Exklusiv

Hier kommen die Lobby-Ausgaben von Banken, Fintechs und Payment-Industrie

Wie viel Geld geben unsere Banken für ihre Lobby-Arbeit aus? Diese Frage war immer schon pikant. Nur – seriös beantworten ließ sie sich nie. Denn weder der BdB noch der DSGV, weder der BVR noch der VÖB, weder die Deutsche Bank noch die Commerzbank waren angehalten, dazu irgendwelche Angaben zu machen.

Seit Anfang letzten Jahres ist das anders. Da nämlich trat das „Gesetz zur Einführung eines Lobby-Registers“ in Kraft. Dieses verpflichtet seither sämtliche Akteure (ob Unternehmen, Verbände oder natürliche Personen) offenzulegen, was sie sich die Pflege der politischen Landschaft auf Bundesebene kosten lassen und welchen personellen Aufwand sie dabei betreiben. Nun mag der Ansatz methodisch nicht perfekt sein, schließlich ergibt sich bei der Selbstauskunft immer ein gewisser Spielraum. Allerdings: Als wir das neue Lobby-Register dieser Tage systematisch nach Banken, Fintechs, Zahlungsdienstleistern, Asset Managern und natürlich nach den sie vertretenden Verbänden durchsuchten, gewannen wir durchaus den Eindruck, dass die meisten Akteure der neuen Offenlegungs-Pflicht einigermaßen redlich nachkommen.

Und so lässt sich nun also (bis auf 10.000 Euro genau) tatsächlich überblicken, wie viele Millionen Euro den großen und kleinen Lobby-Verbänden, aber auch einzelnen Unternehmen wie Deutsche Bank, DZ Bank, Trade Republic, Mastercard, Paypal oder Schufa ihr politischer Einfluss letztlich wert ist. Hier unsere große Übersicht mit insgesamt 68 Akteuren, aufgeteilt in neun verschiedene Kategorien, von Verbände bis Verbünde, Auslandsbanken bis Asset Manager, Fintech bis Payment.

Zur Methodik finden Sie ganz unten ein paar Fußnoten – zwei Anmerkungen allerdings schon vorweg, weil sie für das Verständnis unseres Überblicks zentral sind:

  • Bei vielen Akteuren sind die Lobby-Ausgaben deutlich geringer, als es die „Zahl der Lobbyisten“ vermuten ließe. Das könnte damit zusammenhängen, dass als „Beschäftigte, die Interessenvertretung unmittelbar ausüben“, laut Handbuch all jene anzugeben sind, die „mit den Adressatinnen und Adressaten der Interessenvertretung nach dem Lobbyregistergesetz Kontakt aufnehmen, um unmittelbar oder mittelbar Einfluss auf deren Willensbildungs- und Entscheidungsprozess auszuüben“. Als Kontaktaufnahme gilt dabei „jedes Treffen oder Telefongespräch, jede E-Mail oder jede Übersendung von Papieren“ – sofern diese nicht einmalig bleiben. Viele der in unseren Tabellen aufgeführten „Lobbyisten“ dürften also allenfalls am Rande mit entsprechenden Tätigkeiten befasst sein.
  • Im Lobby-Register sind keine exakten Summen, sondern Spannen angegeben – und zwar in 10.000-Euro-Schritten. Beispiel: Der VÖB hat als Ausgaben im vergangenen Jahr „3.010.001 bis 3.020.000 Euro“ genannt. Wir haben, damit die Tabellen nicht komplett unübersichtlich werden, den jeweils höheren Wert genommen, also im Falle des VÖB 3,02 Mio. Euro. Bei den größerem Akteuren sehen wir hierin kein Problem. Bei den ganz kleinen allerdings kann es z.B. dazu führen, dass selbst Ausgaben von nur 2.000 Euro oder 3.000 Euro in unserer Tabelle als „0,01 Mio. Euro“ wiedergegeben werden. Also beim Lesen bitte immer mitdenken, dass es sich um „bis zu 0,o1 Mio. Euro“ handelt.

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1.) Bankenverbände

Ausgaben in Mio. Euro Ggü. Vorjahr in %
Zahl der Lobbyisten
BdB 6,35 -19% 64
DSGV 4,13 13% 34
VÖB 3,02 kein geeigneter Vergleichswert 13
BVR 2,37 -14% 48
VdP 0,96 -7% 17
Verband der Regionen (Geno) 0,59 0% 9
Verband der Sparda-Banken 0,35 3% 1
GV Bayern (Geno) 0,3 3% 1
Baden-Württembergischer GV (Geno) 0,26 -8% 8
Verband der Auslandsbanken 0,25 -62% 7
GV Weser-Ems (Geno) 0,14 8% 0
Verband Deutscher Bürgschaftsbanken 0,1 11% 4
Ostdeutscher Bankenverband (privat) 0,05 3
Bayerischer Bankenverband (privat) 0,03 0
Norddeutscher Bankenverband (privat) 0,03 1
SV Bayern 0,03 0
Bankenfachverband 0,03 -63% 3
Verband der PSD Banken 0,01 0

Auffälligkeiten: 

  • Der Abstand des BdB zu den drei anderen großen Verbänden ist bemerkenswert – zumal (siehe unten) Deutsche Bank und Commerzbank für sich genommen jeweils auch noch mal merklich siebenstellige Beträge aufwenden.
  • Gleichwohl geben die vier größten Bankenverbände selbst zusammen gerade mal so viel aus wie der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft mit 15,6 Mio. Euro für sich allein (in unserer Tabelle haben wir den GdV ausgespart, weil die Assekuranz bekanntlich nicht zu unserem Berichtsgebiet gehört. Neben den Versicherern fehlen auch die Bausparkassen).
  • Während neben dem DSGV nur ein Sparkassen-Regionalverband in der Liste auftaucht (nämlich der bayerische mit allerdings weniger als 30.000 Euro), sind die vier genossenschaftlichen Regionalverbände allesamt in Berlin vertreten (finanziell wie personell). Mögliche Gründe: 1.) Die Sparkassen sehen ihren Einfluss über die politische Schiene (politische Würdenträger in den Verwaltungsräten) ausreichend gesichert; 2.) Die regionalen Genoverbände repräsentieren nicht nur Volks- und Raiffeisenbanken, sondern Genossenschaften aus allen möglichen Branchen.
  • Die privaten Banken werden nicht nur durch den BdB, sondern auch noch durch drei Regionalverbände repräsentiert.
  • Die Ausgaben der Spezialverbände (Sparda, PSD, Bankenfachverband, Bürgschaftsbanken) sind vergleichsweise überschaubar.

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2.) Verbünde*

Ausgaben in Mio. Euro Ggü. Vorjahr in %
Zahl der Lobbyisten
DZ Bank 0,52 -9% 0
DKB 0,38 15% 3
DZ Hyp 0,3 7% 0
DWP Bank 0,03 3
Teambank 0,02 0
NordLB 0,01 1

Auffälligkeiten: 

  • Verglichen mit den Groß- und Auslandsbanken (siehe jeweils weiter unten) halten sich die Verbünde jenseits ihrer Verbände (also DSGV, BVR und VÖB) mit zusätzlichen Lobby-Ausgaben zurück …
  • … Konkret: Jenseits der DZ Bank (bzw. ihrer Töchter DZ Hyp und Teambank) finden sich nur die BayernLB-Tochter DKB sowie die NordLB im Lobby-Register. Letztere aber in erster Linie wegen ihrer Mitgliedsbeiträge im „Bundesverband Windenergie“. Sprich: De facto sind die Landesbanken (abgesehen von der DKB) im Lobby-Register nicht vertreten, es findet sich auch keine einzelne Sparkasse oder VR-Bank darin.
  • Dass die DKB derweil gleich mit drei Lobbyisten in Berlin vertreten ist, deutet an, dass sie ihre Interessen durch den VÖB nur bedingt vertreten sieht.

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*Die Union Investment als weitere DZ-Bank-Tochter haben wir weiter unten unter „Asset Management“ einsortiert, die Versicherer aus den beiden Verbünden fehlen (weil, wie oben schon einmal erwähnt, wir über die Assekuranz eher weniger berichten)

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3.) Großbanken

Ausgaben in Mio. Euro Ggü. Vorjahr in %
Zahl der Lobbyisten
Deutsche Bank 3,29 -8% 14
Commerzbank 2,17 -5% 4

Auffälligkeiten: 

  • Obwohl Deutsche Bank und Commerzbank im BdB den Ton angeben, wenden sie auch selber enorme Lobby-Ausgaben auf. Zumal die Deutsche Bank via DWS (siehe weiter unten bei den Asset Managern) weitere fast 600.000 Euro ausgibt, plus eine weitere Viertelmillion Euro über die hauseigene Alfred-Herrhausen-Gesellschaft.

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4.) Auslandsbanken

Ausgaben in Mio. Euro Ggü. Vorjahr in %
Zahl der Lobbyisten
ING Diba 1,21 -17% 7
HVB 0,95 2% 1
Santander Consumer Bank 0,38 3% 3
Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien 0,34 13% 0
BNP Paribas Deutschland 0,28 0% 0
Morgan Stanley Europe SE 0,27 -56% 9
Citigroup 0,23 -4% 0
UBS Europe SE 0,16 -11% 2
ING Groep 0,05 -29% 2
Barclays Bank Ireland plc 0,04 3
BNP Paribas 0,02 3

Auffälligkeiten: 

  • Nicht weniger als sechs Auslandsbanken weisen jeweils für sich genommen höhere Ausgaben aus als (siehe oben) der Verband der Auslandsbanken mit 0,25 Mio. Euro

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5.) Sonstige private Banken / Spezialbanken

Ausgaben in Mio. Euro Ggü. Vorjahr in %
Zahl der Lobbyisten
Aareal Bank 0,48 -2% 2
VWFS 0,43 -37% 2
GLS 0,03 -86% 0
Westend Bank 0,01 0

Auffälligkeiten: 

  • Während die Aareal Bank alleine halb so hohe Ausgaben aufweist wie (siehe oben) der Verband der Pfandbriefbanken, taucht die PBB im Lobby-Register überhaupt nicht auf.

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6.) Fintechs

Ausgaben in Mio. Euro Ggü. Vorjahr in %
Zahl der Lobbyisten
Trade Republic 0,05 1
Klarna Bank AB, German Branch 0,03 6
N26 0,02 1
Coinstar GmbH 0,01 1

Auffälligkeiten: 

  • Die Ausgaben der Fintechs sind allesamt überschaubar – allerdings gibt Klarna an, mit immerhin sechs Lobbyisten in Berlin vertreten zu sein.

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7.) Payment**

Ausgaben in Mio. Euro Ggü. Vorjahr in %
Zahl der Lobbyisten
Visa 0,38 -5% 4
Mastercard 0,28 0% 4
Euro Kartensysteme („Girocard“) 0,23 44% 1
Paypal 0,17 -35% 1
American Express Europe 0,16 1500% 3
American Express Services 0,16 7% 1
Oktopay 0,16 23% 2
Prepaid Verband Deutschland 0,1 -17% 0
Swift 0,07 0% 3
Stripe Deutschland 0,06 200% 0
Initiative Deutsche Zahlungssysteme 0,03 0
Paypal Europe 0,03 0
Nexi Germany 0,02 4
Bundesverband der EC-Netzbetreiber 0,02 0
European Association of Payment Service Providers for Merchants (ESPM) 0,02 0
Alipay 0,02 2
Bundesverband der Zahlungs- und E-Geld-Institute 0,01 0

Auffälligkeiten: 

  • Wenig, was einen überraschen würde – vielleicht abgesehen davon, dass einige Schwergewichte (Worldline, Payone …) in der Liste fehlen.

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**Klarna und Coinstar haben wir unter Fintech einsortiert.

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8.) Asset Manager

Ausgaben in Mio. Euro Ggü. Vorjahr in %
Zahl der Lobbyisten
BVI 2,43 17% 21
Union Investment 0,85 -4% 6
Blackrock 0,60 13% 5
DWS 0,57 33% 5
Amundi Deutschland 0,28 k.A. 3
Bundesverband Alternative Investments 0,18 0% 0
Flossbach von Storch 0,01 0

Auffälligkeiten: 

  • Die Ausgaben des BVI lassen sich (wenig überraschend) mit denen der größeren Bankenverbände vergleichen.
  • Von den großen Playern fehlt die Deka.

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9.) Sonstige

Ausgaben in Mio. Euro Ggü. Vorjahr in %
Zahl der Lobbyisten
Schufa Holding 0,88 19% 5
True Sale International 0,19 27% 2
Verband der Vereine Creditreform 0,09 0% 2

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Besonderheiten:

  • Von den gut 1.200 Firmen und Organisationen, die laut Lobby-Register fehlerhafte oder unzureichende Angaben gemacht haben, entstammen nur vier unserem Berichtsgebiet – nämlich die irische Europa-Tochter der Bank of America, die in UK ansässige Goldman Sachs, die Commerz Real (die Sachwerte-Tochter der Commerzbank) sowie das Identity-Fintech Verimi, hinter dem u.a. die Deutsche Bank steht.
  • Etwa jeder vierte der genannten Player findet sich auch im Transparenzregister der EU-Kommission.

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Fußnoten:

  • Die Ausgaben umfassen laut Gesetz die Personalkosten sowie Kosten für Infrastruktur, Repräsentation, Aufwand, externe Beratung, externe Unterstützung und Sonstiges.
  • Unsere Angaben zur Zahl der Lobbyisten bezieht sich jeweils auf die Angaben zur Zahl jener Beschäftigten in der Registereinträgen, die „Interessenvertretung unmittelbar ausüben“, wie eingangs beschrieben. Die Zahl aller Interessenvertreter fällt in der Regel deutlich höher aus. Diese definiert das Lobbyregistergesetz als „alle natürlichen oder juristischen Personen, Personengesellschaften oder sonstigen Organisationen, auch in Form von Netzwerken, Plattformen oder anderen Formen kollektiver Tätigkeit, die Interessenvertretung selbst betreiben oder in Auftrag geben.“
  • Als Interessenvertretung gilt dem Gesetz zufolge dabei „jede Kontaktaufnahme zum Zweck der unmittelbaren oder mittelbaren Einflussnahme auf den Willensbildungs- oder Entscheidungsprozess der Organe, Mitglieder, Fraktionen oder Gruppen des Deutschen Bundestages oder der Bundesregierung“.
  • Das zugrundeliegende Handbuch kennt 22 Ausnahmen von der Registrierungspflicht. Eine davon greift zum Beispiel sch0n, wenn es sich bei einem Interessenvertreter um eine natürliche Person handelt, „die mit ihrer Eingabe ausschließlich persönliche Interessen formuliert, unabhängig davon, ob es sich zugleich um unternehmerische oder sonstige Interessen handelt“.
  • VersichererBausparkassen und etwa Pensionskassen haben wir ausgespart, weil sie nicht im Fokus unserer Berichterstattung stehen.

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