von H.-R. Dohms, C. Kirchner und B. Neubacher, 31. März 2025
In unserem Makro-Ticker behalten wir alle volkswirtschaftlichen und politischen Oberthemen im Blick, die das Geschäft unserer Banken und Fintechs beeinflussen.
Hier der Ticker von Februar und März 2025:
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Wie es aussieht, könnte die deutsche Kreditwirtschaft vom Regierungswechsel in Berlin auch über die „Fiskal-Bazooka“ hinaus deutlich profitieren (wobei zur „Fiskal-Bazooka“ zu sagen ist, dass die Commerzbank-Aktie mit –7,5% in der abgelaufenen Woche dann doch mal einen Rückschlag hat hinnehmen müssen). Dabei geht es konkret um die überschüssigen Altmittel aus der nationalen Bankenabgabe in Höhe von 2,3 Mrd. Euro. Wie bekannt, hatten Banken und Sparkassen ursprünglich gehofft, das Geld zurückzuerhalten. Stattdessen wollte die Ampel-Koalition die Mittel (das war jedenfalls der Stand aus dem letzten Sommer) zur teilweisen Tilgung der Soffin-Defizite einsetzen, also zur Begleichung von Schulden aus der Zeit der Finanzkrise.
Im Gegenzug wurde der Kreditwirtschaft die steuerliche Absetzbarkeit etwaiger künftiger Bankenabgaben in Aussicht gestellt. Durch den Bundestag schaffte es die Soffin-Lösung dann aber doch nicht (zum einen, weil die Ampel-Koalition platzte, zum anderen, weil es auch hier rechtliche Bedenken gab) – womit das Ringen um die 2,3 Mrd. Euro nun also die nächste Volte nimmt. So berichtet die „BÖZ“ (Paywall), dass CDU/CSU in die Koalitionsverhandlungen mit der SPD die Idee eingebracht hätten, die Altmittel in einen „neuen Mittelstands-Fonds“ einfließen zu lassen. In Kooperation mit der Kreditwirtschaft könnte der Fonds dann „auf bis zu 10 Mrd. Euro gehebelt“ werden. Ließt sich fast, als wäre die Banken-Lobby hier soufflierenderweise behilflich gewesen.
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Was der Trump-Effekt für die deutsche Bankenlandschaft bedeutet: Der Wechsel im Weißen Haus stellt mit überraschender Radikalität auch in Deutschland alte Gewissheiten infrage. Neue Zölle erfassen Handelsbeziehungen, das transatlantische Verteidigungsbündnis wackelt – und Berlin schnürt aus dem Nichts ein riesiges staatliches Investitionspaket. Hunderte Milliarden Euro Staatsgeld sollen fließen für Rüstung einerseits, Infrastruktur andererseits. Plötzlich scheint alles möglich, in Windeseile. Doch was bedeuten diese politischen Umwälzungen konkret für die hiesigen Banken? Eine Einordnung, worauf es jetzt ankommt: Finanz-Szene (frei zugänglich)
Was kommt mit der SIU? Die EU-Kommission konkretisiert ihre Pläne für eine „Savings & Investment Union“, um das Kapital europäischer Sparer länderübergreifend in große Investitionsprojekte gelenkt werden kann: Mitteilung
Die rund 135.000 Beschäftigten des genossenschaftlichen Bankensektors erhalten ab April 6% mehr Lohn, per Mai 2026 und April 2027 stehen weitere Erhöhungen an. Hier die Einigung im Detail und der große Blick über alle Tarifabschlüsse der letzten Monate: FS Premium
So prächtig die Sparkassen ertragstechnisch dastehen (siehe oben), so schleppend verlief in den letzten zwei Jahre vielerorts das Neugeschäft. Zwar vermeldete der DSGV gestern einen sektorweiten Anstieg der neu vergebenen Wohnbaukredite um insgesamt 25%. Damit allerdings blieben die kommunalen Institute nach dem Baufi-Crash von 2023 merklich hinter der branchenweiten Erholung von 35% zurück. Und schaut man nur mal auf ein Beispiel wie die Sparkasse KölnBonn, dann ist von einem Aufschwung ohnehin nichts zu sehen. Gerade mal 927 Mio. Euro betrugt dort im vergangenen Jahr das Neugeschäft – nicht mal die Hälfte des Volumens aus dem Boom-Jahr 2022 (1,9 Mrd. Euro). Frage: Wollen die Sparkassen nicht mehr Geld raushauen? (Bei den Köln-Bonnern übrigens mag das wegen der drohenden EZB-Bankenaufsicht tatsächlich der Fall sein.) Oder können sie nicht??? Weil andere Player vielleicht nicht unbedingt mal günstiger, wohl aber schneller sind? Genau hierin sieht man innerhalb der S-Finanzgruppe offenbar ein Problem. Und damit nun zur vermutlich spannendsten Geschichte des heutigen Morgens. Voilá: FS Premium
„Unglaublich, wie gut die deutschen Banken diese Woche überstanden haben“
Im deutschen Baufinanzierungs-Geschäft kristallisiert sich neben den beiden Marktführern Interhyp und Hypoport allmählich eine dritte Plattform mit signifikanten Marktanteilen heraus. So hat die vor einigen Jahren von einem skandinavischen Private-Equity-Investor geformte Hamburger „Bilthouse Group“ im abgelaufenen Geschäftsjahr nach eigenen Angaben ein vermitteltes Finanzierungsvolumen von 4,3 Mrd. Euro erreicht – was gegen Bundesbank-Daten gespiegelt (198 Mrd. Euro Baufi-Gesamtvolumen) einem Marktanteil von 2,2% entspricht. Zum Vergleich: Interhyp hatte das vermittelte Baufi-Volumen vergangene Woche mit 22,4 Mrd. Euro beziffert, also einen Markanteil von 11,1% ausgewiesen (Hypoport veröffentlicht seine Transaktionszahlen nach einer anderen Systematik, so dass hier kein 1:1-Vergleich möglich ist).
Die Bilthouse-Gruppe war Anfang 2022 aus den drei Baufi-Vermittlern „Baufi24“, „Hüttig & Rompf“ sowie „Creditweb“ entstanden, siehe unsere damalige Analyse –> Private Equity bläst zum Angriff auf Interhyp und Dr. Klein. An der Spitze des Konglomerats steht der frühere ING-Diba- und Interhyp-Manager Tomas Peeters, den wir damals auch bei uns im Podcast hatten. Gruppenweit wuchs Bilthouse im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben mit 31%, was ungefähr dem Wachstum von Interhyp entsprach, aber deutlich über dem Gesamtmarkt lag (23%). Innerhalb der Gruppe habe das direkt auf den Endkunden zugeschnittene Baufi24-Portal am stärksten zugelegt, hieß es am Freitag, nämlich um 63%.
Dass die HSBC Deutschland im vergangenen Jahr rund ein Drittel ihres Ergebnisses verloren hat (auf nur noch 206 Mio. Euro Vorsteuergewinn) – das hatten wir ja gestern bereits vermeldet, ebenso wie wir vermeldet hatten, dass die Schuld hierfür beim Firmenkundengeschäft zu suchen ist (während die übrigen Sparten eine mehr oder weniger stabile Performance zeigen). Was lediglich mitschwang, inzwischen aber offiziell bestätigt ist: Ja, es war tatsächlich die Risikovorsorge, die den Gewinnrückgang ausgelöst hat, und zwar komplett (die HSBC lässt zwar offen, wo genau die frisch gebildete Risikovorsorge in Höhe von 112 Mio. Euro angefallen ist – aber plausiblerweise muss es ja weit überwiegend das Commercial Banking sein). Was sich zur Einordnung sagen lässt: 1.) Per se ist eine Aufstockung in Höhe von 112 Mio. Euro bei einer Bank wie der HSBC Deutschland noch keineswegs dramatisch; 2.) Die Auswirkungen auf die Ergebnisveränderungen sind vor allem deshalb so gewaltig, weil im Vorjahr praktisch gar keine Risikovorsorge gebildet wurde (lediglich 4 Mio. Euro); und 3.) Bisweilen reichen im Firmenkundengeschäft ja schon 1-2 dickere Brocken (die Düsseldorfer selbst sprechen von „einzelnen größeren Wertberichtigungen“), um die Risikokosten hochschnellen zu lassen. Die Probleme der HSBC Deutschland lassen sich also nicht 1:1 auf ähnlich aufgestellte Institute hochrechnen. Sobald die Landesbanken (und bereits nächste Woche die DZ Bank) ihre 2024er-Zahlen zeigen, wissen wir mehr.
Trend zum Zweitturm? Was die Commerzbank mit dem „Central Business Tower“ will
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„Man fragt sich, ob die Commerzbank ins Ausland will – oder ob sie ins Ausland muss“
Einige der wichtigsten Köpfe der Frankfurter Banken-Community (Sewing, Orlopp, Riese, Wintels …) haben sich gestern mit führenden hessischen Politikern getroffen, um ein turnhallenartiges Gruppenfoto zu schießen und die Gründung des Finanzplatz-Kabinetts auszurufen. Zu den darüber hinausgehenden Arbeitsnachweisen gehörten die Veröffentlichung eines 18-seitigen Policy Papers mit dem Titel „Finanzplatz Deutschland – Zukunft ist für alle gut“ (PDF hier) sowie die Publikation einer dreiseitigen Beschlussfassung, derzufolge das Finanzplatz-Kabinett in der Gründung des Finanzplatz-Kabinetts ein starkes Signal für den Standort sieht (PDF hier). Der Beschluss wurde dem Vernehmen nach einstimmig gefasst.
Gemutmaßt hatten wir es neulich ja schon (siehe hier), nun ist es gewissermaßen amtlich: In der privaten Baufinanzierung ist es im Dezember zu einer regelrechten Jahresend-Rally gekommen. So lag das Neugeschäft laut gestern veröffentlichten Bundesbank-Zahlen um satte 40% über dem Vorjahreswert – der stärkste monatliche Zuwachs überhaupt, seitdem der Baufi-Absatz im Zuge der Zinswende erst gecrasht war und sich dann lange Zeit nicht wirklich erholen wollte. Alles in allem wurden im Dezember neue Wohnbaukredite im Umfang von 17,0 Mrd. Euro zugesagt (zum Vergleich: Auf dem Höhepunkt des Baufi-Booms im März 2022 waren es 32 Mrd. Euro). Für das Gesamtjahr 2024 addieren sich das Neugeschäft somit auf 198 Mrd. Euro, ein Plus von 23% gegenüber dem Vorjahr. Interessant: Vergleicht man die Werte für die einzelnen Quartale mit den jeweiligen Vorjahreswerten, dann sieht man sehr schon, wie sich die Geschäftsdynamik im Laufe des zurückliegenden Jahres immer weiter beschleunigt hat: Q1:+11% … Q2:+19% … Q3:+29% … Q4:+33%.
Sämtliche Makro-News von November 2024 bis Januar 2025
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