Analyse

„Mussten 35.000 KYCs händisch nacharbeiten“: Die Antworten des Savedroid-Chefs

, Finanz-Szene.de

In unserem Artikel „Die Savedroid-Analyse, Teil II: Ist das noch Krypto oder ist das schon gaga“ sind wir der Frage nachgegangen, warum die Savedroid-Token auch dreieinhalb Monate nach dem Abschluss des ICOs noch an keiner Börse gehandelt werden – und warum das ganze Procedere so lange dauert. Am Montag hatten wir Savedroid hierzu Fragen geschickt mit der Bitte, diese bis Mittwoch zu beantworten. Dem war das Franfurter Fintech trotz mehrmaligem Nachsuchens, Telefonaten und Mailwechsel nicht nachgekommen.

Nachdem wir unsere Analyse am Donnerstag veröffentlichten, hat Savedroid-Chef Yassin Hankir nun aber doch ausführlich Stellung genommen. Zusammengefasst betont er noch einmal, dass es tatsächlich 35.000 Käufer seien, die die Savedroid-Token gezeichnet haben. Die großen Verzögerungen erklärt er unter anderem damit, dass bei Token, die mit Kreditkarte bezahlt wurden, eine 180-tägige Zuteilungs-Sperrfrist bestehe. Zudem habe es „massive Probleme“ mit einem „externen KYC-Dienstleister“ gegeben. Daher habe man letztlich die KYCs („Know your Customer“) der 35.000 Token-Käufern händisch nacharbeiten müssen.

Hier die Fragen und Antworten im Überblick:

Finanz-Szene.de: Es heißt immer, es hätten sich rund 35.000 Anleger am ICO beteiligt, es seien 6 Mrd. Token verkauft und bis zu 40 Mio. Euro eingenommen worden. Stimmen diese Zahlen – und wenn nein, welches sind die richtigen Zahlen?

Yankir: Im Rahmen unseres ICOs standen maximal 6 Mrd. Token zum Verkauf, davon wurden letztlich rund 4,2 Mrd. Token an mehr als 35.000 Käufer verkauft. Alle nicht verkauften Token werden verbrannt.

Finanz-Szene.de: Laut Whitepaper wurden 40% der Token anderweitig zugeteilt. Reden wir also insgesamt von 10 Mrd. Token?

Yankir: Savedroid hält zunächst 40% aller geschaffenen und nicht verbrannten Token selbst. Diese 40% verteilen sich auf unterschiedliche Verwendungszwecke und unterliegen größtenteils einer Vesting-Periode von 20 Quartalen, siehe Whitepaper. Damit liegt die Gesamtzahl aller Token bei rund 7 Mrd.

Finanz-Szene.de: Sehen wir es richtig, dass die Token noch immer an keiner Börse gehandelt werden?

Yankir: Ja.

Finanz-Szene.de: Wir haben versucht, auf Etherscan die Umsetzung des ICOs nachzuvollziehen, und kommen per 19. Juni zu folgenden Ergebnissen:

  • Per 19. Juni hatten ca. 22.800 Anleger (von insgesamt, siehe oben, 35.000) ihre Token erhalten
  • Insgesamt waren exakt 3.207 Mio. Token ausgegeben. Aber: Von diesen 3.207 Mio. Token entfielen 2.150 Mio. Token (also gut zwei Drittel) auf nur 19 Adressen. Bei diesen 19 Adressen ist die Verteilung wie folgt:
  • 3 Adressen bekamen je 500 Mio. Token
  • 12 Adressen bekamen je 50 Mio. Token
  • 4 Adressen bekamen zwischen 16 Mio. und 19 Mio. Token

Ist das soweit korrekt?

Yankir: Nein, das ist so nicht korrekt. Etherscan zeigt nur den Teil der Token, die bis heute auch tatsächlich an Käufer zugeteilt wurden. Darin sind folgende Token nicht enthalten: a) Alle Token, die mit Kreditkarte bezahlt wurden, da diese einer Zuteilungssperrfrist von 180 Tagen unterliegen, b) alle Token, deren Käufer sich bewusst dafür entschieden haben ihre Token zunächst auf der savedroid Wallet zu verwahren, c) die 40% der Token, die savedroid zunächst selbst hält.

Finanz-Szene.de: Wir fragen uns: Wer sind diese 19 Adressen? (BTW: Hinter den „Adressen“ müssen sich nicht zwingend einzelne „Anleger“ verbergen, oder). Hieß es im Whitepaper nicht, dass kein Anleger mehr als 10 Mio. Token erhalten sollte? Wer von den 19 Adressen hat für die Token bezahlt? Oder entsprechen diese 2.150 Mio. Token jenen 40% der Token-Bezieher, denen die Token unentgeltlich überlassen werden sollten?

Yankir: Ein Limit von 10 Mio. Token, sprich 100 Tsd. Euro, gab es nur im Rahmen des Crowd-Sale via unserer Webseite. Wir haben dieses Limit aus Sicherheitsgründen gesetzt, um Betrugsversuche zu verhindern. Im Private-Sale, der bilateral zwischen großen Käufern und Savedroid abgewickelt wurde, gab es hingegen keine Limits. Bei diesen Token handelt es sich daher nicht um die 40%, die Savedroid zunächst selbst hält, sondern um die Token großer Private-Sale-Käufer.

Finanz-Szene.de: Wenn man von den bislang insgesamt ausgegebenen 3,2 Mrd. Token die besagten 2,2 Mrd. Token abzieht, dann bleiben gut 1 Mrd. Token, für die Savedroid auch Geld bekommen hat. Dies wären dann per 19. Juni 10 Mio. Euro gewesen. Ein Betrag in gleicher Höhe wird laut Angaben des den ICO begleitenden Bonner Rechtsanwalts Axel Hellinger von der Bank Fick in Lichtenstein und von ihm selbst treuhänderisch verwahrt. Dann müssten aber noch für 30 Mio. Euro Token auf Anleger verteilt werden, wenn es denn die 40 Mio. werden sollen, oder?

Yankir: Nein, das ist so nicht korrekt. Alle Einnahmen aus dem Private-Sale sowie alle Einnahmen der von uns akzeptierten 55+ Alt-Coins liegen an anderen Stellen. Zudem sind bei Crypto-Währungen immer die Wertschwankungen zu beachten, daher ist der Euro-Betrag ohnehin immer eine Zeitpunktbetrachtung.

Finanz-Szene.de: In den letzten vier Wochen bis zum 19. Juni wurden an 883 Anleger für 425.000 Euro Token verteilt. Davon in den letzten zwei Wochen 70.000 Euro an 161 Anleger. Wenn Savedroid in diesem Tempo weitermacht, dann wird es theoretisch noch 75 Monate dauern, bis alle Anleger bedient sind. Das ist doch so, oder? (auch wenn das vielleicht ein bisschen provokativ gerechnet ist)

Yankir: Die Zahlen der vergangenen 4 Wochen sind korrekt. Allerdings haben wir alle anderen Token, die zugeteilt werden konnten, bereits vorher an die betreffenden Käufer zugeteilt. D.h. die Zuteilung der Token ist für alle Käufer mit vollständigem KYC, die nicht mit Kreditkarte bezahlt und eine Wallet-Adresse zur Zuteilung angegeben haben bereits komplett abgeschlossen. Nur zur Klarstellung und wie bereits oben beschrieben: In der Token-Zuteilung sind folgende Token nicht enthalten: a) Alle Token, die mit Kreditkarte bezahlt wurden, da diese einer Zuteilungssperrfrist von 180 Tagen unterliegen, b) alle Token, deren Käufer sich bewusst dafür entschieden haben ihre Token zunächst auf der savedroid Wallet zu verwahren, c) die 40% der Token, die savedroid zunächst selbst hält.

Finanz-Szene.de: Und das führt dann zu der Kernfrage, die wir uns stellen: Warum dauert das alles so lange?

Yankir: Hier sind vier Faktoren zu beachten: 1) Im Rahmen unseres ICOs haben wir im Vergleich zu anderen ICOs sehr viele unterschiedliche Zahlungsmethoden akzeptiert. Dies waren BTC, ETH, mehr als 55 verschiedene Alt-Coins, Banküberweisung, SOFORT-Überweisung und Kreditkarte. Die Akzeptanz vieler verschiedener Zahlungsmethoden erhöht die Komplexität der Abwicklung drastisch. 2) Wir hatten massive Probleme mit unserem externen KYC-Dienstleister. Daher musste unser Team letztlich die KYCs von allen mehr als 35.000 Token-Käufern händisch nacharbeiten. 3) Wir haben parallel an unserer Krypto-Beta gearbeitet, die bereits diesen Freitag live gehen wird. Ein neues Produkt in so kurzer Zeit zu bauen, ist eine Herausforderung. Dieser schnelle Go-live ist uns aber sehr wichtig, da das Produkt für alle Token-Käufer den größten Mehrwert schafft. 4) Wir sind ein Startup mit rund 15 Mitarbeitern, das Team arbeitet mit höchster Motivation und größter Ausdauer bis spät in die Nach und auch am Wochenende und ich bin sehr stolz auf unser Team.

Finanz-Szene.de: Und der letzte Punkt: Wir haben eine Stichprobe von 14.000 der insgesamt 22.800 Adressen ausgewertet – und kommt zu dem Ergebnis, dass rund 8.500 Anleger lediglich den Mindestbetrag von 1 € investiert haben. Das sind satte 37% aller Anleger. Von den 883 in den letzten vier Wochen versorgten Anlegern erhielten sogar 561 Anleger nur den Mindestbetrag. Was hat es damit auf sich? Das sind doch vermutlich auch Give-aways, oder?

Yankir: Der Mindestkaufbetrag lag bei 10 Euro. Alle Unterstützer unserer Telegram-Community haben im Rahmen unseres Bounty-Programms jeweils 1 Euro bzw. 100 Token als Dankeschön erhalten.

Finanz-Szene.de. Allerletzte Frage: Kann man sagen, wie viele der rund 35.000 Anleger denn jetzt schon ihre Token erhalten haben?

Yankir: Alle Käufer mit vollständigem KYC, die nicht mit Kreditkarte bezahlt und eine Wallet-Adresse zur Zuteilung angegeben haben, haben alle ihre Token bereits erhalten (siehe dazu auch oben).

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