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Verwehrt die Bafin Auslandsbanken den Zugang zu Krypto-Lizenzen?

Sie gehören zu den größten Fonds-Verwahrern überhaupt hierzulande. Die BNP Paribas mit einem verwahrten Vermögen von gut 600 Mrd. Euro. Die HSBC Deutschland mit rund 300 Mrd. Euro. Oder die Caceis mit 87 Mrd. Euro Volumen. Nun indes droht den ausländischen Playern ein erheblicher Wettbewerbsnachteil gegenüber der einheimischen Konkurrenz.

Hintergrund: Einheimische Wettbewerber wie die DZ Bank (312 Mrd. Euro) oder die Deka (218 Mrd. Euro) drängen derzeit ins Verwahrgeschäft für Krypto-Assets. Beide Institute haben bei der Bafin einen Antrag auf Erteilung einer Kryptoverwahr-Lizenz gestellt, auch die LBBW (168 Mrd. Euro) will in Zukunft Kryptoverwahr-Geschäft anbieten, wie zuletzt eine Umfrage von Finanz-Szene zutage gefördert hat, siehe –> Welche Banken eine Krypto-Lizenz wollen. Wer schon eine hat. Und wer keine kriegt.

Genau solche Kryptoverwahr- oder Depotbank-Lizenzen bräuchten nun eigentlich auch die Auslandsbanken. Aufgrund einer Verkettung regulatorischer Besonderheiten weiß nun aber niemand, woher die Zulassungen kommen sollen.

Ein Überblick über die Gemengelage:

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1.) Um welche Auslandsbanken geht es?

Laut dem Verband der Auslandsbanken stehen die hiesigen Niederlassungen ausländischer Großbanken für insgesamt 1,1 Billion Euro und damit über 42% des bundesweit verwahrten Fondsvermögens. Zu den wichtigsten Akteuren gehören:

  • BNP Paribas (Verwahrvolumen im deutschen Markt: 631 Mrd. Euro)
  • HSBC Deutschland (Verwahrvolumen im deutschen Markt: 305 Mrd. Euro)
  • Bank of New York Mellon (Verwahrvolumen im deutschen Markt: 89 Mrd. Euro)
  • Caceis  (Verwahrvolumen im deutschen Markt: 87 Mrd. Euro)

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2.) Wozu brauchen sie eine Krypto-Verwahrlizenz?

Im Custody-Geschäft gilt die Krypto-Verwahrung als das nächste große Ding – ganz gleich, ob es dabei

  • um Krypto-Wertpapiere geht, also um Anleihen, Pfandbriefe oder Fondsanteile, die via Distributed-Ledger- Technologie (der hinter Krypto-Assets stehenden Technologie) begeben werden und die unter die EU-Finanzrichtlinie Mifid II fallen
  • um Krypto-Werte wie Bitcoin, Stablecoins, Utility Token oder E-Geld-Token, welche das Mitte bzw. Ende 2024 in Kraft tretende EU-Regelwerk Markets in Crypto-Assets Regulation (Micar) erfassen wird oder
  • um andere Krypto-Werte wie manche Formen von Non Fungible Token (NFT)

Wenn Auslandsbanken wie die BNP Paribas, die HSBC Deutschland in diesem Geschäft künftig mitmischen wollen, brauchen sie eine deutsche Krypto-Verwahrlizenz (für die Verwahrung von Krypto-Werten) oder eine deutsche Depotbanklizenz (für die Verwahrung von Krypto-Wertpapieren).

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3.) Wo ist das regulatorische Problem?

Deutschland schreibt für die Krypto-Verwahrung zwingend eine entsprechende Lizenz der Bafin vor.* Das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung von Lizenzen  (von dem die Auslandsbanken in ihrem Stammgeschäft mit der Verwahrung von Fonds profitieren) gilt im Krypto-Bereich nicht. Zwar dürfen EU-Auslandsbanken mit einer deutschen Tochter eine Krypto-Verwahrlizenz bei der Bafin beantragen (also etwa die J.P. Morgan SE, die State Street Bank International oder die UBS Europe SE) – reine Niederlassungen sind hiervon aber ausgenommen.

Da die meisten der großen ausländischen Verwahr-Spezialisten hierzulande nur eine Niederlassung unterhalten (konkret: BNP Paribas, HSBC Deutschland, Bank of New York Mellon und Caceis) bleibt ihnen die erforderliche Lizenz schlichtweg verwehrt. Das bedeutet:

  • Sie dürfen keine per DLT begebenen Fondsanteile verwahren (im Gegensatz etwa zur DZ Bank, die auf Anfrage ankündigt, noch 2023 mit der Verwahrung von Krypto-Wertpapieren zu beginnen*)
  • Und sie dürfen auch keine Fonds verwahren, die in ein Krypto-Wertpapier investiert haben (wie etwa in die von Siemens im Februar per Blockchain begebene 60-Mio.-Euro-Krypto-Anleihe oder in die von der KfW für 2024 angekündigte tokenisierte Anleihe)

Finanzdienstleister, die entsprechende Produkte anbieten wollen, müssen sich nach jetzigem Stand also einen anderen Verwahrer suchen – wie zum Beispiel die DZ Bank.

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4.) Warum erlaubt die Bafin bei „Krypto“ kein Passporting?

Die Bafin selber äußert sich dazu nicht konkret. Im Markt gilt es aber als mehr oder weniger offenes Geheimnis, dass die Bonner Aufsicht deshalb niemanden ohne deutsche Lizenz akzeptiert, weil sie im Bundesgebiet Auftritte dubioser Spieler (etwa aus Malta) verhindern will. Unter den Folgen dieser Prämisse leiden nun die klassischen Auslandsbanken – auch wenn diese als Verwahrer mit dem Endkunden (den die Bafin dem Vernehmen nach schützen will) gar nicht direkt in Kontakt kommen.

Auf Anfrage von Finanz-Szene schreibt die Bafin, die aufsichtsrechtliche Behandlung von Krypto-Instrumenten befinde sich in Europa „weiterhin in der Entwicklung“.

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5.) Was sagen die Auslandsbanken?

Lediglich die BNP Paribas bekennt offen, man plane „perspektivisch auch in Deutschland als Verwahrer von DLT-Finanzinstrumenten zu agieren“. Die übrigen von Finanz-Szene befragten Institute geben sich zugeknöpft. Umso offensiver positioniert sich der Verband der Auslandsbanken. Er fürchtet nach eigenen Angaben ein „Tätigkeitsverbot für sämtliche Verwahrstellen“, die in Deutschland als EU-Zweigniederlassung organisiert seien, „sobald Fonds auch nur in ein einziges dieser zukunftsgerichteten Wertpapiere“ investieren würden.

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6.) Wie geht es jetzt weiter?

Der aktuelle Referentenentwurf für das geplante Finanzmarkt-Digitalisierungsgesetz liest sich so, als wolle Berlin die zusätzliche Erlaubnispflicht vom Grundsatz her zementieren: Die Verwahrung von per DLT begebenen Anleihen, Pfandbriefen und Fondsanteilen erfordert eine deutsche Depotbanklizenz, die Verwahrung von Non-Fungible-Token eine deutsche Kryptoverwahrlizenz.

Interessant: Wenn Mitte bzw. Ende  2024 das EU-Regelwerk „Micar“ (das Kürzel steht für „Markets in Crypto-Assets Regulation“) in Kraft tritt, könnte die deutsche Erlaubnispflicht zumindest für Krypto-Werte (wie Bitcoin, Stablecoins, Utility Token oder E-Geld-Token) entfallen. Denn infolge der Verordnung dürfte spätestens ab Ende 2024 im Falle von Krypto-Werten das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung von Lizenzen eines EU-Staates greifen.

Nationale Sonderregeln kommen dann nicht mehr in die Tüte, zumindest nicht mehr im Falle von Micar-Krypto-Werten . Dem Auslandsbankenverband schwant bereits ein Szenario, in dem etwa ein auf Malta lizensierter Anbieter in Deutschland die Verwahrung von Bitcoin & Co. anbietet, ein Haus wie BNP Paribas hingegen im Custody-Geschäft mit Kryptowertpapieren dagegen weiter nur zuschaut.

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* ausgenommen sind allein Anbieter im Besitz einer deutschen Depotbanklizenz, die Krypto-Wertpapiere verwahren

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