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Zwischen IReF, KI und Datenintegration: Wie Banken ihr Meldewesen neu aufstellen

Seit der Finanzkrise der Jahre 2007 bis 2009 musste der Finanzmarkt mit der Euro-Schuldenkrise, dem Corona-Lockdown und dem Ukraine-Krieg zahlreiche weitere schwerwiegende Schocks verkraften. Auf diese Herausforderungen reagierte die Regulatorik mit einer umfangreichen Überarbeitung der bestehenden Anforderungen an das Risikomanagement und das aufsichtsrechtliche Meldewesen und vielen neuen Ergänzungen – immer mit dem Ziel, potenzielle Gefahren für das Finanzsystem frühzeitig zu erkennen und diesen bestmöglich zu begegnen.

Zahlreiche Initiativen haben dafür gesorgt, dass sich die aufsichtsrechtliche Regulatorik sowohl für das Meldewesen als auch für das Risikomanagement in den letzten Jahren deutlich weiterentwickelt haben. Im Meldewesen sind beispielsweise die Einführung und Weiterentwicklung der Capital Requirements Regulation (CRR) und die Transparenzanforderungen aus der Säule-III-Offenlegung zu nennen. Daneben weitere Initiativen im Bereich der finanziellen Berichterstattung (FinRep) und die Einführung der ersten granularen Meldung mit AnaCredit.

Im Risikomanagement wurden neue Themenkomplexe, wie zum Beispiel Vorgaben zu einem Liquiditätskostenverrechnungs-/ Transferpreis-System, die EU-weite einheitliche IRRBB-Meldung oder einheitliche ICAAP-Regelungen mit normativer und ökonomischer Sicht von der Aufsicht eingeführt, die von den Instituten zum Teil mit erheblichem Aufwand umgesetzt werden mussten.

Doch damit ist das Ende der Fahnenstange nicht erreicht. Meldewesen und Risikomanagement sind dynamische Themenfelder, die sich in den nächsten Jahren weiter verändern werden. Folgende Treiber sind wesentlich:

  • Vereinheitlichung des europäischen Meldewesens mit IReF
  • Integrierte Sicht auf Risikomanagement und Meldewesen
  • Neue technologische Entwicklungen, wie Cloud oder KI
  • Erhöhte Flexibilität der Systeme und bessere Analysemöglichkeiten
  • Fachkräftemangel

Vereinheitlichung des europäischen Meldewesens mit IReF

Nachdem die CRR III zum 1. Januar 2025 umgesetzt wurde, rückt im Meldewesen nun das Integrated Reporting Framework (IReF) der Europäischen Zentralbank in den Fokus – auch wenn die EZB am 4. Dezember 2024 eine Terminverschiebung auf das 4. Quartal 2029 verkündet hat. Das Meldewesen steht mit IReF vor einer umfassenden Transformation. Banken müssen sich auf regulatorische Neuerungen einstellen, die sie sowohl strategisch als auch technologisch und operativ herausfordern werden.

IReF hat eine europaweit einheitliche und granulare Berichterstattung zum Ziel – die mit deutlich höheren Anforderungen an Konsistenz, Verfügbarkeit und Qualität von Daten verbunden ist. Meldedaten dienen dann nicht mehr nur der Erfüllung regulatorischer Pflichten, sondern gewinnen zunehmend auch an Bedeutung für die Steuerung und strategische Ausrichtung eines Instituts.

Jede Bank muss individuell analysieren, welche Key-Performance-Indikatoren (KPIs) für ihr Institut relevant sind und diese laufend monitoren.

Hier sind mittlerweile aufsichtsrechtliche Kennzahlen aus dem Meldewesen – wie die Eigenkapitalquoten oder die Liquiditätskennzahlen LCR und NSFR – je nach Geschäftsmodell aus dem Monitoring nicht mehr wegzudenken. Mit IReF werden diese Kennzahlen von der Aufsicht mit hoher Wahrscheinlichkeit noch genauer analysiert und an Bedeutung gewinnen.

Integrierte Sicht auf Risikomanagement und Meldewesen

Auf Basis dieses von aufsichtlicher Seite vorgegebenen Datenmodells wird es für Banken von wesentlicher Bedeutung sein, die Konsistenz der Datenlage zwischen Risikomanagement, Financial Controlling und aufsichtsrechtlichem Meldewesen herstellen. Nur wenn alle relevanten Einheiten effizient auf einen zentralen Datenhaushalt zugreifen, sind die Banken in der Lage

  • ihre Risikokultur zu stärken und mit dem Meldewesen zu verzahnen,
  • ihre Risiken proaktiv anhand der zentralen KPIs aus Meldewesen und Risikomanagement zu managen,
  • die Effektivität der Steuerung insgesamt zu erhöhen und regulatorische Anforderungen in höchster Qualität einzuhalten.

Während die Abteilungen Meldewesen und Risikomanagement in den Instituten traditionell eher unabhängig agiert haben, ist auch hier ein Veränderungsprozess zu erkennen. Für die erfolgreiche Steuerung eines Instituts müssen beide „Welten“ permanent und gemeinsam betrachtet werden.

Die IRRBB-Meldung im Zinsrisiko ist ein sehr treffendes Beispiel: barwertige und multiperiodische ertragsorientierte Risikosimulationen müssen unter verschiedenen Szenarien im Risikomanagement berechnet und die Ergebnisse granular über das Regulatory Reporting an die Aufsicht gemeldet werden. Ebenso sind die Meldekennzahlen LCR und NSFR aus dem Liquiditätsmanagement nicht mehr wegzudenken. Oftmals werden die Kennzahlen tagesaktuell und vor dem Abschluss eines Investments oder einer Refinanzierung vom Treasury simuliert, um die Auswirkungen der Transaktion auf die Meldekennzahlen vorab zu analysieren. Daher sind eine enge Abstimmung und die Verfügbarkeit der Daten über Abteilungsgrenzen hinweg essenziell.

Neue technologische Entwicklungen

Doch wie kann es Banken gelingen, diese anspruchsvollen Aufgaben umzusetzen – mit ihren zum Teil disparaten oder in die Jahre gekommenen IT-Systemen und engen personellen Ressourcen?

Die Antwort liegt in einer integrierten Lösung, in der das Risikomanagement und das Meldewesen auf einer gemeinsamen Datenbasis aufsetzen und so die Konsistenz zwischen der externen aufsichtlichen Perspektive auf das Institut und der eigenen, nach innen gerichteten Steuerungssicht sicherstellen. Dazu müssen Datensilos aufgebrochen und eine einheitliche Datenbasis für Meldewesen, Risikomanagement und -controlling mit übergreifenden Methoden, Modellen und Prozessen geschaffen werden.

Nur wenn alle Ergebnisse auf gleichen Rechenkernen basieren, können aufeinander aufbauende, konsistente Kalkulationsergebnisse berechnet werden. So können die von der Aufsicht geforderte Transparenz in Datenflüssen und Berechnungen sichergestellt und Prozessdurchlaufzeiten optimiert werden.

Auch das Mega-Thema „künstliche Intelligenz“ wird das klassische Risikomanagement und Meldewesen verändern. Neben einer stärkeren Automatisierung und komfortableren Auswertung werden KI-Assistenten in Zukunft zur Überwachung der Datenqualität und zur Analyse von Auffälligkeiten eingesetzt. Im Rahmen der Steuerung können KI-Assistenten wertvolle Zusatzinformationen an das Management liefern.

Erhöhte Flexibilität der Systeme und bessere Analysemöglichkeiten

Ein weiterer Aspekt ist die Flexibilität der Systeme. Die Finanzwelt dreht sich schnell und Ereignisse wie zum Beispiel die Zollankündigung der USA im Frühjahr 2025 können zu vollkommen neuen Bewertungen von Assets führen. Daher muss das Risikomanagement eines Instituts in der Lage sein, sehr schnell auch umfassend veränderte ökonomische Szenarien zu analysieren und mögliche Maßnahmen und Strategien abzuleiten.

Hierfür ist es essenziell, dass die Systeme mit einfachen Mechanismen zur Parametrisierung von Stressszenarien ausgestattet sind. Sie müssen außerdem flexibel aufgebaut sein und sich über standardisierte Schnittstellen zeitnah bankspezifisch erweitern lassen. Die Ergebnisse müssen in einem optimierten Datenbestand abgelegt werden, der mit BI-Werkzeugen und KI umfassend analysiert werden kann. Einheitlichkeit in den Bereichen Datenhaushalt, Methodik, Bedienoberflächen und Benutzerrechtekonzept automatisiert und vereinfacht die Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und macht sie sicherer. Das ist gerade in Zeiten von Fachkräftemangel relevant. Manuelle Aufgaben wie das Kopieren von Daten in Risikomanagementreports sollten mit einem modernen System nicht mehr notwendig sein.

Allein aufgrund der Personalknappheit in den Instituten sollte es im Interesse des Managements sein, dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Analysen und höherwertigen Aufgaben befassen, statt mit Datentransfer und Kopierarbeiten beschäftigt zu sein.

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Fazit:

Die Herausforderungen für Meldewesen und Risikomanagement sind vielfältig und reichen von neuen aufsichtsrechtlichen Anforderungen über technologischen Wandel bis hin zur Personalknappheit. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, wird in vielen Instituten ein Wandel vollzogen werden müssen. Dieser Wandel betrifft Prozesse, Arbeitsroutinen und auch den Einsatz neuer Technologien und moderne IT-Systeme.

Für die effiziente Aufstellung eines Instituts sind zeitgemäße IT-Systeme und flexible Prozesse unabdingbar. Daher werden die klassischen Lösungen für Einzelthemen von themenübergreifenden Plattformen abgelöst werden. Analog zu den Systemen werden sich auch die Abteilungsgrenzen in den Instituten öffnen, für ein kooperatives Arbeiten auf übergreifenden Datenplattformen.

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*Holger Dürr ist als „Principal Business Consultant“ bei msg for banking Experte für Gesamtbanksteuerung, Risikomanagement und Aufsichtsrecht. msg for banking gehört zu den Premium-Partnern von Finanz-Szene. Mehr zu unserem Premium-Partner-Modell erfahren Sie hier.

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