Vergütungs-Serie (#6)

Wenn Banken mit ihrem Vergütungsbericht auf den Weihnachtsmann warten

Gegen Ende des Jahres, wenn die Tage kalt und die Herzen wärmer werden, wird es auch in diesem Jahr wieder so weit sein: Als eine Art Weihnachtsgeschenk legt manche deutsche Bank ihren Aktionären bzw. der Öffentlichkeit ihren Vergütungsbericht des Vorjahres unter den Baum. Manches Institut schiebt seine entsprechenden Publikationspflichten auf diese Weise schon seit Jahren auf die lange Bank.

So kündigt die Helaba ihren Bericht auf Anfrage schon einmal für das Ende des vierten Quartals an. Die Kreissparkasse Köln peilt „aller Voraussicht nach“ den November an, die Commerzbank hat es immerhin vergangene Woche endlich geschafft. Laut einer Analyse der Vergütungsberatung Compgovernance unter den 50 größten deutschen Banken lagen zuletzt auch von der Hamburg Commercial Bank (HCOB), der BHW Bausparkasse sowie von der im Sommer in der LBBW aufgegangenen Berlin Hyp noch keine detaillierten Angaben zur Vergütung und konkret etwa zur Zahl der Einkommensmillionäre vor.

Dies macht deutlich: Das Phänomen der Prokrastination kennt keine Säulengrenzen im deutschen Kreditgewerbe. Mit Morgan Stanley Europe hat 2022 auch die Tochter einer US-Bank mit immerhin 31 Einkommensmillionären im vergangenen Jahr bis Mitte Oktober gewartet, um ihren regulatorischen Offenlegungspflichten gemäß EU-Eigenkapital- sowie der deutschen Institutsvergütungsverordnung nachzukommen.

Mit der diesen Anforderungen zugrunde liegenden Idee der Transparenz ist es freilich nicht allzu weit her, wenn im Schlussquartal des Folgejahres noch immer nicht klar ist, wie die Vergütungen einer Bank in vorangegangen Geschäftsjahr konkret ausgesehen haben. „Im Großen und Ganzen behandelt die Branche ihre Berichtspflichten mit Blick auf die Vergütung nach wie vor stiefmütterlich“, urteilt Compgovernance-Gründer Werner Klein und fragt durchaus nachvollziehbar:  „Wie soll denn ein Vergütungskontrollausschuss, ein Verwaltungs- oder Aufsichtsrat die Vergütung in einem Kreditinstitut effektiv kontrollieren, wenn es fast ein Jahr dauert, bis diesem Gremium die dazu notwendigen Informationen vorliegen?“

Beispiel Coba: Aus vier Wochen werden dann halt sieben Monate

Nicht nur, dass der Geist der Transparenz mitunter recht kurz kommt. Offenbar kursiert auch manches Vorurteil, was die materiellen Anforderungen der Offenlegungsvorschriften angeht. So erklärt die immerhin mit der öffentlichen Hand als Großaktionär ausgestattete Commerzbank: „Der Vergütungsbericht eines Jahres muss im Laufe des jeweiligen Folgejahres veröffentlicht werden.“ Die Bafin hingegen erklärt auf Anfrage: „Grundsätzlich müssen die Institute die jährliche Offenlegung der Vergütung am Tag der Veröffentlichung der Abschlüsse oder so bald wie möglich danach vornehmen.“

In der Praxis hat sich dabei als Definition für „so bald wie möglich“ eine Zeitspanne von bis zu vier Wochen später eingebürgert, wie es bei Kennern der Materie heißt. Wenn es aber wieder einmal länger dauert, hat dies andererseits offenbar auch keine einschneidenden Konsequenzen. Als die Commerzbank ihren Vergütungsbericht letzte Woche dann doch endlich vorlegte (und dabei übrigens 13 Vergütungs-Millionäre zeigte, davon einen in der Gehaltsklasse „5-6 Mio. Euro“), waren seit Publikation ihres Abschlusses sieben Monate ins Land gegangen sein – und fast drei Monate, seitdem das gelbe Haus schon Zahlen fürs erste Halbjahr 2022 gezeigt hat.

Zum Wiederholungstäter entwickelt sich in diesem Zusammenhang die HCOB. Deren Vergütungsbericht für das Jahr 2018 etwa war 2019 vor dem dritten Adventswochenende noch immer nicht online gestellt. 2022 soll dies besser werden, wenn auch nicht allzu deutlich: Was den Vergütungsbericht für 2021 angeht, stellt die Bank auf Anfrage eine „Veröffentlichung Mitte/Ende November“ in Aussicht.

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