von Heinz-Roger Dohms, 23. Mai 2023
Wie Sie vermutlich mitbekommen haben, liebe Leserinnen und Leser, wurde Hauck Aufhäuser Lampe in den vergangenen Wochen fast überschwänglich für seine 2022er-Zahlen gelobt. Schon Ende Februar (da war noch keine einzige Zahl öffentlich) wusste der „Platow-Brief“ von einem „Ergebnisplus von 50%“ zu berichten; im März kam dann die PR-Abteilung mit der Botschaft, nach Steuern sei das Ergebnis sogar um 85% gestiegen; und als schließlich im Mai der Geschäftsbericht online gestellt wurde, diagnostizierten die „Bilanz-Analysten“ des „Private Banking Magazins“ in einer putzigen Mischung aus orgiastischer Verzückung und Honecker’scher Diktion: „Der strategischen Ausrichtung auf Digitalisierung, organischem wie anorganischem Wachstum und einem breit diversifizierten Geschäftsmodell ist dieses herausragende Ergebnis zu verdanken“.
Nun soll gar nicht in Abrede gestellt werden, dass Hauck & Aufhäuser …
Und ebenso wenig wollen wir dem HAL-Chef Michael Bentlage (der vor einiger Zeit ja auch in unserem Podcast zu Gast war) absprechen, dass er mit seiner „strategischen Ausrichtung auf Digitalisierung“ und seinem „breit diversifizierten Geschäftsmodell“ einen zumindest mal sehr ambitionierten Ansatz wählt. Gleichwohl: Mit Digitalisierung und Diversifizierung hat der Hauck’sche Hammergewinn (94 Mio. Euro vor Steuern, 85 Mio. Euro nach Steuern) in etwa so viel zu tun wie Tesla mit der Postkutsche. Oder anders gesagt: Hier waren weit profanere Kräfte am Werk – allerdings in einem Ausmaß, wie wir das bislang bei noch keiner deutschen Bank gesehen haben.
Unsere Kurz-Analyse:
Jedenfalls nicht eins zu eins. Hauck & Aufhäuser hatte ja vor zwei Jahren das Bielefelder Bankhaus Lampe übernommen. Vollzogen wurde die Transaktion zum 1. Oktober 2021. Dementsprechend beinhalteten die Vergleichszahlen aus 2021 nur ein Vierteljahr Lampe (nämlich das Q4) – während im 2022er-Abschluss nun erstmals das komplette Jahr Lampe berücksichtigt wird. Das macht den Vergleich zwar nicht wertlos, man sollte ihn allerdings mit einem Disclaimer versehen.
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Wie gesagt, weder aus Digitalisierung noch Diversifizierung. Sondern: aus den Zinsen, den Zinsen, den Zinsen, den Zinsen, den Zinsen, den Zinsen!
Dazu muss man wissen, dass Hauck & Aufhäuser (ähnlich wie Lampe) immer schon über – jedenfalls für eine Privatbank – recht umfängliche Einlagen verfügte, mit dem Geld (anders als Lampe) aber offenbar zuletzt nicht mehr allzu viel anzufangen wusste.
In Zahlen: Im letzten Geschäftsjahr vor der Fusion, also 2020, kam Hauck & Aufhäuser auf „Verbindlichkeiten gegenüber Kunden“ (also Einlagen) in Höhe von 5,7 Mrd. Euro. Diesem Geld standen allerdings gerade mal „Forderungen an Kunden“ (also Kredite) im Umfang von 473 Mio. Euro gegenüber. Die Frankfurter hatten also gerade mal 8% ihrer Einlagen in Kredite verwandelt. Der Rest? Nun ja, lag mehr oder weniger rum.
[Anmerkung: Wir rechnen in diesem Absatz nicht mit den Konzernzahlen, sondern mit den Bankzahlen, weil letztere einen Tick anschaulicher sind. Materiell ist der Unterschied allerdings gering; wir könnten ebenso mit den Konzernberichten arbeiten.]
Da das Bankhaus Lampe nun ein vergleichsweise großes Kreditbuch in die Fusion einbrachte (Umfang: etwa 1,7 Mrd. Euro), explodierten die „Forderungen an Kunden“ nach dem Zusammenschluss auf 2,2 Mrd. Euro (das ist die Zahl per Ende 2022). Allerdings: Zugleich brachte Lampe natürlich auch Einlagen mit, wodurch sich die „Verbindlichkeiten gegenüber Kunden“ auf 10,1 Mrd. Euro vermehrten. In absoluten Zahlen vergrößerte sich der Passivüberhang also sogar noch.
Bis vor wenigen Monaten war diese bilanzielle Disposition augenscheinlich Gift für die GuV. So verbuchte Hauck Aufhäuser Lampe im Geschäftsjahr 2021 gerade mal positive Zinserträge im Umfang von 15,3 Mio. Euro (weitgehend dem kargen Kreditgeschäft entstammend) – denen indes „negative Zinserträge“ (nämlich an die EZB entrichtete Strafzinsen) in Höhe von 17,7 Mio. Euro gegenüberstanden. Saldiert waren die Zinserträge also negativ (wir reden hier nicht vom Zinsergebnis, sondern wirklich nur von den Erträgen).
Da der EZB-Einlagenzins bis Mitte 2022 negativ blieb, stiegen die „negativen Zinserträge“ im vergangenen Jahr dann sogar noch einmal leicht an – nämlich auf 18,9 Mio. Euro. Dann aber kam die Zinswende. Und Hauck Aufhäuser Lampe reagierte, in dem die „Barreserven“ (=Guthaben bei der Zentralbank) auf beinahe Null gefahren wurden, während die „Forderungen an Kreditinstitute“ (=Tagesgelder bei der Zentralbank) von beinahe Null auf 6,2 Mrd. Euro explodierten. Und so machte die Privatbank 2022 nicht mehr „positiven Zinserträge“ im Umfang von 15,3 Mio. Euro – sondern im Umfang von 118,4 Mio. Euro (!!!). Also eine schier unglaubliche Verbesserung um den Faktor 8. Und saldiert standen statt leicht negativer Zinserträge nun plötzlich Zinserträge von 99,5 Mio. Euro zu Buche.
So viel zum Thema Digitalisierung und Diversifizierung.
Der Chef von Hauck & Aufhäuser über die Logik der Lampe-Übernahme
Eine Privatbank, die was auf sich hält, erwirtschaftet ihre Erträge nicht im Zinsgeschäft – sondern im Provisionsgeschäft. Folglich macht natürlich auch bei Hauck Aufhäuser Lampe den weit größten Teil der Erträge weiterhin der Provisionsüberschuss aus. Im vergangenen Jahr stieg dieser um 35 Mio. Euro auf 266 Mio. Euro.
Ist das gut? Ist das schlecht? Nun:
Laut der verkürzten Gewinn- und Verlustrechnung auf Seite 2 des Konzernberichts so:
Also alles nicht schlecht!
Freilich, was in der verkürzten Darstellung fehlt, das sind die auch diesmal wieder spektakulären sonstigen betrieblichen Erträge von 55 Mio. Euro. Diese speisten sich wesentlich auf der Auflösung von Rückstellungen (22 Mio. Euro) sowie erneut aus der Auflösung des „passiven Unterschiedsbetrags“ (11 Mio. Euro), einem Phänomen, dem wir uns im letzten Jahr ja schon sehr intensiv gewidmet hatten.
Nun tun solche Effekte natürlich gut, sie sind allerdings nicht beliebig reproduzierbar. Und so kalkuliert Hauck Aufhäuser Lampe für das laufende Jahr zwar mit weiteren operativen Verbesserungen (vor allem beim Provisionsergebnis) – die „positiven Sondereffekte“ allerdings würden diesmal „geringer“ ausfallen. Mit der Folge, dass der Vorstand eine Verschlechterung der Cost-Income-Ratio auf 79% und der Eigenkapitalrendite auf 11,0% prognostiziert.
Wie Hauck & Aufhäuser nach der Lampe-Integration dasteht
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