von Juan Félix Manzano Vela*, 3. Februar 2025
Rückblickend war die Einführung von Apple Pay in Deutschland ein Meilenstein für den digitalen Zahlungsverkehr. Dabei verlief die Einführung zum Start im Dezember 2018 nicht ganz reibungslos. Es waren nur eine gute Handvoll Banken dabei, u.a. die Comdirect, Hanseatic, N26, Deutsche Bank, aber auch Fidor Bank und Wirecard. Wie bei allen Innovationen und Neueinführungen (in Deutschland) gab es viele Kritiker und Experten, die daran zweifelten, dass Apple Pay das mobile Bezahlen maßgeblich stärken oder die Vorliebe für Bargeld verändern würde. Inzwischen wissen wir alle, dass Apple Pay, getragen von der starken Entwicklung kontaktloser Zahlungen – auch durch die Corona-Pandemie – eine der beliebtesten digitalen Bezahlmethoden an deutschen Kassen ist.
Apple Pay hat die Art und Weise, wie Verbraucher in Deutschland bezahlen, grundlegend verändert. Dabei hat Apple, wie so oft, mit der Einfachheit der UX gepunktet. Während viele die Effizienz und Einfachheit der Lösung loben, gibt es auch kritische Stimmen, die den Einfluss auf Wettbewerb, Datenschutz und Innovation in Frage stellen. Besonders die neuesten Entwicklungen von „Tap to Pay“ und einer QR-Code-Lösung für den Einsatz im E- und M-Commerce außerhalb des Apple-Universums sowie die Kosten aus Sicht eines Issuers werfen neue Fragen auf.
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Mit Apple Pay am Point-of-Sale (POS) können Kunden seit Ende 2018 einfach und schnell mit ihrem iPhone oder ihrer Apple Watch bezahlen. Der Vorgang ist sehr simpel: iPhone nah an das Terminal halten, Fingerabdruck oder Gesichtserkennung zur Authentifizierung und die Zahlung wird mit einem “Ba-Bing” Ton abgeschlossen. Vielleicht erinnert sich der eine oder andere noch an die rührende “Ba-Bing” Kampagne, mit der die Deutsche Bank zum Start zeigen wollte, wie kinderleicht das Zahlen mit Apple Pay ist. Die Verbreitung dieser Technik wuchs seit Beginn stetig und mit Einführung von Apple Pay bei den Sparkassen im Dezember 2019 war dann auch eine hohe Marktdurchdringung erreicht. Dabei muss man bedenken, dass nur die Kreditkarten freigeschaltet wurden. Im Sommer 2020 folgten dann die Sparkassen-Girocards, die in der Apple Pay-Wallet hinterlegt und im stationären Handel über die NFC-Schnittstellen genutzt werden konnten. Ein Jahr später führten die Sparkassen die Möglichkeit von Girocard-Zahlungen im E- und M-Commerce über Apple Pay ein. Bis heute bleibt Apple Pay mit der Girocard für den E- und M-Commerce ein Angebot der Sparkassen. Zwar kündigten andere Banken und Kreditinstitute den Service immer wieder an, zuletzt die Commerzbank, es blieb aber nur bei diesen Ankündigungen. Entgegen den Sparkassen hat sich der andere große Bankensektor in Deutschland, die Volks- und Raiffeisenbanken, geschäftspolitisch ganz bewusst gegen die Einbindung der Girocard über Apple Pay entschieden und nur die Debit- und Kreditkartenbrands von Mastercard und Visa entsprechend ausgerüstet.
Dazu muss man wissen, dass die Kontaktlos-Zahlungen per iPhone über die NFC-Schnittstelle auf die Nutzung durch Apple Pay beschränkt waren und Dritten vorenthalten wurden. Apple hat damit praktisch keinen Wettbewerb zugelassen. Diese Beschränkung haben auch die Volks- und Raiffeisenbanken immer wieder moniert und auf die Öffnung dieser Schnittstelle gepocht. Vielleicht auch deswegen, weil Apple sich den Zugriff auf die Schnittstelle durch umsatzbasierte Transaktionsgebühren, die den kartenausgebenden Instituten in Rechnung gestellt werden, entlohnen lässt. Im Rahmen der Einführung des Digital Markets Act (DMA) verpflichtete die Europäische Kommission Apple dazu, die Nutzung der NFC-Schnittstelle Dritten nicht mehr vorzuenthalten. Apple hat nun mit den jüngsten Betriebssystem-Versionen in Europa, sowie in einigen außereuropäischen Ländern, den Zugang zum NFC-Chip gewährt. Die exklusive Nutzung des Secure Elements bleibt allerdings bestehen und betrifft insbesondere Use Cases im E- und M-Commerce sowie bei In-App-Zahlungen. Aber Apple ging noch weiter (oder wurde als Teil der Vereinbarung mit der EU-Kommission gezwungen) und gewährte den Zugriff von anderen Wallets auf „Double Tap“ und Face-ID auf dem iPhone. Des Weiteren kann der iPhone-Nutzer seine Standard-Wallet nun frei wählen, d. h. welche digitale Börse standardmäßig per „Double Tap“ aufgerufen wird.
Vor diesem Hintergrund scheinen die Volks- und Raiffeisenbanken das Bezahlen per iPhone über ihre eigene Banking-App ermöglichen zu wollen, ohne dass dafür Apple Pay nötig ist und entsprechende Gebühren anfallen. Ähnlich wie heute schon bei den Sparkassen über Apple Pay sollen dann die Kunden der VR-Banken ihre Girocard auf dem iPhone in der VR-Banking-App hinterlegen und damit am POS zahlen können. Nach Medienberichten hat der Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR) das Vorhaben bestätigt und einen Start für Mitte 2025 in Aussicht gestellt. Es wird spannend sein zu beobachten, ob die Genossenschaftsbanken den Brand und das Marketing von Apple mit eigenen Mitteln kompensieren können. Vergleicht man die Zahlen in den Banken in Bezug auf die Nutzung von Apple Pay ggü. anderen Wallets oder den eigenen Banken-Apps, so gibt es bisher einen sehr klaren Sieger …
Verschiedene Studien und repräsentative Umfragen zum Bezahlverhalten in Deutschland untermauern dieses Nutzungsverhalten der Verbraucher sowie die Anteile der Serviceanbieter. Gemäß der aktualisierten Studie der Postbank zur Digitalisierung sowie dem Bezahlverhalten in Deutschland zahlen über zwei Drittel „im Vorbeigehen“, also kontaktlos per Karte, Smartphone oder Wearable. Unter den Digital Natives liegt dieser Wert bereits bei über 80 Prozent und im Vergleich zum Vorjahr ist die Nutzung von Mobile Payment um drei Prozentpunkte auf 36 Prozent gestiegen. Bei den meistgenutzten Bezahl-Apps liegt Apple Pay mit 28 Prozent dabei an der Spitze und das entspricht fast dem doppelten Anteil der Hausbank-Apps mit lediglich 16 Prozent. Nach der von Mastercard bei GfK in Auftrag gegebenen repräsentativen Umfrage aus Ende 2022 gaben ebenfalls über 66 Prozent der Befragten an, dass sie kontaktlos per Karte, Smartphone oder Smartwatch zahlen. Die Umfragewerte sind also sehr ähnlich zu der o. g. Studie und reflektieren den hohen Anteil der Kontaktlos-Zahlungen sowie die Verwendung von Smartphones, insbesondere in der Gruppe der jungen Erwachsenen, Digital Natives und bei höheren Einkommensklassen. Zum Vergleich kann man auch den Kontaktlos-Anteil der Girocard aus 2023 mit knapp 84 Prozent über alle Formfaktoren hinweg heranziehen.
Apple hat also bisher den Wettlauf im Bereich Mobile Payment am POS gewonnen. Wird die Öffnung der Schnittstelle daran jetzt etwas Grundlegendes ändern oder sprechen wir weiter von einer Art Monopolstellung? Seit der Markteinführung von Apple Pay im Jahr 2014 in den USA feiert die Bezahllösung einen globalen Siegeszug. Die Lösung profitiert von einer großen Fangemeinde (nicht nur die Apple-Jünger), stetig wachsenden Transaktions- und Umsatzzahlen, vielen neu erschlossenen Märkten, funktionalen Weiterentwicklungen sowie einem starken Bindungseffekt für kartenausgebende Institute, welche als Partner mit Apple kooperieren und für ein stark skalierendes und hochprofitables Geschäftsmodell auf Basis von Transaktionsgebühren sorgen. Vor diesem Hintergrund ist es schwer vorstellbar, dass die Banken Apple Pay den Rücken kehren werden. Allerdings könnten die Kooperationspartner den Versuch wagen, die Konditionen nachzuverhandeln, weil die NFC-Schnittstelle nicht mehr exklusiv Apple Pay zusteht. Grundsätzlich ein richtiger und nachvollziehbarer Schritt, um die an Apple abzuführenden Gebühren zu reduzieren, inwiefern sich Apple allerdings darauf einlässt, darf bezweifelt werden, zumal Apple weiterhin als eine der wertvollsten Marken in der Welt gilt und dieses natürlich in die Waagschale werfen wird. Die Öffnung der Schnittstelle ermöglicht neben der Bezahlung im stationären Handel auch ganz neue Einsatzgebiete wie zum Beispiel digitale Schlüssel, Einlasskarten, Ausweise, Veranstaltungstickets, etc. und das lässt sich Apple im Rahmen von Entwicklergebühren entlohnen. Apple argumentiert dabei, dass mit der Öffnung der Schnittstelle ein erheblicher Aufwand betrieben wird, um die Sicherheit der Funktion weiterhin gewährleisten zu können.
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Im Juni hat Apple mit “Tap to Pay” in Deutschland einen Dienst eingeführt, der aus iPhone-Smartphones ein NFC-Bezahlterminal macht und in den USA bereits seit Anfang 2022 angeboten wird. Android war auch hier schneller und hat den Dienst bereits vorher in Deutschland eingeführt, Apple scheint aber marketingmäßig mehr Aufsehen zu generieren. Auf Basis einer iOS-App und einem Zahlungspartner können Händler nun Zahlungen mit kontaktlosen Debit- und Kreditkarten, aber auch Apple Pay oder anderen digitalen Wallets akzeptieren. Das Smartphone fungiert als Payment-Device und es ist keine zusätzliche Hardware erforderlich. Unter den ersten Zahlungsdienstleistern, die “Tap to Pay” auf dem iPhone anbieten, befinden sich Adyen, Commerz Globalpay, myPOS, Nexi, SumUp, Viva, Payone und die Sparkassen-Finanzgruppe. Die Sparkassen sind dabei wieder die ersten und einzigen, die auch die Girocard als Bezahlverfahren im Rahmen dieses Services anbieten.
Mit “Tap to Pay” kann sicherlich die Sorge entstehen, dass Apple Pay durch die Doppelfunktion als Hard- und Softwareanbieter eine Art Monopolstellung am POS aufbauen könnte. Diese Marktkonzentration könnte zur Folge haben, dass alternative Zahlungsanbieter oder Kartenterminal-Anbieter verdrängt werden. Insbesondere kleine Unternehmen bzw. Händler, die von der Einfachheit und der vermeintlichen Kosteneffizienz von „Tap to Pay“ angezogen werden, könnten langfristig in eine Abhängigkeit von Apple geraten. Aktuell stellt sich diese Gefahr nicht, da „Tap to Pay“ eher die sehr kleinen Händlersegmente als Zielgruppe haben dürfte, also z. B. fliegende Händler, Kioskbetreiber, Taxifahrer oder Frisöre. Aus unserer Sicht schrecken auch hier die Gebührenmodelle der Zahlungsanbieter eher ab. Interessant dürfte eher sein, wie das Geschäftsmodell für Apple bei „Tap to Pay“ aussieht. Anstatt direkte Gebühren für den Dienst zu erheben, dürfte Apple eher an der höheren Nutzung seines Ökosystems interessiert sein. Finanziell profitieren dürfte Apple trotzdem, z. B. an einer Erhöhung der Smartphone-Verkäufe, weil das iPhone für Unternehmen durch die Akzeptanzfunktion attraktiver werden könnte. Apple arbeitet bei diesem Dienst mit Zahlungsdienstleistern zusammen und diese zahlen möglicherweise Nutzungsgebühren für die Plattform. Sicherlich werden auch Entwickler- und App-Gebühren anfallen, weil Unternehmen ggf. maßgeschneiderte Lösungen für den Dienst über iOS-Apps benötigen und daher möglicherweise mit Entwicklern zusammenarbeiten, die Gebühren an Apple zahlen. Auch wenn „Tap to Pay“ nicht direkt über Transaktionsgebühren monetarisiert, generiert das Unternehmen indirekt Einnahmen durch die Stärkung seines Ökosystems, den Verkauf von Geräten, die erhöhte Nutzung von Apple Pay und die Nutzung von Partnerschaften.
Kritisch könnte man in Bezug auf “Tap to Pay” vor einer wachsenden Abhängigkeit der Händler von Apples proprietärem System warnen. „Tap to Pay“ ist technisch innovativ, da es keine externen Hardware-Geräte wie Kartenterminals benötigt, sondern direkt über das iPhone funktioniert. Doch genau hierin liegt auch das Problem: Apple kontrolliert nicht nur die Hardware, sondern auch die Software und den gesamten Zahlungsprozess. Für die Händler, die diese Lösung nutzen möchten, könnte das bedeuten, dass sie sich vollkommen in Apples Ökosystem begeben. Die Gebührenstrukturen sind nicht transparent, und die fehlende Interoperabilität mit Android-basierten Systemen könnte den Wettbewerb weiter einschränken.
Mit Apple Pay kann man auch im E- und M-Commerce sehr einfach zahlen, allerdings war das bisher nur auf Apple-Geräten und dem Safari-Browser möglich. Auf anderen Devices, Betriebssystemen oder Internet-Browsern von Drittanbietern konnte man mit Apple Pay nicht zahlen. Das hat sich nun mit iOS 18 geändert und Apple Pay beschränkt sich nicht mehr auf die eigenen Geräte oder den eigenen Browser Safari. Das neue Betriebssystem ermöglicht die Einbindung von Apple Pay für Fremdgeräte und Desktop-Browser von Drittanbietern. Somit können auch Zahlungen auf einem Microsoft-Rechner und in Chrome, Firefox und Co. initiiert werden. Auf dem Bildschirm wird ein QR-Code angezeigt, der mit dem iPhone eingescannt werden muss. Der Anwender schließt die Transaktion also mit dem iPhone ab und benötigt daher auch weiterhin ein iPhone-Gerät. Die Web- und App-Entwickler müssen allerdings diese neue Funktion implementieren und das dürfte noch einiges an Zeit bedeuten, bis die Verbraucher eine entsprechende Marktdurchdringung erkennen.
Was man tatsächlich festhalten muss, ist die Tatsache, dass der adressierbare Markt für Apple Pay im E- und M-Commerce durch diese Funktionserweiterung definitiv größer wird und nicht mehr auf das Apple-Universum beschränkt ist. Es stellt sich daher nun die Frage, ob die Banken, PSPs und vor allem Händler vor dem Hintergrund einer Vielzahl an aktuellen Projekten und Payment-Initiativen die Motivation und die Investitionen aufbringen, diese Weiterentwicklung entsprechend umzusetzen.
Für Verbraucher bietet Apple Pay insbesondere am POS, aber auch im E- und M-Commerce ein unschlagbares Kundenerlebnis und die Verbreitung spricht für sich. Die neuen Entwicklungen bringen auf ersten Blick Vorteile und vergrößern den adressierbaren Markt, insbesondere in Bezug auf E-Commerce. Doch der Preis für diese Bequemlichkeit könnte hoch sein. Die wachsende Dominanz von Apple im Zahlungsverkehr bedroht nicht nur den Wettbewerb, sondern auch die Freiheit der Nutzer und die Vielfalt des Zahlungsmarktes. Der Verbraucher macht sich dabei natürlich keine Gedanken, weil er von der Einfachheit und Bequemlichkeit geleitet wird. Die größte Sorge rund um Apple Pay und seine neuen Funktionen wie „Tap to Pay“ und QR-Code-Zahlungen im E-Commerce betrifft den Wettbewerb. Apples geschlossenes System könnte den Wettbewerb in der Zahlungsbranche weiter einschränken. Die Frage, die sich stellt, ist, ob die Bequemlichkeit von Apple Pay die möglichen negativen Konsequenzen einer zunehmenden Marktkonzentration überwiegt. Sollte der Markt von einem einzigen Anbieter dominiert werden, könnten Innovation und Wettbewerb langfristig leiden – und letztlich auch die Verbraucher, aber vor allem die Banken und Händler, die am Ende die Kosten bzw. Gebühren tragen. Die europäischen Wettbewerbsbehörden, aber auch andere Regulierungsbehörden beobachten seit Jahren die Entwicklungen mit Argusaugen. Apple hat sich verpflichtet, die NFC-Schnittstelle und andere Funktionen im iPhone auf Druck der Regulierungsbehörden zu öffnen und die Gültigkeit dieser Zugeständnisse wird zunächst für eine Dauer von 10 Jahren zugesichert. Damit wurde das laufende Verfahren gegen Apple eingestellt. Die Use Cases für den E- und M-Commerce sind davon jedoch ausgenommen.
Es bleibt abzuwarten, wie sich der Markt und die Regulierungsbehörden in den kommenden Jahren entwickeln. Doch eines ist klar: Apple Pay wird auch weiterhin im Zentrum der Diskussionen um die Zukunft des Payment in Deutschland stehen – ob als Pionier oder als Bedrohung für den freien Wettbewerb.
*Juan Félix Manzano Vela ist Managing Partner bei der auf Payment-Themen spezialisierten Unternehmensberatung Osthaven. Osthaven gehört zu den Premium-Partnern von Finanz-Szene. Mehr zu unserem Partner-Modell erfahren Sie hier.
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