von Georgia Hädicke, 27. November 2022
Dass der Vorstandschef mehr verdient als seine Vorstandskollegen – das ist ja durchaus Usus. Und selbstverständlich sollte es bei der Vorstandschefin nicht anders sein.
Dass Chef oder Chefin dann gleich 3 mal so viel verdient – auch da mögen etwa die Deutsch- oder Commerzbanker unter Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, erstmal mit den Schultern zucken. Im öffentlich-rechtlichen Sparkassen-Sektor hingegen ist solch ein Unterschied allerdings eher selten. Und so erstaunt die Spreizung, die sich im aktuellen Geschäftsbericht der Stadtsparkasse Düsseldorf zeigt, dann doch. Dort nämlich kam die Vorstandsvorsitzende Karin-Brigitte Göbel zuletzt auf eine mutmaßlich zufriedenstellende jährliche Gesamtvergütung von 2,1 Mio. Euro – während sich der bemitleidenswerte Kollege Uwe Baust mit lumpigen 737.000 Euro begnügen musste.
Nun ist von dem armen Herrn Baust nicht bekannt, dass er sich irgendetwas zuschulden hätte kommen lassen oder leistungsmäßig in besonderem Maße abfiele. Auch ist er nicht erst unterjährig ins Amt gekommen (sondern: Er gehört dem Vorstand schon seit 2017 an), und einen irgendwie juniorigen Eindruck macht der erfahrene Manager ebenfalls in keinster Weise. Und – allerletzter Gedanke: Nein, nach allem, was man weiß, hat sich die Stadtsparkasse Düsseldorf auch keinem revolutionären „Reverse-Gender-Pay-Gap“-Ansatz verschrieben (wobei das ja mal eine Idee wäre!).
Aber woran liegt es dann, dass der arme Herr Baust nur mit einem Drittel dessen vergütet wurde, was die Chefin bekam?
Willkommen zum zehnten und vorletzten Teil unserer großen Vergütungs-Serie:
Dass Pensionsverpflichtungen bei den öffentlich-rechtlichen Instituten in den Jahren des Niedrigzinses zunehmend zu einem Bilanzproblem geworden sind, ist ja bekannt (siehe in unserer Vergütung-Serie zum Beispiel die Stück -> Mehr als 100?! Zahl der Vergütungs-Millionäre bei Sparkassen explodiert). So erhielten die Vorstände für ihre Pensionen sogenannte „Direkzusagen“, die eigentlich über den Kapitalmarkt verdient werden sollten – was aber, als die Zinsen zu fallen begannen, kaum noch möglich war. Also mussten die Sparkassen das zugesagte Geld irgendwann quasi eins zu eins zurücklegen. Was entsprechend ins Geld ging, da die Pensionen zwischen 40% und 55% der sogenannten ruhegeldfähigen Bezüge ausmachen.
Genau aus dem Grund empfehlen die meisten regionalen Sparkassen-Verbände, darunter auch die beiden in NRW, inzwischen eine neue Vergütungspraxis. Die „Direktzusagen“ entfallen – neu bestellte Sparkassen-Vorstände sollen sich selbst um ihre Altersvorsorge kümmern. Ob sich die Sparkassen an die Empfehlung halten, liegt bei jedem Haus selber.
Wie den bislang vorliegenden 2021er-Geschäftsberichten der Sparkassen in NRW zu entnehmen ist, scheint das Gros der Institute bei den Neuverträgen für Vorstände tatsächlich der Empfehlung der Verbände zu folgen. Die Daten zeigen allerdings auch: Bei den Altverträgen der amtierenden Vorstände herrscht (was wenig verwunderlich ist) noch das alte Regime. Und so lebt die Praxis der „Direktzusagen“ bei den 17 von uns analysierten Sparkassen immer noch fort. Insgesamt 39 Vorstandsmitglieder (von 49) profitierten hiervon. Der Barwert ihrer Pensionszusagen addierte sich per Ende 2021 auf 195 Mio. Euro.
Quelle: Geschäftsberichte 2021 // *Stellvertreter mit in der Gehaltsübersicht
Am Tabellenführer in Sachen Pensionsverpflichtungen – der Sparkasse Aachen – lässt sich auch gleichzeitig zeigen, wie so eine Vergütungsstruktur mit Altverträgen klassischerweise 2021 (noch) aussah. Zum einen zeigte sich hier: Es gibt eine Differenz in den Vorstandsgehältern, die allerdings deutlich kleiner ausfällt als in den Häusern, in denen bereits Verträge ohne Pensionsansprüche laufen. Zum anderen war erkennbar: Selbst Wilfried Nellessen, der laut Geschäftsbericht lediglich stellvertretender Vorstand ist (allerdings lange dabei), kommt hier durch die Pensionsrückstellungen noch auf eine Gesamtvergütung von über 1 Mio. Euro.
Quelle: Geschäftsbericht 2021 der Sparkasse Aachen
Nun erhalten die Vorstände mit den Neuverträgen zwar in meisten Fällen auch irgendeine Form von eine Gehaltszulage, um damit die Altersvorsorge anzukurbeln. Allerdings: Diese Zulagen fallen signifikant niedriger aus als die Pensionsrückstellungen für die altgedienten Vorstände. Was sich besonders eindrücklich bei besagter SSK Düsseldorf zeigte. Beim Fixum nämlich lagen Chefin Göbel (580.000 Euro) und Kollege Baust (510.000 Euro) gar nicht so weit auseinander. Allerdings: Während es für Baust on top – mit Verlaub – nur Peanuts gab, kam Göbel allein auf Pensionsrückstellungen von gut 1,3 Mio. Euro (siehe weiter unten).
Ein Einzelfall? Nein! Denn auch wenn die Differenz zwischen der Göbel-Vergütung und der Baust-Vergütung mit 1,4 Mio. Euro besonders eklatant war – bei anderen NRW-Sparkassen zeigen sich ganz ähnliche Spreizungen zwischen der höchsten und der niedrigsten Vorstandsvergütung (wobei in Bezug auf die Sparkassen aus Wuppertal und Duisburg angemerkt sei, dass wir hier auch stellvertretende Vorstände einbezogen haben – freilich nicht aus Jux und Dollerei, sondern weil die stellvertretenden Vorstände in den einschlägigen Passagen des Geschäftsbericht explizit genannt werden).
Auch wenn bei den Düsseldorfern der größte absolute Abstand zwischen höchstem und niedrigstem reporteten Vorstandsgehalt zu konstatieren ist – relativ gesehen ist die Lücke bei anderen Instituten teils noch größer – allen voran die Sparkassen Duisburg und Wuppertal, weil hier natürlich vor allem die deutliche niedrigen Vergütungen der stellvertretenden Vorstände ins Gewicht fallen.
Nun wird es aus, nun ja, demographischen Gründen noch viele Jahre dauern, bis der Pensionslasten-Effekt in den Bilanzen abschmilzt und sich eine einheitliche Vergütungspraxis für alle Vorstände etabliert hat. Dennoch lässt ich bei den 17 analysierten Instituten zumindest schon einmal grob ablesen, welche Strategien die einzelnen Häuser fahren, um die Altlasten zu reduzieren und Neuvorständen eine Alternative zu bieten:
Hinter den "Sonstigen Vergütungsbestandteilen" verstecken sich bei den Sparkassen-Vorständen in der Regel vor allem Benefits wie Dienstwagennutzung – entsprechend bewegen sich die Posten meist irgendwo zwischen 10.000 und 20.000 Euro. Am Beispiel der Stadtsparkasse Düsseldorf zeigt sich jedoch, wie der Posten zum Ausgleich der Altersvorsorge für neue Vorstände genutzt wird. Dort erhält Vorstandsmitglied Uwe Baust über 144.000 Euro und damit zumindest etwa zehnmal so viel wie Vorstandschefin Göbel. Sprich: In diesem Posten versteckt sich die kleine Finanzspritze, wie aus dem Geschäftsbericht hervorgeht: "Herr Baust hat keinen Anspruch auf ein Ruhegeld. Zur Finanzierung eines zusätzlichen Alterseinkommens erhält er einen Beitrag in Höhe von 25 % der jährlichen Festvergütung."
Quelle: Geschäftsbericht 2021 der Stadtsparkasse Düsseldorf
Die Sparkassen KölnBonn gehört zu den Instituten, die ihre Pensionslasten gleich auf zwei Weisen reduzieren. Nach vorne gerichtet, indem die Vorstände Uwe Borges und Andreas Dartsch statt einer direkten Pensionszusage eine Zulage für eine private Altersvorsorge in Höhe von 20% ihres Fixgehalts bekommen. Die Altlasten der Pensionsrückstellungen für die langjährigen Vorstände Voigt, Schramm und Virnich wurden im vergangenen Jahr zu großen Teilen in einen Pensionsfonds geschoben und sind somit raus aus der Bilanz.
Bei dem Vehikel handelt es sich laut Geschäftsbericht um einen "nicht versicherungsförmigen Pensionsfonds", der bei der Frankfurter Metzler Pensionsfonds AG liegt (sprich beim Asset Management des Bankhauses Metzler). Die Einrichtung des Fonds hat sich die Sparkasse demnach rund 3,25 Mio. Euro kosten lassen, was es dem Haus aber offenbar wert war, denn: "In den Folgejahren wird jedoch eine Entlastung der Aufwendungen für die Versorgungsverpflichtungen erwartet", heißt es im Bericht weiter.
Quelle: Geschäftsbericht 2021 der Sparkasse KölnBonn
Bei der Sparkasse Bielefeld bekommen Firmenkunden-Vorständin Jennifer Erdmann und Privatkunden-Vorstand Stefan Dwilies mit 630.000 Euro und 682.000 Euro tatsächlich ein gutes Stück mehr Fixum als Vorstandschef Michael Fröhlich – viel mehr dann allerdings auch nicht. Wiederum: Eine leistungsbezogene Zulage gibt es nicht.
Quelle: Geschäftsbericht 2021 der Sparkasse Bielefeld
Oder man macht es wie etwa die oben bereits erwähnte Sparkasse Duisburg: Also sich dort 2020 der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Ulrich Schneidewind in den Ruhestand verabschiedete, nutzte das Institut die Gelegenheit und reduzierte das Gremium von drei auf zwei Mitglieder – Privatkunden-Direktor Marcus Budinger wurde stellvertretendes Vorstandsmitglied. „Mit dieser Personalmaßnahme sind auch merkliche Kosteneinsparungen verbunden“, erklärte der verbleibende Vorstandschef Joachim Bonn seinerzeit. Wie groß die Einsparungen ausfallen, lässt sich unten deutlich erkennen: Der Stellvertreter kostet in dem konkreten Fall etwa 1 Mio. Euro weniger als ein reguläres Vorstandsmitglied.
Quelle: Geschäftsbericht 2021 der Sparkasse Duisburg
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