Deep Dive

Der Knatsch zwischen Solarisbank und Bafin. Eine Rekonstruktion

Ein Anschiss durch die Bafin ist auch nicht mehr das, was es mal war. Weil: Gefühlt wird inzwischen ja fast täglich irgendeine Bank gerüffelt. Mängel in der Geschäftsorganisation. Höhere Anforderungen ans Eigenkapital. Aber das war’s dann auch. Heute trifft’s die „Bank A“, morgen die „Bank B“ und übermorgen die „Bank C“. Fast schon Routine, seit die Finanzaufsicht im Zuge ihrer „Transparenz-Offensive“ auch kleinere Verfehlungen gewissenhaft öffentlich macht.

Ganz, ganz anders allerdings liegen die Dinge, als sich die Bafin am 26. Januar die Berliner Solarisbank vorknöpft. Schon der Umfang der Mitteilung (Überschrift: 222 Zeichen; Volltext: 2.382 Zeichen) lässt erahnen, dass es sich um keinen gewöhnlichen Fall handelt. Und der Inhalt? Eine regelrechte Kanonade! Probleme im Risikomanagement. Probleme bei der Geldwäsche-Prävention. Probleme bei der Betrugs-Vermeidung. Probleme beim Onboarding. Probleme in der Adress-Verifizierung. Probleme im Meldewesen. Und das alles 1.) garniert mit dem Hinweis auf einen delikaten, von der Bafin eher selten bemühten Absatz im KWG. Und 2.) mit der Konsequenz, dass die Solarisbank seitdem ohne Zustimmung der Aufsicht keine neuen Kooperationen mehr eingehen darf – also faktisch unter Kuratel steht.

Unserer Erinnerung nach ist die Bafin in der jüngeren Vergangenheit mit keiner anderen Bank derart hart ins Gericht gegangen, allenfalls die Causa N26 erscheint vergleichbar. Und die große Frage lautet: Wie bloß konnte es so weit kommen? Der Knatsch zwischen Solaris und Bafin. Versuch einer Rekonstruktion.

Alles beginnt – mit einer Routineprüfung

Als die Bafin 2020 bei der Solarisbank vorstellig wird, fühlt es sich für alle Beteiligten nach einem Routinevorgang an. Die Rollen in der Berliner Fintech-Szene scheinen klar verteilt. Während N26 im Dauer-Clinch mit der Finanzaufsicht liegt, gilt die Solarisbank als moderater Gegenentwurf zum aggressiv wachsenden Lokalrivalen. Seriöser im Auftritt. B2B statt B2C. Geführt von erfahrenen Bankern – nicht von jungen Revoluzzern.

Tatsächlich stellt die Bafin bei ihrer turnusmäßigen Prüfung (für die Connaisseure: Es handelt sich um den „Supervisory Review and Evaluation Process“, kurz SREP) dann aber fest, dass auch bei der Solarisbank geschlampt wird. Ob die Mängel zum Teil auch „schwergewichtig“ sind, wie es später heißen wird, sei mal dahingestellt. Verbürgt ist jedenfalls, dass die Prüfer mindestens mal etliche organisatorische Schwachstellen bei dem Fintech diagnostizieren.

Wie in solchen Fällen üblich, einigen sich Bank und Aufsicht darauf, die Mängelliste abzuarbeiten. Öffentlich wird von alldem zunächst nichts.

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Von 940.000 auf über 6 Millionen Konten

Als die Solarisbank ins Geschäftsjahr 2021 einbiegt, hat sie andere Themen als die Bafin. Für schnell wachsende Fintechs tun sich damals etliche Möglichkeiten auf. Die Berliner sondieren einen Börsengang – verwerfen die Option aber wieder. Sie planen einen Spac-IPO – lassen es dann aber doch lieber bleiben. Stattdessen vollzieht der „Banking as a Service“-Spezialist im Juli 2021 eine Kapitalerhöhung über 190 Mio. Euro und steigt mit einer Bewertung von 1,4 Mrd. Euro endlich zum Unicorn auf. Ein Großteil des frischen Geldes ist da längst verplant. Quasi zeitgleich zur Funding-Runde verkündet die Solarisbank die Übernahme des britischen Konkurrenten Contis für 152 Mio. Euro. Ein veritabler Coup.

Doch nicht nur anorganisch wächst die Solarisbank wie wild in jenem Jahr – auch organisch. Die Zahl der verwalteten Konten vervierfacht sich von 940.000 auf 3,5 Mio. Stück (was einem Delta von 7.014 zusätzlichen Konten pro Tag entspricht, Wochenenden und Feiertage eingerechnet). Weitere 2,7 Mio. Konten kommen durch die Akquisition von Contis hinzu.

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N26 kommt ins Gerede. Und Solaris auch

Parallel zum rasanten Wachstum der Challenger-Banken häufen sich die Hinweise auf die missbräuchliche Nutzung von Konten durch Kriminelle. Im Fokus der Kritik steht zunächst wieder N26. So erscheinen 2021 etliche Medienberichte, die Überschriften wie „Ermittler stoßen bei Geldwäsche-Verfahren häufig auf N26“ oder „N26 hat massives Problem mit Fake-Konten“ tragen. Auch die Bafin hat das Problem auf dem Zettel. Im Mai schickt sie der Berlinern Neobank einen Sonderbeauftragten ins Haus. Und im Oktober dann gleich noch einen zweiten.

Und Solaris? Anfang 2022 berichtet die „Wirtschaftswoche“, dass auch der Anteil von Solarisbank-Konten an den Geldwäsche-Verdachtsverfahren laut den LKAs „massiv gestiegen“ sei. Eine Parallele zu N26? Davon will Vorstandschef Roland Folz damals nichts wissen: „Die Verhältnisse sind ganz anders. Die Solarisbank genießt ein Riesenvertrauen am Markt.“ Ende Januar allerdings lässt das „Handelsblatt“ die Bombe platzen: „Bafin schickt Sonderprüfer“, titelt die Wirtschaftszeitung. Die Quellenlage? Unklar. Denn die Information sind zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht offiziell.

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Die Bafin äußert sich. Doch vom Sonderprüfer? Kein Wort

Am 8. März 2022 – rund sechs Wochen nach dem „Handelsblatt“-Artikel – äußert sich die Bafin erstmals zur Solarisbank. „Bei einer Sonderprüfung wurden bei dem Institut zahlreiche organisatorische Mängel festgestellt. Sie belegten eine nicht ordnungsgemäße Geschäftsorganisation“, heißt es in der entsprechenden Mitteilung. Die Konsequenz: „Bafin legt zusätzliche Eigenmittelanforderungen fest.“

Und der Sonderprüfer? Von dem ist in der auffallend knappen Mitteilung interessanterweise gar nicht die Rede. Dabei ist zu diesem Zeitpunkt doch längst in der Welt, dass die Bafin der Solarisbank einen solchen Sonderprüfer ins Haus geschickt hat. Warum macht die Bonner Behörde es dann nicht öffentlich? Bei N26 hat sie es doch auch getan. Sogar zweimal.

Was man dazu wissen muss: Zwischen der Bafin und der Fintech-Szene (oder wenigstens Teilen davon) ist es im Laufe des Jahres 2021 zu einem regelrechten Bruch gekommen. Die Aufseher in Bonn fühlen sich nicht ernst genug genommen von den Startup-Menschen in Berlin, zweifeln an deren Bereitschaft, die aufsichtlichen Mängel wirklich abzuarbeiten. Umgekehrt? Ist in Fintech-Kreisen damals von einer regelrechten Kampagne der Aufsicht gegen N26 und Co. die Rede.

Ihren sichtbarsten Ausdruck findet das Zerwürfnis in jener Mitteilung, mit der die Bafin im November 2021 nicht nur die Entsendung des zweiten Sonderbeauftragten zu N26 öffentlich machte – sondern darüber hinaus auch eine „Wachstumsbeschränkung“ verhängt (die übrigens bis heute gilt), siehe unser damaliger Artikel -> Der Bafin scheint das N26-Bashing inzwischen fast Spaß zu machen.

In Finanzkreisen kursiert nun folgende Erzählung: Womöglich habe die Solarisbank damals befürchtet, von der Bafin ebenso vorgeführt zu werden wie N26. Und womöglich habe sie deshalb auf juristischem Wege eine weitergehende Veröffentlichung durch die Bafin verhindert oder wenigstens hinausgezögert. Möglich sei das, sagen Experten. Und plausibel ist es auch. Denn warum sonst hat die Bafin den Sonderprüfer damals nicht erwähnt? Offen bliebe dann nur noch die Frage, wer die Sache dem „Handelsblatt“ gesteckt hat.

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2022 – ein Jahr voller Volten

Sonderprüfer hin oder her – Anfang 2022 stehen die Zeichen bei der Solarisbank auf Wachstum. Bei gut 6 Mio. Konten ist man jetzt. Binnen fünf Jahren sollen es 20 Millionen sein. Italien. Frankreich. Spanien. UK. Die Route ist gesteckt. Solaris will zum europäischen „BaaS“-Champion werden.

Dann allerdings kommt es binnen weniger Monate zu gleich mehreren Volten:

  • Im August 2022 revidiert Vorstandschef Roland Folz die Strategie. Die Zeit des Brachial-Wachstums sei vorbei, der Fokus liege von nun an auf der Profitabilität. 20 Mio. Konten? Davon ist plötzlich keine Rede mehr. Es gehe um „transaktionales“ Geschäft und eine selektivere Auswahl der Kunden, so Folz. Die vielen kleinen Frontend-Banken dagegen scheinen als Zielgruppe nicht mehr wirklich interessant: „Wenn Partnerunternehmen nicht profitabel genug oder zu risikoreich für uns sind, kann das letztlich auch bedeuten, dass wir Geschäftsbeziehungen beenden.“
  • Wenige Wochen später scoopen Finanz-Szene und Finance Forward, dass der erste ganz große Kunde nun tatsächlich gewonnen ist – nämlich der ADAC, der mit seinen 1,1 Mio. Co-Branding-Kreditkarten-Kunden von der LBB zur Solarisbank wechseln will. Es ist ein geradezu transformativer Deal, mit dem sich die Ertragsbasis der Berliner Fintech mehr als verdoppeln könnte. Trotzdem dringt Anfang Oktober die Nachricht nach draußen, dass die Solarisbank 10% ihrer Mitarbeiter entlassen will.
  • Ende Oktober kündigt das Fintech überraschend den Abgang von CEO Folz an. Der langjährige Frontmann wird ersetzt durch Carsten Höltkemeyer, den früheren Chef von Barclaycard Deutschland. Bemerkenswert: Nach Informationen von Finanz-Szene soll Höltkemeyer ursprünglich für den CFO-Posten im Gespräch gewesen sein – die Entscheidung, ihn zum CEO zu machen, erfolgte laut Schilderungen von Insidern kurzfristig.
  • Es ist nicht der einzige kuriose Vorgang. Denn im Dezember werden nicht nur ein neuer Finanzchef und ein neuer Risikovorstand präsentiert – sondern auch ein neuer Chief Commercial Officer*, der aber verblüffenderweise auch der alte ist! Jörg Diewald, der den Solarisbank-Vorstand wenige Monate vorher erst verlassen hatte, kehrt völlig unvermittelt ins Führungsgremium zurück.

Für jede einzelne dieser Volten mag es plausible Erklärungen geben. Aber so viele Volten auf einmal?

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Die zweite Mitteilung der Bafin

Die Bafin veröffentlicht ihre zweite Mitteilung zur Solarisbank gut zehn Monate nach der ersten – nämlich am 26. Januar 2023. Doch während die erste Veröffentlichung eher dünn daherkam und zumindest einen wichtigsten Sachverhalt unterschlug (nämlich die Bestellung des Sonderbeauftragten), kommt die neue Mitteilung einer Generalabrechnung gleich.

So sieht die Bafin Probleme …

  • bei der Geschäftsorganisation im Risikomanagement
  • bei der Geldwäscheprävention
  • beim Risikomanagement auf Gruppenebene
  • bei der Vermeidung betrügerischer Transaktionen
  • im Onboarding-Prozess
  • in der Adress-Verifizierungen
  • sowie im aufsichtlichen Meldewesen

Zugespitzt formuliert scheint es nichts zu geben, was die Bafin bei der Solarisbank nicht stört. Wobei die Anordnung auffälliger- und ungewöhnlicherweise auf Basis das  „§ 25a Absatz 2 Satz 2 KWG“ erfolgt – ein Absatz des Kreditwesengesetzes, der sich um „Verfahren zur Ermittlung und Sicherstellung der Risikotragfähigkeit“ dreht, wobei, wie es weiter heißt, „eine vorsichtige Ermittlung der Risiken, der potentiellen Verluste, die sich auf Grund von Stressszenarien ergeben, einschließlich derjenigen, die nach dem aufsichtlichen Stresstest nach § 6b Absatz 3 ermittelt werden, und des zu ihrer Abdeckung verfügbaren Risikodeckungspotenzials zugrunde zu legen ist“.

Auf den Punkt gebracht: Die Bafin erweckt den Eindruck, dass es bei der Solarisbank nicht nur um organisatorische Mängel, sondern um sehr grundsätzliche Themen wie Risikotragfähigkeit und Stressresistenz geht.

Tatsächlich haben es die Sanktionen, die Aufseher an jenem 26. Januar verkünden, in sich. Der Solarisbank

  • wird „untersagt, neue Kooperationspartnerschaften ohne aufsichtliche Zustimmung einzugehen“
  • und sie darf ohne explizite Zustimmung der Bafin keine neue Tochtergesellschaften mehr gründen und keine neue Beteiligungen mehr erwerben

De facto stellt die Bafin die Solarisbank also unter Kuratel. Wozu auch passt, dass sie dem Fintech einen weiteren Sonderbeauftragten ins Haus schickt, der „an ein Sonderbeauftragtenmandat anknüpft, das mit bestandskräftigem Bescheid vom 24. Januar 2022 angeordnet wurde“, wie es heißt. Erst mit der Bestellung des zweiten Sonderbeauftragten bestätigt die Bafin also auch offiziell die Existenz des ersten – mit rund einjähriger Verspätung.

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Wie passt das, was die Bafin sagt, zu dem, was Solaris macht?

Das Bild, dass sich im Januar 2023 vor dem externen Beobachter ausbreitet, ist voller (zumindest vermeintlicher) Widersprüche. Der größte, zugespitzt formuliert: Wenn die Bafin der Ansicht ist, dass die Solarisbank schon in ihrem Normalgeschäft organisatorisch überfordert ist – warum durfte sie dann  den geradezu transformativen ADAC-Deal einstielen? Nochmal zur Erinnerung (unsere ausführliche Analyse zu dem Deal lesen Sie hier): Mit der Übernahme des ADAC-Portfolios …

  • bekommt die Solarisbank 1,3 Mio. Kreditkarten-Kunden hinzu
  • schafft sie sich entsprechend hohe Forderungen auf die Bilanz
  • ändert sich Ertrags- und Risikoprofil des Fintechs komplett

Durch die ADAC-Transaktion wird Solarisbank von einem Infrastruktur-Spezialisten zu einem echten Risikoträger. Schließlich verlangt so ein Kreditkartenvertrag (samt Teilzahlungsmöglichkeiten) nach ganz anderen Fähigkeiten als die technische Betreuung eines Girokontos. Aus Ertragssicht tun sich für die Solarisbank plötzlich riesige Chancen auf. Doch damit einher gehen völlig neue Risiken für das immer noch sehr junge Institut.

Und das findet die Bafin gut?

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Was ist wirklich los zwischen Bafin und Solaris? Fünf Thesen

Die Bafin gibt in aller Regel keine Statements zu ihrem Umgang mit einzelnen Banken ab. Und einzelne Banken geben in aller Regel keine Statements zu ihrem Umgang mit der Bafin ab. Somit lässt sich auch in der Causa „Bafin vs. Solarisbank“ nicht mit letzter Sicherheit ermitteln, was genau vorgefallen ist in den zurückliegenden 24 Monaten. Unsere Recherchen allerdings lassen zumindest einige unserer Ansicht nach plausible Schlussfolgerungen zu:

  1. Die Solarisbank hat die Eskalationsbereitschaft der Bafin unterschätzt: Fintech-Banken sind hin- und hergerissen zwischen ihren Investoren (die Wachstum wollen) und der Bafin (die Ordnung will). Im Zweifel haben die Solarisbank und N26 ihre Mittel in den letzten Jahren eher da allokiert, wo sie Wachstum bringen – und nicht da, wo’s der Aufsicht gefällt, also in Segmenten wie Legal oder Compliance. Den daraus resultierenden Konflikt mit der Bafin hat man allem Anschein nach in Kauf genommen – wohl auch, weil man nicht für möglich gehalten hat, dass die Bafin die Dinge dermaßen eskaliert.
  2. Die Bafin hat ein massives Problem mit dem Massen-Onboarding-Modell: Die Geschäftsmodelle der Solarisbank fußte (wiederum: genau wie bei N26) jahrelang auf dem Ansatz, bei begrenzten Fixkosten die Kundenzahlen in die Höhe zu treiben. Und das ging nun mal am einfachsten über Konten, die sich dank moderner Onboarding-Prozesse heutzutage binnen Minuten eröffnen lassen. Genau in jenem Massen-Onboarding schlummern nun aber jene Betrugs- und Geldwäsche-Risiken, die in den vergangenen Jahren nicht nicht nur die Aufsicht, sondern auch die LKAs sowie die in Köln ansässige Anti-Geldwäsche-Behörde FIU auf den Plan gerufen haben. Über die FIU („Financial Intelligence Unit“) schrieb aber gerade erst wieder die „Süddeutsche Zeitung“, sie versinke „im Chaos“. Tatsächlich kursiert in Finanzkreisen die nicht unplausible These, die (ans BMF angegliederte) Bafin sei den Challenger-Banken auch deshalb in die Parade gefahren, weil die (ebenfalls ans BMF angegliederte) FIU mit der Strafverfolgung überfordert sei.
  3. Der Strategiewechsel wurde von der Bafin mindestens goutiert – der CEO-Wechsel möglicherweise sogar betrieben: Für die Abkehr vom Kurs des Brachial-Wachstums gibt es viele Gründe. Etwa die veränderte wirtschaftliche Gesamtlage infolge des Ukrainer-Kriegs. Aber auch die augenfälligen Sättigungstendenzen im Neobanken-Markt. Mit ziemlicher Sicherheit hätte die Solarisbank ihre Strategie also auch ohne den Ärger mit der Bafin hinterfragt. Aber vielleicht nicht ganz so radikal. Dass die neue Strategie einhergeht mit einem neuen CEO, dürfte den Aufsehern derweil ziemlich recht sein. Zwar behauptet niemand da draußen, der Führungswechsel sei auf Betreiben der Bafin hin erfolgt. Allerdings wird in Finanzkreisen auffällig betont, dass sich der Dialog zwischen Aufsicht und Management zuletzt deutlich verbessert habe.
  4. Die Bafin will, dass sich Solaris auf den ADAC konzentriert: Ist es wirklich ein Widerspruch, dass die Solarisbank einerseits den riesigen ADAC-Deal signen durfte – andererseits von der Bafin indes Fesseln angelegt bekommt? Mag natürlich sein, dass die Bafin vor der ultimativen Eskalation (und ein Durchkreuzen des ADAC-Deals wäre genau das gewesen) dann doch zurückgeschreckt hat. Mindestens ebenso plausibel erscheint laut Finanzkreisen aber folgende Interpretation: Mit der ADAC-Partnerschaft kann die Bafin durchaus leben – jedenfalls besser, als wenn die Solarisbank weiterhin auf das Modell „Massen-Onboarding“ gesetzt hätte. Und allem Anschein nach gibt es auch ein inoffizielles Agreement in dem Sinne: Macht das mit dem ADAC – aber konzentriert Euch darauf dann auch erst mal.
  5. Im besten Fall war die Januar-Mitteilung ein reinigendes Gewitter: Zwischen Bafin und Solarisbank hatte sich eines angestaut (zumal, wie gesagt, viel dafür spricht, dass sich das Berliner Fintech zunächst gegen eine Veröffentlichung von Maßnahmen gewehrt haben könnte). In der Januar-Mitteilung, so wirkt es, hat die Aufsicht das nun alles mal rausgelassen. Bei der Solarisbank dürfte nun auch der letzte gemerkt haben, dass es der Bafin ernst. Da zudem die handelnden Personen (neuer CEO, neuer CFO, neuer CRO, neuer COO …) ausgetauscht wurden, könnte der Beziehungsstatus jetzt auf „Neuanfang“ stehen.

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Was die Solarisbank selber sagt

Das Berliner Fintech will sich zu alldem nur wie folgt äußern:

„Das Jahr 2022 war ein herausforderndes Jahr für die gesamte Fintech-Branche. Die Solaris hat in diesem dynamischen Marktumfeld bewiesen, wie robust und anpassungsfähig unser Geschäftsmodell ist. Die enge Zusammenarbeit mit dem Regulator hat uns dabei geholfen, Mängel zu identifizieren und zu beseitigen. In den letzten sechs Monaten haben wir zudem intensiv an der Weiterentwicklung unserer Strategie gearbeitet und klare Ziele und Prioritäten definiert. Für das Gesamtjahr 2023 planen wir erstmals mit einem operativen Gewinn. Zudem haben wir unser Risikomanagement, auch durch die Besetzung eines zusätzlichen Vorstandsposten, verstärkt und streben damit ein Höchstmaß an Compliance an. Wir sind davon überzeugt, dass wir den Regulator und den Sonderbeauftragten von unseren Fortschritten baldmöglichst überzeugen können.“

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*In der Ursprungsfassung des Artikels hatten wir Diewald irrtümlich als „Chief Operating Officer bezeichnet; wir bitten den Fehler zu entschuldigen.

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