Daten & Research

Warum derzeit so viele Banken (und Sparkassen) neue Büros beziehen

Dafür, dass es bei Finanz-Szene eigentlich nicht um Büroimmobilien geht, ging es in den letzten Monaten dann doch erstaunlich oft um Büroimmobilien. In Form von Kreditrisiken für Hypothekenbanken (siehe hier). In Form von Signa-Verstrickungen diverser Landesbanken, Sparkassen und Volksbanken (siehe hier). In Form von drastischen Wertverlusten bei offenen Immobilienfonds (siehe hier).

Die Sache ist nun aber: Banken und Sparkassen finanzieren solche Objekte nicht nur (oder ermutigen ihre Kunden, es zu tun). Sondern sie brauchen auch selber welche. Und was das nun wiederum angeht, konnte man zuletzt fast den Eindruck gewinnen, dass das Neuvermietungs-Geschäft geradezu boomt. Von der Deka bis zur DKB, von der Haspa bis zur Fraspa, von der Berliner Volksbank bis zur Sparkasse Südholstein – etliche große oder wenigstens mittelgroße deutsche Geldinstitute (wir kommen bei unserer Zählung auf mindestens ein Dutzend) beziehen derzeit neue Zentralen.

Ist die Häufung einfach Zufall? Oder steckt mehr dahinter? Hier die Übersicht, welche deutschen Banken (und Sparkassen) gerade umziehen oder vor Kurzem umgezogen sind. Und die wesentlichen Gründe für den neuen Trend:

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Die neuen Büros der Banken, Sparkassen und Fintechs im Überblick

Institut Zeitraum des Umzugs Von Nach Vertragsart
Bremer Sparkasse Nach 2026 Technologiepark Bremen (Sitz bleibt bestehen) Neubau gegenüber der bestehenden Zentrale (Erweiterung) Eigentümer
Frankfurter Sparkasse 2026 (geplant) Neue Mainzer Straße Hauptwache Eigentümer
Sparkasse Südholstein (Neumünster) Ende 2025 Kieler Straße in Neumünster Altes Karstadt-Warenhaus in Neumünster Eigentümer
DKB (Berlin) 2025 Taubenstraße in Berlin-Mitte Projekt „Upbeat“ in der Berliner Europacity nähe Hauptbahnhof
Miete über 15 Jahre
Berenberg (Hamburg) Q1 2025 Jungfernstieg in Hamburg Projekt „Ipanema“ am Überseering in Winterhude Miete
Citigroup (Frankfurt) Q4 2024 Reuterweg Frankfurt (Nähe Alte Oper) Projekt „Taurus“ am Börsenplatz Frankfurt Miete
State Street Bank (Frankfurt) Aug. 2024 2 Standorte in der City West und Niederrad Projekt „One“ in der Brüsseler Straße Nähe Messe
Miete über 12 Jahre
Deka (Frankfurt) Aug. 2024 Trianon-Hochhaus im Bankenviertel Projekt „Four- T1“ in der Frankfurter Innenstadt & Lyoner Straße in Niederrad Miete
Hamburger Sparkasse Mai 2024 3 Standorte an Adolphsplatz, Wikingerweg und Börsenbrücke Deutschlandhaus am Gänsemarkt Hamburg
Miete über 15 Jahre
Berliner Sparkasse Q1 2024 Gustav-Meyer-Allee am Gesundbrunnen Projekt „Square 1“ in Berlin-Adlershof Miete
Berliner Volksbank Okt. 2023 3 Standorte an Budapester Straße, Kurfürstenstraße & Nürnberger Straße; Ersatzquartier in Tegel Quartier Berliner Volksbank in der Bundesallee, Wilmersdorf Eigentümer
N26 (Berlin) Q1 2023 Kurfürstenstraße in Charlottenburg Projekt „VoltAir“ nahe Alexanderplatz Miete

Quellen: Eigene Recherchen, Unternehmensangaben, Cushman & Wakefield, Immobilien Zeitung

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Erster Grund: Gelegenheit macht Umzüge

Die obige Tabelle macht bereits einen entscheidenden Unterschied zwischen den großen Playern auf der einen sowie den Sparkassen bzw. Volksbanken auf der anderen Seite deutlich: Großbanken mieten überwiegend, meist als Ankermieter in den von ihnen gewählten Objekten. Regionalinstitute dagegen kaufen oder bauen oft gleich selbst.

Für beide Gruppen gilt aber: Der schwächelnde Büroimmobilien-Markt bringt neue Gelegenheiten. Vor allem am Vermietungsmarkt werde „Interessenten derzeit der rote Teppich ausgerollt“, wie es bei einem Frankfurter Makler heißt. Denn der Leerstand – vor allem, aber nicht nur in der Bankenstadt Frankfurt – ist hoch. Viele Objekte in „Mainhattan“ sind infolge des Dotcom-Booms zwischen 2002 und 2004 entstanden, allein 1,4 Mio. Quadratmeter wurden laut den Researchern von Cushman & Wakefield damals fertiggestellt, zum Großteil spekulativ. Demzufolge belegten Banken um die Jahrtausendwende in Frankfurt noch 2 Mio. Quadratmeter Bürofläche. In 2021 waren es dann noch 1,5 Mio. und Prognosen der Makler zufolge dürfte dieser Wert bis 2026 auf 1,2 Mio. Quadratmeter sinken. Heißt: So ärgerlich der schwächelnde Büromarkt für die Finanzdienstleister als Kreditgeber oder Asset-Manager ist – als Mieter profitieren sie derzeit davon.

Ähnliches gilt auch für die Regionalbanken, die vor Ort auch als Immobilien-Käufer beliebte Abnehmer darstellen. Etwa die Sparkasse Bremen, der ein Grundstück gegenüber ihrer bestehenden Zentrale zum Kauf angeboten wurde und die nun plant, das darauf befindliche Bürogebäude durch einen komplett neuen zweiten Bau dort zu ersetzen.

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Zweiter Grund: Auf Home-Office folgt Flächen-Konsolidierung

Wenn auch das Pendel in den Banken wieder wegschwingt von einer 100%-Home-Office-Policy (siehe etwa die Deutsche Bank oder die ING Diba) – die meisten Institute sind nach der Pandemie trotzdem mit weniger Fläche als früher unterwegs. Vor allem werden Standorte zusammengezogen – übrigens nicht unter bei Banken, sondern auch bei der EZB-Bankenaufsicht, die im März ankündigte, bis Ende 2025 das Gallileo-Gebäude an der Gallusanlage beziehen zu wollen (mit einer Grundfläche von 57.000 Quadratmetern und davon mehr als 19.000 Quadratmeter Bürofläche ist das übrigens der bislang größte Deal des laufenden Jahres in Frankfurt). Dort sollen künftig jene Mitarbeiter unterkommen, die bislang im Eurotower am Willy-Brandt-Platz und im Japancenter am Taunustor sitzen.

Tatsächlich gehen die Frankfurter Immobilien-Experten davon aus, dass der Trend zu kleineren Flächen nachhaltig ist, da künftig kaum noch eine Bank mit einem Arbeitsplatz pro Vollzeit-Beschäftigtem plant, sondern das „Desk-Sharing“ die Norm werden wird. So plant etwa auch die Frankfurter Sparkasse für ihre neue Zentrale an der Hauptwache 1 mit weniger Bürofläche als jener, auf der die 700 Mitarbeiter derzeit am Standort in der Neuen Mainzer Straße arbeiten. Denn, wie ein Sprecher auf Anfrage erklärt: „Natürlich nutzen zahlreiche Kolleginnen und Kollegen im Betrieb die Möglichkeit der mobilen Arbeit. Es besteht die Option auf bis zu 50% mobile Arbeit.“

Unter Maklern gilt als wahrscheinlich, dass viele großen Flächen in Frankfurt künftig vor allem von anderen Institutionen nachgefragt werden – siehe etwa der EZB-Deal oder auch die neue Anti-Geldwäsche-Behörde.

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Dritter Grund: Die Ansprüche ändern sich

Trotz des hohen Leerstands und der Nachfrage nach kleineren Flächen beobachten Makler bei Büros derzeit ein "Mietpreis-Paradoxon". Denn: Die gezahlten Quadratmeterpreise steigen trotzdem weiter. Auch wenn die Zahlen je nach Immobilien-Vermittler leicht abweichen, ist die Tendenz gleich: In Frankfurt lag der durchschnittliche Quadratmeterpreis pro Monat in 2021 noch bei um die 23 Euro, aktuell sind es um die 25 Euro – in Hamburg stieg der Wert in den letzten drei Jahren von rund 18 Euro auf 20 Euro.

Woher die Preissteigerungen kommen, lässt sich exemplarisch am Berliner Büromarkt erklären: Hier liegt die Leerstandsrate auf dem Höchstwert seit 2019, nämlich bei 6% – und auch die Durchschnittsmiete stagniert bei rund 29 Euro. Allerdings: Die Spitzenmiete für hochwertige Flächen in Berlin-Mitte ist seit 2021 von 39 Euro auf 44 Euro gestiegen. Sprich: Es gibt eine "Flucht in Qualität", wie das unter Maklern heißt.

Demnach wollen Banken (und auch andere Unternehmen) zwar weniger Fläche, sind aber bereit, höhere Quadratmeterpreise zu zahlen, sofern die Büros modernen Standards entsprechen und es sich mit ihnen um Mitarbeiter buhlen lässt. Die Ansprüche reichen von grundsätzlichen Anforderungen an den Innenausbau fürs hybride Arbeiten, über Konferenzräume direkt mit einem angeschlossenen Technik-Service bis hin zu Spielereien wie einem Handtuch-Service für die im Keller eingebauten Duschen. Und Vermieter sind wiederum erpicht darauf, Banken als Ankermieter für neue Projekte zu gewinnen und werfen etwa mietfreie Zeiten oder einen Zuschuss zu den Ausbaukosten in die Waagschale.

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Vierter Grund: Büros sind Teil der ESG-Strategie

Wie beispielsweise die Insolvenz der Trianon-Betreibergesellschaft im Zuge des Auszugs der Deka zeigt, fallen vor allem Gebäude mit altem Baustandard in aktuellen Markt hinten runter. Neben den Annehmlichkeiten für die Beschäftigten steht nämlich ein anderes Thema im Fokus: die Nachhaltigkeit. Gerade für den Service-Sektor sind Immobilien ein wesentlicher Faktor für die ESG-Kennzahlen – und ein veralteter Standard lässt sich hier so schnell nicht aufholen. So geben etwa die Deka und auch Berenberg in Hamburg als einen wesentlichen Umzugsgrund zu Protokoll, dass es bei laufendem Betrieb schlicht zu aufwendig gewesen wäre, die bestehenden Büros energetisch auf Vordermann zu bringen.

Nach Zahlen von Cushman & Wakefield werden den Frankfurter Hochhäusern (sprich Gebäude ab einer Höhe von 45 Metern) in den kommenden vier Jahren insgesamt 64% der Einzüge auf Bürogebäude entfallen, die ab 2021 gebaut worden sind (und dabei handelt es sich wohlgemerkt nicht um eine Prognose, sondern um bereits geschlossene Deals). 54% der Auszüge entfallen indes auf Immobilien, die im Jahr 2000 oder früher errichtet wurden. Bezogen auf die Banken heißt es: Hatten in 2001 noch lediglich 8% der Bank-Büroflachen die höchste Qualitätsklasse "A", so sind es heute bereits 28%.

Und mit der zunehmenden ESG-Regulierung steigt die Tendenz weiter – schließlich müssen Finanzchefs von Banken und Fintechs sich dieser Tage auch damit auseinandersetzen, wie viel Wasser etwa eine Klospülung in ihren Büros verbraucht. Erste Immobilien-Entwickler, so berichten es Marktkenner, wollen deshalb bei Interessenten damit punkten, dass sie sämtliche ESG-relevanten Gebäudedaten jederzeit in einer App zur Verfügung stellen.

Und der ganze alte, leerstehende Rest? Hätte zumindest in guten Lagen immerhin dann eine Chance, wenn sich Investoren finden, die in der umfangreichen Sanierung einen Business Case sehen – auch hierfür ist das über 20 Jahre alte Gallileo-Hochaus ein Beispiel, das nach dem Auszug der Commerzbank über zwei Jahre lang saniert wird bevor nun die EZB-Bankenaufsicht einzieht.

Doch damit das häufiger geschieht, heißt es aus der Branche, müssten die Angebotspreise in vielen Fällen noch weiter sinken.

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