von C. Kirchner, B. Neubacher, H.-R. Dohms und G. Hädicke, 31. Oktober 2025
In unserem „Produkt und Kunde“-Ticker beschreiben wir, was sich bei Banken und Fintechs an der Schnittstelle zum Kunden so alles tut.
Hier unser Ticker für September und Oktober 2025:
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In der allgemeinen Aufregung um das neue Private-Equity-Angebot von Trade Republic ging fast ein wenig unter, dass der Neobroker in einem Abwasch auch seine Kunden- und AuM-Zahlen aktualisiert hat. Bei 10 Mio. Kunden stehen die Berliner jetzt. Und bei 150 Mrd. Euro Assets under Management. Imposante Zahlen! Zumal das Fintech, was die Zahl der Kunden angeht, also nun mit der ING Diba gleichgezogen ist. Auch wenn der Vergleich etwas hinken mag, weil Trade Republic, erstens, auch Kunden außerhalb Deutschlands hat (während die Frankfurter Onlinebank seit dem Rückzug aus Österreich nur noch hierzulande aktiv ist). Und weil, zweitens, die ING Diba – würden wir jedenfalls vermuten – bei der Frage, was eigentlich ein Kunde ist, eine strengere Definition anlegt. Aber so oder so: Trade Republic ist jedenfalls nicht nur einer der wichtigsten Wettbewerber für Sparkassen und Volksbanken, sondern genauso (oder sogar noch mehr) für die ING Deutschland. Was wiederum erklären könnte, warum sich die größte Direktbank und das größte Fintech der Republic schon seit einigen Wochen ein Scharmützel rund um den Übertrag von Kundendepots liefern. Hier entlang: FS Premium
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Berliner Kreditkarten-Fintech Pliant bandelt mit sechs Volksbanken an
Kenfo statt Fintech – Neobrokern droht bei Frühstart-Rente staatliche Konkurrenz: Der deutschen Banken- und Fintech-Branche droht in puncto staatlich geförderter Altersvorsorge überraschend Konkurrenz. So berichtet „Capital“, dass bei der „Frühstart-Rente“ neben der eigentlich geplanten privatwirtschaftlichen Lösung inzwischen auch ein „staatlich verwaltetes Modell“ diskutiert werde. Demnach gibt es in der SPD (die ja auch den bei dem Projekt federführenden Finanzminister stellt) die Überlegung, die vorgesehenen monatlich 10 Euro pro Kind statt in individuelle Depots alternativ in den staatlichen Kenfo-Fonds fließen zu lassen. Dieser solle das Geld zentral verwalten – und an die Kinder ausschütten, sobald diese das 18. Lebensjahr vollendet haben. Zwar stehe die SPD der privaten Lösung nicht entgegen, zitiert „Capital“ den SPD-Finanzpolitiker Michael Thews. Um aber wirklich alle Kinder zu beteiligen, könne ein „öffentlich verwalteter Fonds als Auffanglösung sinnvoll“ sein.
Das muss man sich erst mal trauen. Die Einführung eines neuen Produkts mittels öffentlicher „Keynote“ annoncieren. Dabei das exakt gleiche Setup wählen, wie es Apple bei der Präsentation des ersten iPhones am 9. Januar 2007 auf der „Macworld Conference & Expo“ in San Francisco gewählt hatte (Totale von vorn, man sieht die komplette Bühne, die Projektion, den CEO und ganz unten im Bild auch noch die ersten Reihen des Publikums). Und sich dann, allen Ernstes, auch noch einen schwarzen Pullover überstreifen. An Selbstgewissheit mangelt es Christian „Steve“ Hecker, dem Gründer und Chef von Trade Republic, also beruhigenderweise nicht. Das neue Produkt, das dann zum Vorschein kam, war allerdings kein iPhone und auch kein iFonds. Sondern ein Eltif (mit großem E), also eines dieser angeblich kleinanlegerkompatiblen Private-Equity-Konstrukte, wie man sie so ähnlich schon seit längerem von Fintechs wie Moonfare oder Liqid kennt und wie sie seit vergangenem Jahr auch der Trade-Republic-Widersacher Scalable Capital im Repertoire hat. Ist das also jetzt die Zukunft??? Über ein Milliarden-Fintech, dass Rendite wittert – und Renommee investiert: FS Premium
Die „Tamazisierung“ von Scalable Capital – und das Refi-Thema der Münchener Hyp
Über die deutschen Retail-Pläne von J.P. Morgan ist in den letzten Jahren viel spekuliert worden (nicht zuletzt von uns hier), mit der Folge, dass das, was offiziell verkündet wurde, dann doch ein Stück hinter den aufgestauten Erwartungen zurückbleibt. Schließlich haben wir es mit der größten Bank der westlichen Welt zu tun (umgerechnet 720 Mrd. Euro Börsenwert, mehr als alle gelisteten europäischen Banken zusammen). Und immerhin wird an der Übertragung des in UK erprobten „Chase“-Modells (also quasi eine Neobank) auf den deutschen Markt jetzt schon seit mindestens mal dreieinhalb Jahren gewerkelt. Jedenfalls: Im Q2/26 soll es nun also endlich losgehen. Mit nichts weiter als einem Tagesgeldkonto. Was Chase-Deutschland-Chef Daniel Llano Manibardo mit der „ausgeprägten Sparkultur“ hierzulande begründete. Nach der messerscharfen Execution eines ausgeklügelten Masterplans klingt das nicht gerade. Was aber nicht heißt, dass der Schritt am Ende nicht trotzdem richtig sein könnte. Denn dass man mit fettem Budget und hohen Zinsen den hiesigen Markt zumindest schon mal in Wallung bringen kann – das hat ja gerade erst die BBVA gezeigt. Plus: Das Angebot solle danach natürlich „schrittweise“ ausgebaut werden, so Llano. Der kommt bekanntlich von der ING Diba. Und die wiederum hat hierzulande einst ja auch mit dem Tagesgeld als Ankerprodukt losgelegt.
Deutsche Bank distanziert sich von „Ertrags-Clicker“ bei Miles&More-Karte
Die Schalternutzung in Bankfilialen scheint regelrecht zu kollabieren. Bezogen auf alle Banken und Sparkassen hierzulande sank die Zahl der Bargeld-Abhebungen im vergangenen Jahr laut Bundesbank-Daten auf nur noch 41 Millionen. In einer durchschnittlichen Filiale wurde damit pro Werktag nur noch neunmal Geld ausgereicht. Zum Vergleich: Im Gesamtjahr 2022 zählten die Statistiker der Bundesbank immerhin noch 65 Mio. Bargeld-Abhebungen – und das, obwohl damals einige Zweigstellen (zumindest in der ersten Jahreshälfte) wegen der Corona-Pandemie zeitweilig geschlossen waren.
Sogar noch drastischer geht derweil die Zahl der Einzahlungen zurück. Hier registrierte die Bundesbank im vergangenen Jahr nur mehr 24 Mio. Vorgänge – verglichen mit dem Vorjahr ein Rückgang um ein Viertel, gemessen an 2022 sogar ein Minus von 42%. Der Anteil der klassischen Einzahlungen an allen sogenannten „Barverfügungen“ liegt damit bei nur noch 2%.
Dabei muss man sich vor Augen führen, dass die Zahl der Zweigstellen zwar ebenfalls stark sinkt (im vergangenen Jahr um 9% auf noch 17.590 Stück), allerdings bei weitem nicht so schnell wie die Zahl der ausgeführten Dienstleistungen am Schalter. Das dürfte ein Indiz dafür sein, dass die Menschen nicht deshalb immer seltener in die Bankfiliale gehen, weil es immer weniger Bankfilialen gibt – sondern dass es mit Ursache und Wirkung tendenziell eher umgekehrt ist. Gleichwohl: Die Zahl der „beleghaften“ (also klassisch auf Papier ausgefüllten) Überweisungen ging nicht ganz so stark zurück, nämlich um 7% auf noch 584 Millionen – das entsprach etwa 125 Überweisungen pro Tag und Zweigstelle (wobei solche Überweisungen ja oft einfach nur eingeworfen werden, also keinen Schaltervorgang auslösen).
Brötchen ja, Toaster nein – warum die Girocard nur noch scheinbar wächst
Die „Miles&More“-Partnerschaft zwischen der Lufthansa und der Deutschen Bank bewegt sich weiterhin nur in Trippelschritten vorwärts. Zwar gibt der bisherige Issuing-Partner von „Miles&More“, die DKB, nun keine neuen Karten mehr heraus – was als Indiz gewertet werden kann, dass es demnächst losgehen wird mit der komplexen Migration zum neuen Issuing-Partner, also der Deutschen Bank. Insgesamt gestaltet sich der Prozess allerdings weiterhin zäh.
Zuletzt hatte die Deutsche Bank wissen lassen, dass der zunächst für „Mitte 2025“ annoncierte Wechsel doch erst im Herbst vollzogen werden soll. Nun verschiebt sich die Übergangsfrist allerdings erneut leicht nach hinten – was man unter anderem daran erkennt, dass die DKB ihre Altkarten bei Bedarf noch bis „Frühjahr 2026“ bedienen will (bislang war von „Anfang 2026“ die Rede gewesen). Anders als jüngst angekündigt hat die Deutsche Bank zudem noch immer keine Informationen für ihre „Miles&More“-Karte bereitgestellt.
Sämtliche „Produkt und Kunde“-News aus Juni, Juli und August 2025
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