Sparkassen-Ticker

Zwischen Fusions-Posse und Zertifikate-Boom : Alle Sparkassen-News aus dem April

In unserem Sparkassen-Ticker beleuchten wir nicht nur die großen Sparkassen wie die Haspa – sondern auch die (ganz) kleinen. Und natürlich haben wir auch ein Auge drauf, was sonst so los ist im Verbund. 

Hier der Ticker für den April 2023:

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EPI: Was hat die deutsche Kreditwirtschaft da eigentlich gekauft?

Natürlich klingt das jetzt erst einmal sehr gut alles. Die EPI Company startet mit einem Doppelschlag! Die EPI Company kauft den niederländischen Payment-Dienstleister iDeal!! Die EPI Company kauft den luxemburgischen Payment-Dienstleister Payconiq!!! Auf rund 60% Marktanteil soll iDeal im niederländischen E-Commerce kommen, die Zahl der Bezahlvorgänge wird mit etwa einer Milliarde jährlich angegeben – ein Vielfaches dessen, was hierzulande an Transaktionen über Paydirekt/Giropay läuft. Das Kalkül, so jedenfalls scheint es: Die neue EPI-Wallet soll in den Niederlanden vom Start weg zu den Marktführern gehören und von dort aus dann den Rest Europas aufrollen. Doch ist die Sache wirklich so einfach? Oder anders gefragt: Was bringen iDeal und Payconiq der (nicht unwesentlich von den deutschen Banken finanzierten) European Payments Initiative wirklich? Ein FAQ: FS Premium

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European Payments Initiative startet mit gleich zwei Akquisitionen

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Kurz getickert

  • Die am Wochenende erzielte Tarifeinigung im öffentlichen Dienst hat massivste Auswirkungen auf die GuVs der deutschen Sparkassen. Wie Verdi auf Anfrage von „Bloomberg“ (via Yahoo) vorrechnet, kommt ein Privatkundenberater mit derzeit 4.005,11 Euro brutto Monatseinkommen ab dem 1. März nächsten Jahres auf 4.436,39 Euro, ein Plus von fast 11%. Anderes Beispiel: Ein Serviceberater mit derzeit 2.997,10 Euro brutto erreiche künftig 3.372,94 Euro – ein Zugewinn von fast 13%.
  • Die Deka stärkt ihr Management mit der bisherigen zeb-Partnerin Katrin Lumma. Laut „Platow“ soll die 55-Jährige gemeinsam mit Kalliopi Minga den Zentralbereich „Strategie & HR“ leiten.
  • Die EU-Kommission hat ihre ja schon durchgesickerten Reformpläne für die europäische Bankenabwicklung nun auch offiziell vorgestellt (siehe letzte Woche unser Stück -> „Alle Macht dem ‚Single Resolution Board‘?“ und siehe hier die Brüsseler Vorschläge im Original). Aus den hiesigen Verbünden kam gestern die erwartete Kritik. Der DSGV kritisiert, die EU-Kommission wolle „durch die Hintertür“ einen europaweiten Depositenschutz einführen.

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Wie eine Sparkassen-Fusion in Westfalen zur Polit-Posse gerät

Über die tapferen Versuche des Gütersloher CDU-Landrats Sven-Georg Adenauer, die drei Sparkassen in seinem Kreisgebiet zu verschmelzen, hatten wir vor geraumer Zeit ja schon mal berichtet (siehe -> Adenauer-Enkel drängt „seine“ drei Sparkassen zu Fusion). Zu immerhin zwei Dritteln schien dieses Ziel zuletzt auch erreichbar. Schließlich hatten die Kreissparkassen Wiedenbrück und Halle Westfalen im November angekündigt, einen Zusammenschluss zu sondieren (siehe dazu unseren Überblick zu allen Sparkassen-Fusionen in Westfalen-Lippe hier). Entstehen sollte ein Institut mit 5,1 Mrd. Euro Bilanzsumme.

Laut Berichten des „Westfalen-Blatts“ (Paywall) und anderen Lokalmedien gerät dieses Vorhaben aber zunehmend in die Mühlen der Regional- bzw. genauer: der Kommunalpolitik. Der Landrat Adenauer gilt zwar weiterhin als eifriger Verfechter zumindest einer Zweier-Hochzeit – und da die Trägerschaft für beide Institute beim Kreis liegt, hat er auch das Heft in der Hand. Allerdings haben mehrere Bürgermeister aus der Region Halle zuletzt eine Resolution verabschiedet, in der sie eine Übertragung der Trägerschaft vom Kreis an die Kommunen fordern, um direkten Einfluss auf die Zukunft der Sparkassen nehmen zu können. Weitere Kritikpunkte lauten: Das Fusionsverfahren sei intransparent, die beiden Sparkassen hätten keine angrenzenden Geschäftsgebiete – und die KSK Halle sei nicht mal halb so groß wie die in Wiedenbrück, weshalb die Halleschen Politiker offenbar eine Art feindliche Übernahme fürchten.

Dass die Resolution die Fusion komplett verhindert, gilt zwar noch als unwahrscheinlich (auch weil die Kommunalpolitiker den Forderungskatalog offenbar mehrfach abschwächten und sich auch bei den Sparkassen-Kunden der Widerstand bislang in Grenzen hält). Die möglichen Sollbruchstellen allerdings werden schon mal aufgezeigt. So meldete einer der Halleschen Kommunalpolitiker gegenüber der Gütersloher Lokalzeitung „Die Glocke“ (Paywall) Sorgen „in Bezug auf den sehr hohen Anteil von Aktiengeschäften in der Gesamtbilanz der Kreissparkasse Wiedenbrück“ an. In der Tat: Die Wiedenbrücker hielten Ende 2021 rund 855 Mio. Euro in Aktien und sonstigen nicht-festverzinslichen Wertpapiere. Das sind ungewöhnliche rund 25% ihrer Bilanzsumme und 200 Mio. Euro mehr als in Schuldverschreibungen (siehe Tabelle).

Ihre 2022er-Zahlen haben beide Sparkassen mittlerweile zwar vorgestellt, sparten dabei allerdings die Angaben zu Zins-, Provisions- und Bewertungsergebnissen vorsorglich aus. Zur Fusionssondierung heißt es hingegen weiterhin: Beide Häuser befänden sich „in einem konstruktiven und ergebnisoffenen Dialog“.

KSK Wiedenbrück KSK Halle
Bilanzsumme in Mrd. Euro 3,4 Mrd. € 1,5 Mrd. €
davon Schuldverschreibungen und andere festverzinsliche Wertpapiere 619 Mio. € 219 Mio. €
davon Aktien und andere nicht festverzinsliche Wertpapiere 855 Mio. € 179 Mio. €
Betriebsergebnis v. Bewertung in % d. DBS 0,77% 0,52%
Laufende Erträge aus Aktien und anderen nicht festverzinsliche Wertpapieren 12,3 Mio. € 2,8 Mio. €
Cost-Income-Ratio 55% 72%

Quelle: Geschäftsberichte 2021

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Kurz getickert

  • Endgültig geplatzt ist derweil eine Großfusion in Bayern, nämlich die der Sparkassen Ingolstadt Eichstätt (Bilanzsumme: 6,6 Mrd. Euro) und Mittelfranken-Süd (4,4 Mrd. Euro), welche ursprünglich für den Jahresbeginn 2023 avisiert war. Laut lokalen Medienberichten kam der Zusammenschluss wegen Veränderungen in der Führungsspitze bei den Mittelfranken nicht zustande.
  • Das Landgericht Dessau-Roßlau erlässt gegen das Vorgehen der Sparkasse Wittenberg in Sachen AGB-Zustimmung eine einstweilige Verfügung. Das Institut hatte versucht, die Zustimmung zu allgemeinen Vertragsbedingungen an die Unterschrift auf Überweisungsträgern zu koppeln, das Gericht untersagte diese Praxis nun, nachdem Verbraucherschützer dagegen geklagt hatten. MZ (Paywall)
  • In den deutschlandweit schwelenden Auseinandersetzungen um gekündigte Prämiensparverträge gibt es mal wieder ein neues Urteil, diesmal vom OLG Bamberg gegen die dortige Sparkasse. In insgesamt neun Fällen muss die Sparkasse Bamberg Nachzahlungen zwischen 1.200 und 13.000 Euro leisten. Fränkischer Tag (Paywall)
  • Ein Datenpunkt zur Bargeld-Renaissance: Der rheinische Sparkassenverband verzeichnete bei seinen 28 Mitgliedsinstituten im Dezember 2022 erstmals seit Jahren wieder einen Anstieg der Bargeldabhebungen im Vergleich zum Vorjahresmonat Zwar ging die Anzahl der Abhebungen im umsatzstarken letzten Monat des Jahres von 2015 bis 2021 von rund 9,5 auf 6,7 Mio. Abhebungen zurück, stiegen jetzt aber wieder auf 6,9 Mio. Abhebungen.

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Immer mehr mittelständische Unternehmer meiden die Bankfiliale

Ausweislich einer Erhebung der KfW hat im Jahr 2021 nur noch jeder zweite Mittelständler einen Geschäftstermin in der Zweigstelle einer Bank oder Sparkasse wahrgenommen – 2017 seien es laut einer identisch angelegten Untersuchung noch zwei von drei gewesen. Auch die Frequenz ging merklich zurück, nämlich von durchschnittlich 3,92 Filialbesuchen auf nur noch 3,41 Filialbesuche (bezogen jeweils auf jene Unternehmer, die überhaupt noch in die Filiale gehen). Befragt wurden knapp 11.000 Firmen mit einem Jahresumsatz von bis zu 500 Mio. Euro. Studie im Original (PDF)

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Wie die Sparkassen radikal ihre Vertriebs-Strategie änderten

Das Geschäftsjahr 2022 war für viele Sparkassen (oder wenigstens für ihre Bilanzen) ziemlich transformativ – und zwei dieser Transformationen haben wir in den vergangenen Wochen sehr intensiv beschrieben. Nämlich zum einen: die beträchtlichen Bewertungsverluste in den Eigenanlagen (siehe etwa hier, hier und hier). Und zum anderen: die gerade bei etlichen großen Kommunalinstituten spektakulär gestiegenen Betriebsergebnisse vor Bewertung (siehe etwa hier, hier und hier). Daneben zeigte sich in den Bilanz-Präsentationen einiger Sparkassen bzw. Sparkassen-Verbände allerdings noch ein drittes, bis dato kaum thematisiertes Phänomen – nämlich ein dramatischer Shift im Wertpapiergeschäft. Beispiele gefällig? Bei den westfälisch-lippischen Sparkassen blieb der Nettoabsatz insgesamt zwar nahezu stabil (–3% auf 2,6 Mrd. Euro). Auf den zweiten Blick allerdings fiel auf, dass der Fondsabsatz eingebrochen (–57% auf 1,0 Mrd. Euro), der Nettoabsatz festverzinslicher Wertpapiere dagegen explodiert ist (von unter Null auf 1,2 Mrd. Euro). Nahezu das gleiche Bild bei der Kreissparkasse Köln: der Fondsabsatz krass runter (–49% auf 371 Mio. Euro); dafür aber der Absatz festverzinslicher Produkte mindestens ebenso krass gestiegen (+1.260% auf 340 Mio. Euro). Naiv wie wir sind, hatten wir uns so viel dabei aber gar nicht gedacht. Außer: Wird schon alles seine Richtigkeit haben. Die Zinsen sind gestiegen. Der Sparkassen-Kunde ist ein ganz braver. Und also kann’s ja nur so gewesen sein, dass die Sparkassen-Kunden wie die Lemminge in die Filialen marschierten, um Bundesanleihen und dergleichen zu bestellen. Doch war’s wirklich so? Mmmmhhhh – nicht ganz. Stattdessen lassen die gestern vorgestellten, ebenfalls ziemlich phänomenalen 2022er-Zahlen der Deka einen ganz anderen Schluss zu. Hier entlang: FS Premium

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Kurz getickert

  • Die EZB-Bankenaufsicht erhöht laut „Handelsblatt“ (Paywall) den Druck auf die NordLB, „bestehende Mängel in der Risikoüberwachung zu beheben“. Vorstandschef Jörg Frischholz freilich dürfte die Intervention (die sich ja schon angekündigt hatte, siehe unser Stück von Anfang März) durchaus gelegen kommen – schließlich liefert die EZB ihm somit Argumente, die geplante Einführung einer neuen, dem Vernehmen sehr teuren Banksteuerung gegen den Willen der Sparkassen durchzusetzen.
  • Der Deutsche Sparkassenverlag hat den Nachfolger für das zum hauseigenen Bezahldienstleister Payone wechselnde Geschäftsführungs-Mitglied Ottmar Bloching präsentiert – nämlich Sven Korschinowski, der bislang bei KPMG als Partner den Bereich Payments & Innovation leitete.
  • Die Deutsche Leasing – also die Leasing-Gesellschaft der Sparkassen – hat ihr Neugeschäft im vergangenen Jahr um 5% auf 10,4 Mrd. Euro hochgefahren. Das „wirtschaftliche Ergebnis“ stieg leicht auf 177 Mio. Euro (Mitteilung).

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Ein Wunderkind – und viele (gute) Zahlen: Alle Sparkassen-News aus dem März

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