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Wie sich Banken den Markt für DLT und Digital Assets erschließen

Das Interesse an Krypto-Währungen ist stark zurückgegangen. Im Kontrast hierzu stehen die forcierte Entwicklung anderer Formen von Digital Assets sowie der Aufbau DLT-basierter Infrastrukturen in der Finanzindustrie. DLT ist das Kürzel für „Distributed-Ledger-Technologie“, das Prinzip dezentraler Datenverwaltung, das zum Beispiel auch der Blockchain zugrundeliegt. Das disruptive Potenzial dieser Technologie wird von den Aufsichtsbehörden durch die Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen für den Aufbau entsprechender Geschäftsmodelle unterstützt. Dies öffnet den Markt zunehmend für institutionelle Anleger. Ist somit „Buy the Dip“ die Devise?

Sicher ist: Die Entwicklungen im Bereich von DLT und Digital Assets sind mehr als nur ein Hype. Blickt man beispielsweise auf den Venture-Capital-Markt, zeigt sich ein stark gestiegenes Investitionsvolumen in Blockchain-Unternehmen. Im Jahr 2021 wurden weltweit 26 Mrd. Euro investiert, womit die jährliche Wachstumsrate in diesem Sektor seit 2018 durchschnittlich 44% erreichte. Zudem werden durch die voraussichtlich ab dem Jahr 2024 geltende EU-Verordnung namens MiCAR (Markets in Crypto Assets Regulation) neue Voraussetzungen für Krypto-Dienstleister in Europa geschaffen. Ein neues Spielfeld für Finanzinstitute entsteht.

Der Markt für Finanzdienstleistungen im deutschen DLT-Ökosystem wird zunehmend reifer. Dennoch ist die Zahl der Akteure in diesem Marktumfeld noch gering, weshalb Banken und Fintechs nach wie vor Early-Mover-Vorteile realisieren können. Nachfolgend seien drei interessante Geschäftsmodelle vorgestellt.

Erstes Geschäftsmodell: Krypto-Verwahrung & Brokerage

Seit dem 1. Januar 2020 sind Krypto-Werte Teil des deutschen Kreditwesengesetzes (KWG). Die zugrunde liegenden Private Keys werden im Rahmen der Krypto-Verwahrung als Finanzdienstleistung gesichert und administriert. Das Krypto-Verwahrgeschäft ist allerdings – ähnlich wie das traditionelle Verwahrgeschäft von Wertpapieren – eher margenschwach. Diese Finanzdienstleistung kann nur über die Masse an verwahrten Private Keys lukrativ betrieben werden. Dennoch ist Krypto-Verwahrung ein wichtiger Ausgangspunkt für weitere Digital-Assets-Geschäftsmodelle, da sie die technologische Basis für weitere Use Cases bietet.

Für Krypto-Broker und -Börsen ist vor allem die Kombination aus Krypto-Verwahrung und Brokerage-Leistungen interessant. Dabei existieren zum aktuellen Stand zwei wesentliche Geschäftsmodelle.

  • Einerseits können Institute als Finanzkommissionär tätig sein und Krypto-Werte auf Rechnung ihrer Kunden bei einer Krypto-Börse oder gegen einen Liquiditäts-Provider ausführen lassen. Hierbei übernimmt das Institut kein Marktrisiko, ist allerdings an die Preisstellung der Gegenpartei gebunden.
  • Eine andere Möglichkeit: Institute können sich im Rahmen des Eigenhandels selbst an einer Krypto-Börse eindecken und die Krypto-Werte (z. B. Krypto-Währungen) vom eigenen Handelsbuch direkt an ihre Kunden veräußern. Hierbei kann das Institut den Preis flexibler gestalten. Allerdings übernimmt es für den Zeitraum von Eindeckung bis Veräußerung auch selbst das Marktrisiko.

Zweites Geschäftsmodell: Einführung eines Registers für Krypto-Wertpapiere

Neben der Krypto-Verwahrung hat es auch die Einführung des Krypto-Wertpapier-Registers zu einem Eintrag ins KWG geschafft. Darunter ist die Führung von Schuldverschreibungen respektive Fondsanteilen zu verstehen, die über die DLT begeben und handelbar gemacht werden. Im Grunde sprechen wir also von der Führung von Krypto-Wertpapieren in einem dezentralen und vor Fälschung gesicherten Aufzeichnungssystem. Bislang wurden am Kapitalmarkt ausschließlich Krypto-Wertpapiere in Form von Inhaberschuldverschreibungen begeben. Übertragungen werden durch Buchungen auf den Depotkonten des jeweiligen Verwahrers vollzogen, ohne dass der Berechtigte selbst an der Infrastruktur des Krypto-Wertpapier-Registers teilnehmen und hierfür ein sogenanntes „Wallet“ (oder andere neue Konten) einrichten muss.

Es ist zu erwarten, dass ab 2023 erste Krypto-Fondsanteile folgen werden. Das Ertragspotenzial dieser Dienstleistung ist analog der Krypto-Verwahrung als gering einzuschätzen. Jedoch lassen sich durch Krypto-Fondsanteile neue krypto-affine Kundengruppen erschließen, welche die Vorzüge der Wallet-Verbuchung und damit einhergehender Realtime-Portfolio-Umschichtungen gegenüber herkömmlichen, zeitintensiveren Abwicklungen realisieren möchten.

Drittes Geschäftsmodell: Tokenisierung von Vermögenswerten

Die sogenannte „Tokenisierung“ von Vermögenswerten ist eine weitere Dienstleistung im DLT-Ökosystem. Dabei werden traditionelle Assets, beispielsweise Anleihen oder Aktien, aber auch illiquide Assets auf der Blockchain digital verbrieft. Die Begebung eines entsprechenden „Tokens“ kann in Form von Security Tokens, die regelmäßig den Regularien klassischer Wertpapiere unterliegen (MiFID II u.a.), oder in Form von Non-Fungible-Tokens (NFTs) erfolgen. Letztere erfreuen sich zunehmender Beliebtheit, insbesondere bei Privatanlegern, da sich durch diese Anlageform einzigartige Assets generieren lassen. Wie NFTs allerdings aus regulatorischer Sicht zu behandeln sind, hängt vom Einzelfall ab, da es viele Möglichkeiten für ihre konkrete Ausgestaltung gibt.

Diverse Plattformen versuchen schon heute durch die Stückelung von Vermögenswerten diese auch Kleinanlegern zugänglich zu machen. Ein Beispiel: das Picasso-Gemälde im Wert von 4 Mio. Schweizer Franken, welches 2021 als NFT versteigert wurde, in Form von 4.000 fragmentierten Tokens. Der Markt für tokenisierte Vermögenswerte steht allerdings vor einem zentralen Problem: der noch mangelnden Liquidität, welche oft zu hohen Spreads und einer erschwerten Handelbarkeit führt. Dieses Problem der Liquidität in diesem noch jungen Markt wird allerdings ab 2023 zumindest für Security Tokens sukzessive vom Regulator adressiert, denn dann tritt das DLT-Pilotregime in Europa in Kraft. Dieses schafft einen regulatorischen Rahmen zur Etablierung von Handelsplätzen für Security Tokens, die diese von mehreren Emittenten zentralisiert handelbar machen können.

Worauf beim Aufbau neuer Geschäftsmodelle zu achten ist

Herausforderungen beim Aufbau eines Geschäftsmodells für DLT respektive Digital Assets müssen identifiziert und gemeistert werden. Dabei sehen sich Finanzinstitute vor allem mit den folgenden vier Herausforderungen konfrontiert:

  1. Kontinuierlicher Aufbau von Know-how: Dieser ist notwendig, um die Relevanz des Themas früh zu erkennen. Entscheidend ist hierbei ein nachdrückliches Bekenntnis, sich mit DLT und Digital Assets auf strategischer Ebene auseinanderzusetzen.
  2. Schleppende Innovationskraft, Altlasten bei bestehenden Systemen, eine zu hohe Kostenbasis: Institute sollten mit einem Ansatz des MVP, des „minimum viable products“, beginnen (etwa mit der Krypto-Verwahrung) und diesen sukzessive ausbauen. Partnering-Modelle können hierbei eine sinnvolle Lösung darstellen.
  3. Komplexität bei der Abbildung von Digital Assets in Compliance- und Risikosystemen: Die Sensibilisierung für das Thema und der Aufbau von Kompetenzen durch regelmäßige Schulungen relevanter Stakeholder zu Risiken, Compliance und Geldwäsche-Pflichten, die mit diesen Geschäftsmodellen einhergehen, sind zu empfehlen. Auch kann über den Fremdbezug von Compliance- und Risikomanagement-Software für Digital Assets nachgedacht werden.
  4. Fehlende Kenntnis der Erlaubnisverfahren in Deutschland: Bei einer Make-Entscheidung ist häufig die Beantragung einer Lizenz bei der Bafin erforderlich. Hierbei ist eine frühzeitige Adressierung des Erlaubnisverfahrens bei der Bafin sowie der Austausch mit dieser ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Beschleunigend kann auch ein Projektansatz angestrebt und externes Know-how eingekauft werden.

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*Die Autoren Julian Schmeing (Senior Manager), Philipp Kerber (Senior Consultant) und Christian Rößler (Consultant) arbeiten für zeb. Die Strategie- und Managementberatung gehört zu den Premium-Partnern von Finanz-Szene. Mehr zu unserem Partner-Modell erfahren Sie hier.

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