von Bernd Neubacher, 31. Juli 2025
Ist ja nicht so, als hätte der Genosektor nicht genügend Scherereien. Zum Beispiel die steigenden Bailout-Kosten für Problembanken wie die Raiba Hochtaunus. Oder die sektorinternen Rangeleien rund um die Reform der Institutssicherung. Und nicht zu vergessen die extrem schwierige Sanierung des Münchner Agrarhändlers Baywa. Eher kleine Münze, aber trotzdem ärgerlich war im Vergleich zu diesen Großbaustellen der Stress, den die ParcIT neulich mit der Bafin hatte.
Dazu muss man wissen, erstens: Die ParcIT ist eine in Köln ansässige, auf Banksteuerung und Risikomanagement spezialisierte Software-Firma, die seit 2009 zur heutigen Atruvia gehört, also zum zentralen IT-Dienstleister der genossenschaftlichen Finanzgruppe. Und zweitens: Wie exklusiv berichtet, hatte sich besagte ParcIT vor einigen Monaten einen heftigen Rüffel (Kategorie: „F4“) seitens der Finanzaufsicht eingehandelt. Was viele Volks- und Raiffeisenbankern auch deshalb gegen den Strich ging, weil sie intern angehalten wurden, die Bafin-Schelte in den eigenen Prüfberichten zu vermerken (und damit den Mitgliedern gegenüber offenzulegen).
Und nun? Schien der Ärger gerade verraucht – da erreicht die Ortsbanker bereits die nächste Hiobsbotschaft von der ParcIT. Laut Informationen von Finanz-Szene hat die Bafin bei dem Kölner Unternehmen nämlich schon wieder einen „F4“-Mangel festgestellt – also eine „schwergewichtige“ Verfehlung (nebst weiterer, aber eher geringfügiger Verfehlungen).
Die Details sind eher was für die Connaisseure, wiewohl trotzdem nicht uninteressant: Bei dem Bafin-Rüffel, über den wir im April exklusiv berichteten, ging es um eine angeblich fehlerhafte Methodik bei der Ermittlung des „Risikodeckungs-Potenzials“ – also jenes Kapitals, das eine Bank intern zur Abdeckung möglicher Verluste bereitstellen muss. Diesmal moniert die Bafin unseren Informationen zufolge Unzulänglichkeiten bei der Steuerung des Adressrisikos. Wobei das konkrete Problem ein Kreditportfolio-Rechner fürs Kundengeschäft sein soll.
Beide Fälle, also die Bafin-Schelte vor einigen Monaten und die Bafin-Schelte jetzt, gehen zurück auf die Umsetzung von relativ neuen aufsichtlichen Vorgaben zur sogenannten barwertigen Risikotragfähigkeit. Laut den Finanz-Szene-Informationen stellte die ParcIT den Ortsbanken für dieses Thema eine modulare Standard-Software namens VR Control zur Verfügung (die übrigens auch über den Genosektor hinaus vertrieben wird, da allerdings unter dem Namen „Okular“, und laut Eigendarstellung bei „über 1.000 Banken im Einsatz“ sein soll). Wie es aussieht, läuft diese allerdings nicht wirklich rund. Bei der Atruvia heißt es zu alldem auf Anfrage von Finanz-Szene lediglich: „Zu laufenden Prüfungen bei der parcIT befinden wir uns im sachorientierten konstruktiven Dialog mit der Aufsicht und werden uns daher dazu nicht äußern.“
Die Konsequenzen des neuerlichen Bafin-Ärgers für die Primärinstitute sind absehbar. So heißt es in Geno-Kreisen, der DGRV – so etwas wie die Dachorganisation der regionalen genossenschaftlichen Prüfverbände – wolle die Ortsbanken auch diesmal wieder auffordern, die Verfehlung in ihre jeweiligen Prüfberichte aufzunehmen.
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