von Christian Kirchner, 6. September 2023
In den letzten Jahren haben die großen Konsumfinanzierer hierzulande eigentlich nur zwei Dinge gemacht: 1.) Kredite vergeben und/oder Charge-Karten verteilt. 2.) Krasse Renditen eingefahren. Nun jedoch – kommt erstaunlich viel Bewegung in den eben noch in sich selbst ruhenden Markt: Die Hamburger Barclays wird zum Verkauf gestellt. Bei der Mönchengladbacher Santander bricht (mit einem Verweis auf die gesetzliche Deckelung der Restschuld-Versicherung) das Ergebnis ein. Und die Düsseldorfer Targobank bereitet den Launch eines neuen Brokerage-Angebots vor.
Dazu passt, dass nun der nächste große Konsumfinanzierer hierzulande am Geschäftsmodell dreht – nämlich die Hanseatic Bank.
Laut Recherchen von Finanz-Szene will sich die Hamburger Spezialbank künftig sehr viel stärker als bislang aufs Einlagengeschäft fokussieren – zunächst zu Lasten des Kreditkartengeschäfts. Erste Hinweise auf den Strategieschwenk fanden sich bereits im vor wenigen Wochen veröffentlichten 2022er-Geschäftsbericht, wo von „strategisch neuen Schwerpunkten“ und in diesem Zusammenhang von einer „stärkeren Refinanzierung“ über Einlagen die Rede war. Wie ernst es dem Joint-Venture von Société Générale (75%) und Otto-Konzern (25%) damit ist, zeigte sich dieser Tage in einer Information, die Affiliate-Partner der Bank erhielten – also Betreiber von Internetseiten, die ihr Geld damit verdienen, dass sie Nutzerinnen und Nutzer über Empfehlungs-Links zu Kredit- und Einlagenangeboten weiterleiten.
Aus den Informationen geht nämlich hervor, dass die Hanseatic Bank die Gratifikation für den Abschluss eines Kreditkartenvertrags komplett eingestellt hat. Plus: Einstweilen werden auch keine Neuanträge auf Affiliate-Partnerschaften mehr bearbeitet. „Hintergrund dieser Maßnahme ist eine neue strategische Ausrichtung der Hanseatic Bank mit Fokussierung auf die Vermarktung von Sparprodukten“, heißt es in dem Schreiben.
Mit anderen Worten: Die Hanseatic (zuletzt mit einer EK-Rendite von 23% und einer Cost-Income-Ratio von 37% unterwegs) will jetzt also über die Affiliate-Schiene keine Kreditkartenkunden mehr anlocken. Sondern Einleger. Ein bemerkenswerter Schwenk zumindest in der Neukunden-Strategie. Schließlich lag der Fokus des Instituts bis dato erklärtermaßen auf …
… aber eher nicht: auf Depositen. Die lagen per Ende 2022 bei ziemlich exakt 2 Mrd. Euro (ungefähr genauso viel wie auch schon fünf Jahre vorher) und refinanzierten gerade mal knapp die Hälfte des Kreditbuchs im Umfang von gut 4 Mrd. Euro.
Nun mag nachvollziehbar sein, warum die Hanseatic Bank in Zeiten steigender Zinsen wieder stärker auf Einlagen setzt. Doch warum strategisch zulasten des Kartengeschäfts? Schließlich galt dieses ja jahrelang als hochlukrativ (siehe unter anderem –> 24% effektiver Jahreszins – wie Advanzia, Hanseatic & Co. ihr Geschäft betreiben). Ein Grund könnte der steigende Wettbewerbsdruck sein. So heißt es im 2022er-Geschäftsbericht: Die „Intensivierung der Vertriebsaktivitäten insbesondere im Kreditkartengeschäft“ habe zu einem „ungeplant höheren Verwaltungs- und Provisionsaufwand“ geführt. So sei der „Provisionsaufwand für die Kreditvermittlung“ von 25 Mio. auf 39 Mio. Euro gestiegen. Auch ein weiterer Grund erschiene zumindest naheliegend: Seit rund einem Jahr gilt der sogenannte Provisionsdeckel in der Restschuld-Versicherung (siehe alle Hintergründe in unserem „Deep Dive“ zum Thema) – dadurch dürften die Margen im Geschäft mit Kreditkartenschulden tendenziell zurückgehen.
Hierzu allerdings betont die Hanseatic Bank, ihr Strategieschwenk stehe „nicht im Zusammenhang mit dem Provisionsdeckel für Restschuld-Versicherungen, sondern beruht auf einer stärkeren Fokussierung auf die Vermarktung unserer Sparprodukte“. Wie es in der Stellungnahme des Instituts gegenüber Finanz-Szene weiter heißt, wird die Vermarktung der Kreditkartenprodukte über Affiliate-Netzwerke „voraussichtlich bis Jahresende pausiert“; über andere Vertriebskanäle laufe die Vermarktung indes weiter. Das Geschäft mit Sparprodukten baue man derweil aus, „nachdem wir die notwendigen Kapazitäten in der operativen Abwicklung wie auch die technischen Voraussetzungen für einen digitalen End-to-End-Antragsprozess für Sparprodukte geschaffen haben.“
Wie viel Geld die Hanseatic Bank zuletzt mit dem Vertrieb von Restschuld-Versicherungen verdient hat, ist unklar. Dem jüngsten Geschäftsbericht lässt sich lediglich entnehmen, dass sich die Provisionserträge aus dem gesamten Versicherungsgeschäft im letzten Jahr auf rund 14 Mio. Euro summiert haben.
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