rosenheim) gibt es dagegen plötzlich deutlich mehr Vergütungs-Millionäre; die überschaubar große Volksbank Kur- und Rheinpfalz zählt sogar einen Beschäftigten mit einer Gesamtvergütung von mehr als 2 Mio. Euro. Die auffälligste Veränderung im Vergleich zu den letzten Jahren: Bei den krisengeplagten Sparda-Banken ist die Zahl der Vergütungs-Millionäre im vergangenen Jahr regelrecht explodiert. Allem Anschein nach reichten die bescheidenen Ergebnisverbesserungen im Zuge der Zinswende aus, um gleich eine ganze Reihe von Vorständen über die Millionen-Schwelle zu heben. Hier der komplette Überblick: FS Premium
Der genossenschaftliche Accelerator Amberra kommt mit einem ersten Startup-Investment aus der Deckung: Wie am Freitag öffentlich wurde, beteiligt sich der Geno-Fonds an einem insgesamt 10 Mio. Euro schweren Funding für die Impleco GmbH. Dabei handelt es sich um ein vor vier Jahren gegründetes Joint Venture einiger PSD-Banken und der genossenschaftlichen Bausparkasse Schwäbisch Hall. Das Startup betreibt demnach „digitale Dienstleistungen rund um das Finden, Bauen, Kaufen und Modernisieren einer Immobilie“, unter anderem gehören eine Vermittlungs-Plattform namens „Wohnglück“ sowie eine White-Label-Lösung für Immobilienverwaltung zum Angebot.
Amberra hatte im August bekanntgegeben, im Genosektor bislang 50 Mio. Euro (und damit die Hälfte der avisierten Zielsumme) eingesammelt zu haben. Wie viel von den 10 Mio. Euro Funding für Impleco aus dem Accelerator-Fonds kommen, ließ sich am Freitag nicht ergründen. Weitere Geldgeber sind die ursprünglichen JV-Partner – neben Schwäbisch Hall die PSD Banken Berlin-Brandenburg, Rhein-Ruhr und Nord sowie die VR Bank Westfalen-Lippe (ehemals PSD Bank Westfalen-Lippe, siehe unser Stück hier).
Die vier wichtigsten Takes aus dem Finanzstabilitäts-Bericht der Bundesbank
Ziemlich genau fünf Wochen sind vergangen, seit „Finanz-Szene“ die Verwicklung der Sparkasse Düsseldorf Neuss in den 100-Mio.-Euro-Skandal rund um das französische Modeunternehmen Kiabi öffentlich machte. An der offiziellen Verteidigungslinie hat sich seitdem zwar kaum etwas geändert (die rheinischen Genossen sehen sich weiterhin als Opfer, das in dem Fall „instrumentalisiert“ worden sei) – wer allerdings dachte, die Entscheidungsträger könnten die Sache irgendwie aussitzen, ist inzwischen eines Besseren belehrt. So hat nach Vorstandschef Rainer Mellis am gestrigen Montag auch Kollegin Jessica Jüntgen ihr Vorstandsmandat niedergelegt. Parallel wurde bekannt, dass die Bafin bereits am Freitag einen „Sonderbeauftragten mit Geschäftsleiter-Funktion und allen Aufgaben und Befugnissen eines Vorstandssprechers“ ernannt hat – und zwar Michael Horf, früherer Vorstand der Degussa Bank und davor Leiter Portfoliomanagement bei der Deutschen Finanzagentur. Wie die Volksbank in der gestrigen Mitteilung ebenfalls eingestand, führt der BVR „auf eigene Initiative“ ebenfalls eine Sonderprüfung durch, „um die Vorkehrungen der Volksbank Düsseldorf Neuss auf ihre Funktionsfähigkeit hin zu überprüfen“. Hintergrund: Dem BVR untersteht die genossenschaftliche Sicherungseinrichtung, die für etwaige Verluste in der Causa würde haften müssen.
Der VR-Bankensektor stielt die ersten Zusammenschlüsse für das kommende Jahr ein: Neben der bereits vermeldeten 5-Mrd.-Euro Fusion der VR Bank Starnberg-Herrsching-Landsberg und der VR Bank Werdenfels (siehe weiter unten), sollen 2025 in Niedersachsen und Hessen jeweils drei Institute miteinander verschmolzen werden. Dabei handelt es sich laut Berichten der Regionalmedien „HNA“ und „NWZ“ …
Vor allem bei der künftigen „VerbundVolksbank“ in Hessen fällt auf, dass das entstehende Institut hier gleich knapp 6 Mrd. Euro schwer sein wird – womöglich auch eine Reaktion auf die im Sommer angekündigte Groß-Fusion der angrenzenden Volksbank Mittelhessen mit der VR-Bankverein Bad Hersfeld-Rotenburg (siehe hier).
Das Baywa-Desaster der Banken – jetzt zweifelt die Bafin an den Bilanzen
Wie lange können sich Deka, Union und DWS den Problem-Trends der Fondsbranche entziehen?
Nach der von „Finanz-Szene“ aufgedeckten Verwicklung der Volksbank Düsseldorf Neuss in einen 100 Mio. Euro schweren internationalen Betrugsfall hat Vorstandschef Rainer Mellis am Freitag sein Amt niedergelegt. Der Aufsichtsrat und Mellis wollten durch den Schritt „sicherstellen, dass eine weitere Aufklärung vorbehaltlos, transparent und ohne Ansehen von Personen erfolgen kann“, heißt es in einer Mitteilung. Dankesworte enthält das Statement keine, auch die Würdigung fällt karg aus („Der Aufsichtsrat erkennt das langjährige Engagement von Herrn Mellis für die Volksbank Düsseldorf Neuss an“). Die Volksbank hatte 100 Mio. Euro, die ein französischer Konzern bei ihr deponiert hatte, in die Türkei transferiert – angeblich auf Basis einer gefälschten E-Mail. Nun gilt das Geld als verloren. Zu den Behörden, die in dem Fall ermitteln, gehört auch die Staatsanwaltschaft Düsseldorf.
Die Bafin knöpft sich nach längerer Zeit mal wieder explizit ein Genossenschaftsinstitut vor – nämlich die in der niedersächsischen Kreisstadt Lüchow ansässige VR Plus Altmark-Wendland (Bilanzsumme 1,0 Mrd. Euro). Eine Sonderprüfung und die Jahresabschlussprüfung hätten ergeben, dass das Institut die KWG-Vorgaben an eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation „nicht in allen geprüften Bereichen erfüllt“ habe – deshalb soll die Bank nun höhere Eigenkapitalanforderungen erfüllen. Über die Höhe der Auflagen wurde nichts bekannt.
Der Vorgang ist insofern bemerkenswert, als die VR Plus Altmark-Wendland trotz ihrer geringen Größe (im BVR-Ranking belegt sie gerade mal Platz 294) ein buntscheckiges Portfolio an Aktivitäten aufweist. So betreibt sie nicht nur klassisches Bankgeschäft, sondern ist auch in den Sektoren …
… aktiv, also gewissermaßen eine Bank mit angeschlossener Mini-Baywa. Was genau die Bafin bei dem Institut stört, sagt sie zwar nicht explizit. In der entsprechenden Mitteilung fallen allerdings die Begriffe „Risikocontrolling“ und „Gesamtbanksteuerung“, sodass die Probleme in diesen Gewerken vermutet werden dürfen. Einen Jahresabschluss 2023 hat die VR Plus Altmark-Wendland übrigens noch nicht publiziert. In einem auf Youtube gestellten Video heißt es ohne nähere Angaben zum Ergebnis: „2023 war für uns ein herausforderndes und dennoch erfolgreiches Jahr.“
Sämtliche Genosektor-News aus dem Oktober 2024
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