Deep Dive

Metzler: Sieben fette Jahre, sieben dürre Jahre – und zwei Keller voller Kapital

Wäre Finanz-Szene kein Newsletter, sondern ein Bilderbuch, dann würden wir das Bankhaus Metzler wie folgt zeichnen: Oben das typische Symbol eines Geldinstituts (drei Stufen, vier Säulen, ein Dach). Darunter ein riesiger Keller. Und in dem Keller – ganz, ganz, ganz viele kleine Goldbarren, auf denen in feinster Gravurschrift „Kernkapital“ stünde. Denn genau das ist ja das Bild, das man sich vom Bankhaus Metzler macht: Die ehrenwerten Frankfurter Privatbankiers, die sich von ihrem rechtschaffen verdienten Geld, im Gegensatz beispielsweise zu den dauerausschüttenden Prassbrüdern von Berenberg, jedes Jahr nur ein ganz, ganz, ganz dünnes Scheibchen Dividende abschneiden, weil der Rest, und das seit nunmehr 350 Jahren, jawohl – in den Keller gehört!

Was an diesem Bild nun richtig ist: Ja, den Keller gibt es! Und ja, er ist zum Bersten voll! 284 Mio. Euro hartes Kernkapital*, die CET1-Quote bei 27%, gemessen an einer regulatorischen Anforderung ans Gesamtkapital von 10%. Der Keller also grob dreimal so voll, wie er es sein müsste, eigentlich ein einziger Frevel (nicht wahr, lieber Herr Riehmer?). Weil die Welt der Metzlers nun aber mal so ist, wie sie ist, hat Herr Wiesheu, also der Chef von Metzler, bei der Bilanz-PK letztes Jahr erzählt, dass man auch 2023 wieder stolze 20 Mio. Euro in den Keller gekarrt habe.

Und damit nun zu einer Frage, der wir eigentlich schon seit Monaten nachgehen wollten und wofür wir jetzt (dank unserer Erscheinungspause zwischen den Jahren) auch endlich die Zeit gefunden haben: Wo kommen diese 20 Mio. Euro eigentlich her??? Logischerweise: Aus dem Haus mit den drei Stufen, den vier Säulen und dem Dach. Oder etwa nicht? Mmmhhh!

Lesen Sie heute unsere Tiefen-Analyse der Metzler-Geschäftsberichte der letzten anderthalb Dekaden. Nicht in Bildern. Sondern in Zahlen.

Bitte sehr:

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1.) Metzlers sieben fette Jahre

Metzlers fette Jahre waren die Geschäftsjahre 2010-2016 – also die erste Hälfte der von uns untersuchten Zeitspanne …

in Mio. Euro2010201120122013201420152016
Zinsergebnis21212220181617
Provisionsergebnis132145134140150183176
Handelsergebnis2131111
Sonstiges Ergebnis-5-4-96-4-60
Aufwand-126-130-135-139-154-154-160
Afa-6-6-4-5-7-6-7
Ergebnis vor Bewertung1827112343427

… In jener Periode gelang es der Bank, die umständehalber leicht schrumpfenden Zinsergebnisse durch ein deutlich und teilweise sogar dramatisch steigendes Provisionsgeschäft überzukompensieren. Besonders augenfällig ist der steile Anstieg des Provisionsüberschusses im Jahr 2015. Damals befand sich Metzler auf Expansionskurs, so fällt unter anderem die Gründung des neuen Geschäftsfelds „Capital Markets“ (hervorgegangen aus der Zusammenlegung von „Equities“ und „Financial Markets“) in jene Zeit.

Zwar zog in Metzlers sieben fetten Jahren auch der Aufwand an – aber nicht so, dass die Ertragssteigerungen dies nicht gerechtfertigt hätten. Die Folge: Abgesehen vom Geschäftsjahr 2014 (als sich Investitionen unter anderem in neue Mitarbeiter bereits in den Kosten, aber noch nicht vollumfänglich in den Erträgen spiegelten), erwirtschaftete Metzler in der Periode 2009-2016 ein „Ergebnis vor Bewertung“ in stets zweistelliger Millionenhöhe. Alles in allem summierten sich die Ergebnisse jener Jahre auf überaus auskömmliche 144 Mio. Euro – und das mit einem allem Anschein nach stockkonservativen Geschäftsmodell und ohne irgendwelche Sondereffekte (man achte auf das Handelsergebnis und das sonstige Ergebnis, die beide keinerlei größeren Auffälligkeiten zeigen).

Ein Spiegel dieser überragenden operativen Perfomance: Die „Total Assets“, also die Kundengelder, schossen in jenen Jahren von 41 Mrd. auf 74 Mrd. Euro in die Höhe …


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2.) Kapitalbildung in den fetten Jahren

In den fetten Jahren, so scheint es, war das Bankhaus Metzler vom Schicksal regelrecht geküsst – auch in nicht-operativer Hinsicht. So brauchte das Institut von 2011 bis 2014 trotz der durchweg üppigen Gewinne nicht einen Euro an Steuern auf Einkommen und Erträge zu zahlen, wie unsere Bilanzauswertungen zeigen. Im Gegenteil: Metzler flossen in den vier genannten Jahren (also 2011-2014) saldiert sogar 15 Mio. Euro vom Fiskus zu, ein Umstand, den die Abschlüsse mit einem "erfolgreichen Einspruchsverfahren für das Jahr 2001" begründen (keine Ahnung, was damals war).

Da das Bankhaus Metzler auch in den fetten Jahren nie mehr als die auch heute noch üblichen gut 2 Mio. Euro p.a. jährlich an die Metzler-Familie ausschüttete, ergab sich eine Konstellation, in der zwar jahrelang wahnsinnig viel Geld in die Bank hineinfloss – aber kaum mal welches hinaus, weder an die Familien noch an den Fiskus (sieht man mal ab von den in den Geschäftsjahren 2010, 2015 und 2016 gezahlten Steuern, die aber alles in allem nur um 10 Mio. Euro über das hinausgingen, was Metzler von 2011-2014 saldiert vom Fiskus kassiert hatte).

Entsprechend standen der Bank erhebliche Mittel zur Kapitalbildung, also zum Auffüllen des Kellers, zur Verfügung – was sich entsprechend in der Entwicklung der Eigenkapitals zeigt, das in den fetten Jahren um mehr als 100 Mio. Euro anwuchs (wir vermuten, dass sich die starke operative Entwicklung bis 2016 auch noch in der Kapitalbildung des Geschäftsjahres 2017 niederschlägt und haben unseren Betrachtungszeitraum deshalb an dieser Stelle um ein Jahr verlängert).


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3.) Metzlers sieben dürre Jahre

Überträgt man die obige Betrachtung auf die Periode 2017-2023, dann zeigt sich, dass das Ergebnisniveau in den letzten Jahren erheblich gelitten hat. Summierten sich das Ergebnis vor Bewertung in den Jahren 2010-2016 noch (siehe oben) auf 144 Mio. Euro, so waren es in den sieben Jahren seither nur noch kumuliert 44 Mio. Euro, also nicht mal mehr ein Drittel ...

in Mio. Euro2017201820192020202120222023
Zinsergebnis857991523
Provisionsergebnis193196191187193194180
Handelsergebnis0001001
Sonstiges Ergebnis-7-8-6-10-3-6-4
Aufwand-175-180-182-177-182-191-188
Afa-8-8-8-7-7-6-5
Ergebnis vor Bewertung115231067

... Nun mag man argumentieren, dass eine extrem langfristig orientierte, im Familienbesitz befindliche Bank nicht zwingend auf Ergebnisoptimierung angewiesen ist – zumal, so jedenfalls lesen sich die Bilanzen, das Bankhaus Metzler weiterhin konservativ unterwegs ist, also nicht, wie manche Wettbewerber, der Versuchung erliegt, die Erträge künstlich aufzublähen. Andererseits: Eine wirkliche Verzinsung des eingesetzten (und, siehe oben, sehr üppigen) Eigenkapitals hat Metzler in den letzten Jahren nicht mehr zustande gebracht. Und ebenfalls zur Wahrheit gehört: Die beiden jüngsten öffentlich nachvollziehbaren Geschäftsjahre, also 2022 und 2023, wurden wesentlich von der Zinswende gerettet (von der das Traditionshaus zugleich viel weniger stark profitiert als beispielsweise Hauck oder Berenberg, siehe unsere entsprechende Analyse kürzlich).

Provokativ gesagt: Mit dem Zinsergebnis von 2021 hätte Metzler im Geschäftsjahr 2023 theoretisch einen Verlust erlitten.

Was das provisionstragende Geschäft angeht, scheinen die beiden wichtigsten KPIs, nämlich der Provisionsüberschuss und die "Total Assets", ihren Peak einstweilen überschritten zu haben. Das Provisionsergebnis erreichte seinen vorläufigen Höhepunkt im Jahr 2018 und blieb 2023 Jahr um 8% hinter dem damaligem Wert zurück; den bislang höchsten "Total Assets"-Wert wiederum spuckt der 2019er-Geschäftsbericht mit 86 Mrd. Euro aus – hier ging es seitdem sogar um 19% (!) runter.

Wie die Zinswende die Welt der klassischen Privatbanken umwälzt (Teil #1)

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4.) Kapitalbildung in den dürren Jahren

Gewinn hat Metzler in den letzten Jahren zwar nur noch wenig gemacht – das Gold im Keller allerdings wird trotzdem immer mehr. Zwar nicht in Form von Eigenkapital im engeren bilanziellen Sinne (dieser Wert pendelt seit 2017 um die 200 Mio. Euro). Wohl aber in Form sogenannter Rücklagen im Fonds für allgemeine Bankrisiken, auch 340g-Reserven genannt. Auch bei diesen Rücklagen handelt es sich um Eigenkapital, sogar um hartes Kernkapital. Echte Goldbarren also.

Allein in den vier Jahren bis 2023 hat das Bankhaus Metzler seine 340g-Reserven gleich dreimal gefüllt, nämlich 2020 mit zunächst 20 Mio. Euro, 2022 dann mit weiteren 10 Mio. Euro und im letzten Jahr schließlich – wie oben schon erwähnt – nochmals mit 20 Mio. Euro. Macht 50 Mio. Euro in vier Jahren.

Das heißt (siehe die Tabelle weiter oben unter "Punkt 3"): Die Ergebnisse vor Bewertung kumulieren sich für die Geschäftsjahre 2020 bis 2023 gerade mal auf 26 Mio. Euro – im gleichen Zeitraum hat Metzler aber 50 Mio. Euro an Reserven gebildet. Wie ist das möglich?

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5.) Ein 33 Mio. Euro schweres Rätsel

Unter "Punkt 3" haben wir abgebildet, was in der Metzler-GuV bis zum Ergebnis vor Bewertung passiert – jetzt schauen wir, was ab dem Ergebnis vor Bewertung passiert.

Nämlich, bezogen auf 2020-2023, das hier:

2020202120222023
Ergebnis vor Bewertung31067
Bewertungsergebnis3-15-1-4
Beteiligungsergebnis0900
Ergebnis nach Bewertung6553
Außerordentl. Ergebnis000
Steuern-3-3-2-1
Jahresüberschuss2222
Ausschüttung-2-2-2-2

Zur Erläuterung: Metzler weist die Einstellungen in den Fonds für allgemeine Bankrisiken zwar unter den "Passiva" in der Bilanz aus, nicht aber explizit in der GuV. Dort werden die 340g-Reserven stattdessen im Bewertungsergebnis subsumiert – eine Bilanzposition, die darüber hinaus auch die Kreditrisikovorsorge und das Ergebnis der Eigenanlagen (bzw. der "Wertpapierbestände der Liquiditätsreserve") enthält. Das heißt: Exemplarisch bezogen auf das Geschäftsjahr 2021 sieht man zwar, dass das Bewertungsergebnis in jenem Jahr minus 15 Mio. Euro betrug. Man sieht aber nicht, was davon "340g" ist und was davon beispielsweise Kreditrisikovorsorge.

Was nun auffällt, Vorsicht, jetzt wird's für einen Moment kompliziert:

Obwohl Metzler von 2020-2023 wie gesagt kumuliert 50 Mio. Euro an 340g-Reserven gebildet hat, das "340g-Ergebnis" (wenn es diesen Begriff denn gibt) also gewissermaßen minus 50 Mio. Euro betrug (diese Berechnung, wie gesagt, ergibt sich aus der Passivseite der Bilanz), lag das Bewertungsergebnis insgesamt im gleichen Zeitraum bei kumuliert lediglich minus 17 Mio. Euro. Sprich – das "übrige Bewertungsergebnis" (also das Bewertungsergebnis bereinigt um die gebildeten 340g-Rückstellungen) muss bei kumuliert plus 33 Mio. Euro gelegen haben.

Um die eingangs gewählte Metapher noch einmal zu bemühen:

  • Es sind 50 Mio. Euro aus der GuV (also aus dem Haus mit den drei Säulen) in die Reserven (also in den Keller) geflossen
  • Zugleich sind in die GuV allerdings 33 Mio. Euro sozusagen "eingeflossen", ohne dass klar wäre, was für 33 Mio. Euro das eigentlich sind bzw. woher sie kommen

Das erstaunt!

Und es ist ein Rätsel, das sich so leicht nicht lösen lässt. Denn:

  • Es kann natürlich sein, dass Metzler in den vergangenen Jahren großvolumig Kreditrisikovorsorge aufgelöst hat – da Metzler aber nicht viel Kreditgeschäft betreibt (per Ende 2022 standen in der Metzler-Bilanz gerade mal Kundenforderungen in Höhe von 249 Mio. Euro), würde einen das wundern.
  • Eine andere Idee wäre, dass erhebliche Gewinne mit den Eigenanlagen erzielt worden sind. Allerdings war auch der eigene Wertpapierbestand per Ende 2022 mit 595 Mio. Euro eher überschaubar (gemessen an einer wesentlich aus einer "Treuhandposition" bestehenden Bilanzsumme von 5,3 Mrd. Euro). Denkbar, dass es so war. Aber keinesfalls zwingend.

Aber was dann?

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6.) Metzlers zweiter (und dritter) Keller

Tatsächlich gibt es noch eine andere mögliche Erklärung, woher die 33 Mio. Euro stammen könnten. Denn: Das Bewertungsergebnis enthält neben den drei schon genannten Positionen, also neben ...

  • gebildeter/aufgelöster Kreditrisikovorsorge
  • Ergebnis aus Eigenanlagen
  • und gebildeter/aufgelöster 340g-Reserve

... noch eine vierte Position, und zwar die Veränderung der 340f-Reserve. Diese unterscheidet sich von der 340g-Reserve vor alle durch zwei abweichende Charakteristika:

  1. Die 340f-Reserven brauchen nicht offen ausgewiesen zu werden (also auch nicht in der Bilanz), es handelt sich also um stille Reserven
  2. Die 340f-Reserven werden nicht ins Eigenkapital bzw. auch nicht ins harte Kernkapital eingerechnet

Tatsächlich scheinen stille Reserven beim Bankhaus Metzler eine überragende Rolle zu spielen. So zeigen Formulierungen in den Konzernabschlüssen von 2010-2016, ...

2010"Der Saldo der Risikovorsorge umfasst […] eine Zuführung zu den Reserven nach § 340f HGB."
2011"Der Saldo der Risikovorsorge umfasst […] eine Zuführung zu den Reserven nach § 340f HGB."
2012"Der Saldo der Risikovorsorge umfasst […] eine Zuführung zu den Reserven nach § 340f HGB."
2013"Der Saldo der Risikovorsorge umfasst […] eine Zuführung zu den Reserven nach § 340f HGB."
2014"Der Saldo der Risikovorsorge umfasst […] eine Zuführung zu den Reserven nach § 340f HGB."
2015"Der Saldo der Risikovorsorge umfasst […] eine Zuführung zu den Reserven nach § 340f HGB."
2016"Der Saldo der Risikovorsorge umfasst […] eine Zuführung zu den Reserven nach § 340f HGB."

..., dass der 340f-Reserve in jedem einzelnen der sieben fetten Jahre frische Mittel zugeführt wurden.

Dazu muss man nun klarstellen: Diese Mittel fließen nicht ins ausgewiesene Eigenkapital bzw. auch nicht ins harte Kernkapital), also nicht in die eingangs erwähnten 284 Mio. Euro. Das heißt: Obwohl das Bankhaus Metzler, siehe "Punkt 4", sein Eigenkapital von 2010-2017 um mehr als 100 Mio. Euro aufstockte, war zumindest von 2010-2016 obendrein genügend Firepower vorhanden, obendrein sogar noch weitere Reserven zu bilden, nämlich 340f-Reserven.

Sprich: Metzler hat also nicht nur einen Keller, also jenen Keller, in dem – metaphorisch gesprochen – derart viele Goldbarren liegen, dass die CET1-Quote bei herausragend üppigen 27% liegt. Sondern, daneben muss es einen weiteren Keller geben, in dem noch ganz, ganz viele weitere Goldbarren liegen. Wie groß dieser zweite Keller ist, lässt sich von außen nicht ermessen. Ganz klein aber scheint auch er nicht zu sein. Der jüngste Geschäftsbericht spricht von "erheblichen stillen versteuerten Vorsorgereserven nach § 340f HGB", auf deren Zurechnung zum aufsichtsrechtlichen Eigenkapital "weiterhin vollständig verzichtet" werde.

[Exkurs: Nimmt man es ganz genau, dann scheint Metzler sogar noch über einen dritten Keller zur verfügen. Von Reserven gemäß "§ 26a KWG a.F." (das "a.F." steht für "alte Fassung") ist im Geschäftsbericht nämlich auch noch die Rede.]

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7.) Hat der zweite Keller etwas mit den 33 Mio. Euro zu tun?

Frage: Handelt es sich bei den unter "Punkt 5" aufgespürten 33 Mio. Euro zumindest partiell um 340f-Reserven, die aufgelöst wurden, um sie (nachdem man sie einmal durch die GuV laufen ließ) sodann in die 340g-Reserven einzustellen? Wurden also Goldbarren aus dem einen Keller hoch in das Säulenhaus und von dort dann runter in den anderen Keller gekarrt? Ehrenrührig, das sei klargestellt, wäre das nicht. Aber: Es wäre interessant zu wissen!

Wir haben das Bankhaus Metzler darum (siehe Punkt 9) mit dieser Hypothese konfrontiert. Inhaltlich auf unsere Fragen eingehen wollte man allerdings nicht.

Was so oder so auffällt: Während in den sieben fetten Jahren (also von 2010 bis 2016) stets von einer "Zuführung" zu den Reserven nach §340f HGB die Rede war, ist das Wording in den sieben dürren Jahren ein anderes. Lediglich von "Dotierungen" bzw. "Veränderungen" liest man nun ...

2017"Der Saldo der Risikovorsorge umfasst […] Dotierungen der versteuerten Reserven nach § 340f HGB."
2018"Der Saldo der Risikovorsorge umfasst […] Dotierungen der versteuerten Reserven nach § 340f HGB."
2019"Der Saldo der Risikovorsorge umfasst […] Dotierungen der versteuerten Reserven nach § 340f HGB."
2020"Der Saldo der Risikovorsorge umfasst […] "Veränderungen der versteuerten Reserven nach §§ 340f und 340g HGB."
2021"Im Saldo der Risikovorsorge sind […] Veränderungen der versteuerten Reserven nach §§ 340f und 340g HGB auszuweisen"
2022"Im Saldo der Risikovorsorge sind […] Veränderungen der versteuerten Reserven nach §§ 340f und 340g HGB auszuweisen"
2023"Im Saldo der Risikovorsorge sind […] Veränderungen der versteuerten Reserven nach §§ 340f und 340g HGB auszuweisen"

... Unser Eindruck: Reingepackt wurde in den letzten Jahren nichts mehr in den zweiten Keller. Ob "Veränderung" bedeutet, dass stattdessen Kapital entnommen wurde – diese Frage muss offen bleiben.

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8.) Fazit

Jedes Jahr nur ein ganz, ganz, ganz dünnes Scheibchen – so hält es Metzler mit der Dividende. Doch während diese Dividendenpolitik in den fetten Jahren einer bemerkenswerten Selbstbescheidung (siehe Punkt 1) geschuldet war, scheinen die sieben dürren Jahre (siehe Punkt 3) so viel mehr gar nicht hergegeben zu haben. Wie es Metzler dann allein im vergangenen Jahr möglich war, weitere 20 Mio. Euro an Reserven zu bilden, das bleibt ein Rätsel. Im engeren Sinne operativ erwirtschaftet wurde dieses Geld jedenfalls nicht. Es stammt entweder aus aufgelöster Risikovorsorge oder Wertzuwächse bei den Eigeneinlagen – oder eben aus dem zweiten Keller.

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9.) Unser Dialog mit dem Bankhaus Metzler

Wir haben das Bankhaus Metzler wie folgt mit unserer Recherche konfrontiert:

  • In Ihrer Bilanz stehen per Ende 2023 jetzt 100 Mio. Euro "Fonds für allg. Bankrisiken" (=340g)
  • Verglichen mit 2019 ist das ein Zuwachs von 50 Mio. Euro
  • Diese 50 Mio. Euro müssen sich per Definition auch in der GuV widerspiegeln
  • Nämlich in ihren Bilanzpositionen 13+14, also zusammengefasst im Bewertungsergebnis bzw. in dem, was Sie in den Jahresberichten auf der Website "Risikovorsorge im Kreditgeschäft und Bewertungsergebnis aus bestimmte Wertpapieren" nennen
  • In dieser Position steht für 2019-2023 in Summe ein Wert von -14 Mio. Euro. Wenn der Teilbereich "Einstellungen in den Fonds für allgemeine Bankrisiken" also von 2019-2023 bei -50 Mio. Euro liegt, dann müssen die übrigen Teilbereiche dieser Position für 2019-2023 bei +36 Mio. Euro rauskommen**
  • Diese 36 Mio. Euro müssen nun ja aber auch irgendwo herkommen. Für mich ist die einzige plausible Erklärung, dass wir es hier wesentlich mit der Auflösung stiller Reserven (also mutmaßlich 340f-Reserven) zu tun haben
  • Was jedenfalls m.M.n. feststeht: Aus den 2019-2023 operativ erwirtschafteten Gewinnen (operativ im Sinne des Ergebnis vor Risiko, Bewertung und Finanzanlagen) können die 50 Mio. Euro nicht stammen. Sie haben 28 Mio. Euro operativ erwirtschaftet, mussten aber 12 Mio. Euro Steuern zahlen und haben 10 Mio. Euro ausgeschüttet ... Das ist ja gerade mal ein Delta von 4 Mio. Euro ... Selbst wenn man das Ergebnis aus Finanzanlagen einbezöge, käme man ja nicht annähernd in Richtung der der 50 Mio. Euro, die in den "Fonds für allgemeine Bankrisiken" eingestellt wurden
  • Haben wir das so richtig nachvollzogen?

Das Bankhaus Metzler antwortete uns wie folgt:

"Vielen Dank nochmals für Ihre Nachfrage, die uns zeigt, dass Sie sich sehr intensiv mit unseren Geschäftszahlen auseinandergesetzt haben. Darüber hinaus nochmals die Erläuterung, dass der Saldo der Risikovorsorge (GuV-Positionen 13, 14) für einen Außenstehenden nicht zu analysieren ist. Wie bereits ausgeführt enthält dieser verschiedene Ergebniskomponenten und wurde seitens des Gesetzgebers bewusst als Saldo konzipiert, um Banken die Gelegenheit zu geben, stille Reserven zu legen, ohne dass dies für Dritte nachvollziehbar ist. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir nicht weiter ins Detail gehen."

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Anmerkungen:

  • *Die 284 Mio. Euro sind der im Offenlegungsbericht genannte Wert
  • **In unserer Anfrage bezogen wir uns auf den Zeitraum 2019-2023, im Text haben wir das Zeitfenster der Einfachheit halber auf 2020-2023 begrenzt; materiell macht das keinen Unterschied

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