Liebe Deutsche Bank, bei „Robin“ läuft’s nicht wirklich, oder?

Mal abgesehen vom fehlenden Schlaf: Das einzig richtig Blöde am Newsletter-Menschen-Dasein ist der Umstand, dass die eigene Mutter ganz genau weiß, was man beruflich macht. Und natürlich kommt dann ab und zu die Frage, ob das denn wirklich sein müsse, dass wir hier immerzu mit Begriffen wie „GAU“, „Fiasko“, „Debakel“, „Flop“ „Desaster“ und dergleichen um uns werfen. „Ist Dir da nie jemand böse?“ Kurzum: Wir haben Besserung gelobt! Wobei das jetzt nicht bedeutet, dass wir Ihnen durch die Hintertür beipulen wollen, die Deutsche Bank sei der erste Profiteur dieses Gelöbnisses. Denn: Auch ohne Gelöbnis hätten wir die Performance des Deutsche-Bank-Robo-Advisors „Robin“ sicher nicht als „Flop“ bezeichnet. Wobei, von einer Enttäuschung wird man trotzdem sprechen dürfen, oder? Eigentlich wollte die Deutsche Bank bis Ende 2018 bei 1 Mrd. Euro Assets unter Management sein. Wir glauben jetzt ungefähr zu wissen, wie viel es wirklich war und ist. Oder besser: wie wenig!

Was veranlasst uns zu dieser Mutmaßung? Voilà:

  • Ein Leser schickte uns dieser Tage eine Deutsche-Bank-Präsentation von Anfang November. Dabei handelte es sich, was wir hinzufügen wollen, um kein Geheimdokument, sondern im Gegenteil um eine Präsentation für die Medien …- bloß: Welcher Journalist liest so was wirklich bis zum Ende durch? Jedenfalls: Der Leser (ein „Leser“ halt …) hatte genau das getan und war auf Seite 18 auf den Hinweis gestoßen, die Deutsche Bank verzeichne bei Robin eine „vierstellig dynamisch wachsende Kundenzahl“. Ob wir das nicht mal als Ausgangspunkt für ein paar Rechnungen nehmen wollen, fragte der Leser.
  • Also gut: Gehen wir jetzt einfach mal davon aus, dass „vierstellig“ kaum mehr als „4000“ bis „5000“ heißen dürfte (wären es 7000, 8000 oder 9000, hätte die Deutsche Bank wohl eher von einer „hohen vierstelligen Kundenzahl“ gesprochen …). Rufen wir zudem in Erinnerung, dass beim Konkurrenten Quirion (der zur Quirin-Bank gehört) der Durchschnittskunde 30.000 Euro angelegt. Ist die Klientel vergleichbar? Aus dem Bauch raus: Deutsche Bank und Quirin … das dürfte schon derselbe Affluent-Pool sein, in dem die beiden fischen, oder? Nun ist Quirion schon länger am Markt als Robin, sodass es dort auch mehr Anleger geben dürfte, die ihr Portfolio zwischenzeitlich mal aufgestockt haben. Gehen wir für die Deutsche Bank also lieber von 25.000 Euro aus. Dann wären wir, multipliziert mit 4000 bis 5000 Kunden, per Anfang November bei 100 bis 125 Mio. Euro gewesen.
  • Den zweiten Anhaltspunkt entnehmen wir dem gestrigen“Handelsblatt“, das der Deutschen Bank das Zitat abgerungen hatte, sie sehe ihr Angebot „in den Top 5“ am hiesigen Markt. Hier vermuten wir ganz stark, dass „Top 5“ eigentlich nur „Platz 4“ oder „Platz 5“ heißen kann. Denn: Würde sich die „Deutsche Bank“ weiter vorne wähnen, hätte sie sicherlich „Top 3“ gesagt.
  • Laut der untrüglichen Pseudo-Datenbank von „Finanz-Szene.de“ liegt auf Platz 3 bei den Assets under Management mit zuletzt kommunizierten 300 Mio. Euro der Berliner Anbieter Liqid (die Angabe stammt von Ende September). Das dürfte die Deutsche Bank noch nicht erreicht haben. Platz 4 hat Quirion inne (rund 180 Mio. Euro per Ende Januar); daneben gibt es überhaupt nur noch einen weiteren Anbieter im deutschen Markt, der mal mitgeteilt hat, er sei „dreistellig“ (also dreistellig bei den Millionen) – und das war Whitebox.
  • Plausiblerweise würden wir jetzt davon ausgehen, dass Robin zwischen Quirion und Whitebox liegt – was sich übrigens auch mit dem decken würde, was im Umfeld der Deutschen Bank gemunkelt wird. Also, Pi mal Daumen und mit ein bisschen Bauchgefühl: 125 bis 150 Mio. Euro. Das wäre unsere Vermutung.

Wie ist diese Zahl nun zu werten?

  • Deutsche-Bank-Digitalchef Markus Pertlwieser hatte zum Start von Robin im Herbst 2017 gesagt, er rechne bis Ende 2018 mit einem Marktvolumen von 5 Mrd. Euro, wovon sein Haus dann 20% auf sich vereinen wolle. Von diesem 1-Mrd.-Euro-Ziel ist die Deutsche Bank in jedem Fall weit, weit entfernt.
  • Fairerweise muss man allerdings hinzufügen, dass sich die gesamte Robo-Branche im vergangenen Jahr eher dürftig  entwickelt hat. Wir gehen per Ende 2018 von einem Volumen von vielleicht 2,5 Mrd. Euro, allenfalls 3 Mrd. Euro aus (das passt zu einer Studie, aus dem das „HB“ gestern zitierte; dort ist von 2,6 Mrd. Euro die Rede). Hieran gemessen wäre ein Fünftel also 500 bis 600 Mio. Euro. Auch dieses sozusagen bereinigte Ziel hat die Deutsche Bank (aller angeblichen Dynamik zum Trotz) also um ein gutes Stück verfehlt.

Ein Flop? Nein. Für ein Fazit ist es noch zu früh, zumal die Deutsche Bank erst im Herbst so langsam in den Filialvertrieb eingestiegen ist. Und doch: Eine Enttäuschung ist es allemal!

http://finanz-szene.de/exklusiv-immer-mehr-deutsche-banken-begraben-ihre-robo-projekte/

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