Deep Dive

Prüfer-Hopping unter Volksbanken: Und am Ende kommt dann Baker Tilly …

Die zwei Herren waren überaus zufrieden mit der VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden. Sie hatten sich die inkriminierten Kreditrisiken des Instituts genauestens angeschaut. Sie hatten die umstrittene Fusion mit der Raiffeisenbank Borken Nordhessen gewissenhaft untersucht. Und nun, man schrieb den 31. Mai 2022, kamen die beiden Bilanzprüfer zu dem Schluss: Alles in bester Ordnung! Der Jahresabschluss des Instituts für 2021 vermittle „ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes“ Lagebild; die Chancen und Risiken der künftigen Entwicklung würden „zutreffend“ dargestellt; man habe „keine Einwendungen“ gegen die Ordnungsmäßigkeit des Abschlusses und des Lageberichts.

Alles in bester Ordnung – wirklich??? Heute, fast zwei Jahre später, weiß die Republik, dass es ganz so dann doch nicht war (siehe unser Themen-Dossier zur „Maverick-Volksbank“ aus Schmalkalden). Dabei zeigen neue Recherchen von Finanz-Szene: Das thüringische Skandal-Institut und ihr Bilanzprüfer pflegten offenbar ein spezielles Verhältnis. So erbrachte der in Erfurt ansässige Prüfer neben der Abschlussprüfung noch eine ganz Reihe weiterer Dienstleistungen für das Institut – mit der Folge, dass die Schmalkaldener zuletzt für 80% der gesamten Jahreseinnahmen des Prüfers sorgten (wie dessen Transparenzbericht für das Geschäftsjahr 2022 zu entnehmen ist).

Was die Frage aufwirft: Wie unabhängig können Prüfer agieren, wenn sie sich einzelnen Mandanten derart ausliefern? Wie kann das alles überhaupt sein? Und läuft es andernorts genauso?

So viel vorweg: Der „Fall Schmalkalden“ scheint, was die Prüfungsstrukturen angeht, kein Einzelfall zu sein. Dafür sorgen die unter Volksbankern so genannten „Kanzleiverbände“, die auch im Fall des „seltsamen Niedergangs der VR-Bank Magstadt-Weissach“ eine zentrale Rolle spielen. Wer den Strukturen nachzuspüren versucht, den führt die Reise von Erfurt in Thüringen zu einem rund 400 Jahre alten Rittergut in Nordhessen. Und von Neubrandenburg im Nordosten zur hiesigen Niederlassung einer internationalen Groß-Kanzlei im tiefsten Westen.

Unser „Deep Dive“:

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1.) Ein Zwerg unter Riesen: Gestatten, PDG!

Grundsätzlich ist es so, dass jede Genossenschaft hierzulande gesetzlich verpflichtet ist, einem Prüfungsverband anzugehören. Dieser übernimmt neben anderen Aufgaben vor allem die Prüfung der Jahresabschlüsse. Zu den Exemplaren dieser Spezies zählen im Bankenlager zum Beispiel der Genossenschaftsverband Weser-Ems (dem 53 Genobanken angehören), der Verband der Sparda-Banken oder der Verband der PSD Banken. Die meisten der aktuell mehr als 730 deutschen Volks- und Raiffeisenbanken lassen ihre Jahresabschlüsse von vier großen, etablierten Adressen prüfen, die jeweils über die Jahre gewachsen und regional stark verwurzelt sind:

  • dem Genoverband, dem 317 Kreditgenossenschaften angehören,
  • dem Genossenschaftsverband Bayern (GVB), dem 184 Volks- und Raiffeisenbanken angehören,
  • dem Baden-Württembergischen Genossenschaftsverband (BWGV), dem 137 Volks- und Raiffeisenbanken angehören sowie
  • der Deutschen Genossenschafts-Revision Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (DGR).

Die VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden ließ sich lange vom Genoverband prüfen, der damals noch als „Genossenschaftsverband e.V.“ firmierte. Für den Jahresabschluss 2015 wechselten die Thüringer jedoch zum „PDG Genossenschaftlicher Prüfungsverband“, der deutlich kleiner ist als die Platzhirsche, wie der direkte Vergleich zeigt:

  • Der Genoverband hat einen Hauptsitz in Frankfurt am Main und weitere Verwaltungssitze in Neu-Isenburg, Düsseldorf und Hannover. Er zählt insgesamt knapp 2.600 Genossenschaften zu seinen Mitgliedern und beschäftigt gut 1.300 Menschen. Sein Umsatz im Jahr 2022: knapp 159 Mio. Euro.
  • Der PDG hat seinen Sitz in Erfurt, zählt 52 Mitglieder und wird von einem drei Köpfe umfassenden Vorstand geführt – die Zahl der direkt Beschäftigten bleibt im Dunkeln. Umsatz im Jahr 2022: 1,2 Mio. Euro.

Grundsätzlich gibt es keinen Grund, allein deshalb die Qualifikation des PDG als Prüfinstanz in Zweifel zu ziehen: 2006 als „Prüfungsverband Deutscher Genossenschaften“ gegründet, wurde der Organisation schon im Jahr darauf das gesetzliche Prüfungsrecht verliehen. Überdies unterliegt sie der Qualitätskontrolle gemäß Wirtschaftsprüferordnung.

Trotzdem drängt sich die Frage auf, ob die PDG für einen schwierigen Fall wie die VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden der richtige Prüfer war. Zu seinen 52 Mitgliedern zählt der PDG zwar sechs Kreditgenossenschaften. Die Genobank aus Schmalkalden ist allerdings das einzige „Unternehmen von öffentlichem Interesse“ im Sinne des HGB, das der Verband zuletzt geprüft hat. Wieder kurz zum Vergleich: Der Genossenschaftsverband prüfte 2022 die Jahresabschlüsse von mehr als 300 Kreditinstituten.

Die „Maverick-Bank“ dominiert die Einnahmen des PDG (der übrigens von 2017 an auch die VR Bank Niederbayern-Oberpfalz prüfte – ein ebenfalls buntes Haus, das ursprünglich zu den PSD-Banken gehörte, sich dann aber umbenannte, aus dem PSD-Verband austrat, sich zwei Jahre lang vom baden-württembergischen Verband prüfen ließ und letztlich beim PDG landete). Dem Transparenzbericht des Prüfer für 2022 ist zu entnehmen: Mit 920.000 Euro allein für die Prüfung des Jahresabschlusses steuerte die „Maverick-Bank“ in jenem Jahr nicht weniger als 76% zu den Einnahmen des PDG bei. Zusammen mit den Leistungen, die nichts mit der Prüfung zu tun hatten, waren es sogar 970.000 Euro, also rund 80%.

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2.) Kopf des PDG ist ein rühriger Wirtschaftsprüfer mit Rittergut

Wer wissen will, wer beim PDG den Ton angibt, der landet früher oder später beim „Rittergut Niederbeisheim“ in Nordhessen. Dieses ist von Erfurt zwar mehr als 140 Kilometer entfernt, über die A4 aber gut zu erreichen. Das Gutshaus besteht – Fotos nach zu urteilen – vor allem aus einem teils schiefen, weil sehr alten, vor allem aber sehr stattlichen Fachwerkbau. Der über ein paar Stufen zu erreichende Eingang des Herrenhauses wird links und rechts von mächtigen alten Bäumen gesäumt. Oben an einem Balken ist die Jahreszahl „1647“ eingeritzt.

Sie markiert das Jahr, in dem einst mit dem Wiederaufbau des Anwesens begonnen wurde, wenige Jahre, nachdem das Gutshaus – so berichten es zumindest die Chronik und das Hessische Institut für Landesgeschichte – von kroatischen Reitern geplündert und in Brand gesteckt wurde. Nur die Kellergewölbe aus dem 15. Jahrhundert blieben erhalten. Es waren wilde Zeiten damals, noch tobte der Dreißigjährige Krieg. Mit Beginn des 19. Jahrhunderts ging das Rittergut dann in bürgerliche Hände über. Seit 1961 gehört es laut Chronik zu den Staatsdomänen des Landes Hessen.

Jedenfalls: Während das zugehörige Land seit Jahren von einem Biobauern gepachtet und bewirtschaftet wird, ist das Gutshaus heute „im Besitz der Familie Jörg Dersch“, wie es in der Chronik heißt (und aus der Mailadresse hervorgeht). Jörg Dersch ist Volkswirt, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater – sowie Vorstandschef des in Erfurt ansässigen Prüfungsverbands PDG. Dersch ist zudem Partner der Kanzlei Drescher Teichmann Dersch sowie der Drescher Dersch Partnerschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. In der Praxis scheinen die Grenzen zwischen den drei Einheiten fließend zu sein:

  • In Erfurt residieren alle drei im selben Gebäude.
  • Zudem kooperieren PDG und Kanzlei. „Die Zusammenarbeit beinhaltet insbesondere die Zurverfügungstellung qualifizierter fachlicher Mitarbeiter für die Durchführung von Aufträgen des jeweils anderen Kooperationspartners und die wechselseitige Inanspruchnahme diverser fachlicher, technischer und organisatorischer Dienste“, heißt es dazu im Transparenzbericht des PDG für 2022.
  • Zu guter Letzt führt die WP-Gesellschaft mit Dersch insgesamt drei Wirtschaftsprüfer auf – und mit einem von ihnen hat Dersch für den PDG alle Jahresabschlüsse der „Maverick“-Bank für die Geschäftsjahre 2015 bis 2020 testiert.

Für die Prüfung des Geschäftsjahres 2021 der VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden wählte der PDG dann ein anderes Set-Up. Dieses wurde – Einzel- und Konzernabschluss zusammen genommen – von drei neuen Wirtschaftsprüfern testiert. Einer von ihnen sitzt im Vorstand des Verbands; daneben aber wurden offenbar zwei andere, bei denen es sich um Externe zu handeln scheint, mit der Prüfung beauftragt.

Zu den Gründen dieses Wechsels und zu anderen Fragen von Finanz-Szene äußert sich der PDG nicht. Als wir uns Anfang der Woche telefonisch bei dem Prüfungsverband meldeten, wurde uns eröffnet, es bestehe kein Interesse daran, Fragen entgegenzunehmen. Aus ebendiesem Grund wollte man uns auch keine  Mail-Adresse nennen, unter welcher Jörg Dersch zu erreichen sei. Wir schickten unsere Fragen daher an online einsehbare E-Mail-Adressen von Verband und Kanzlei, erhielten aber keinerlei Rückmeldungen oder gar Antworten.

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3.) Ein Prüfungsverband mit Kanzlei dahinter – das gibt es häufiger

Allein ist der PDG mit diesem Konstrukt – der engen Verbindung eines Prüfungsverbands und einer Kanzlei – keineswegs. So gründete sich 2009, drei Jahre nach dem PDG, der „Genossenschaftliche Prüfungsverband Mecklenburg-Vorpommern“ mit Sitz in Neubrandenburg. Dieser sammelte im Laufe der Jahre die Prüfaufträge von drei Genobanken ein. Diese machten regional betrachtet jeweils aus dem Süden der Republik in den Nordosten rüber:

Beim Prüfungsverband in Mecklenburg-Vorpommern führte eine „Dr. Behrens, März und Partner GbR“ das Regiment. Die Repräsentanten dieser nach eigenen Angaben „auf landwirtschaftliche Mandate“ spezialisierten Sozietät stellten denn auch den Vorstand des Verbands: Steuerberater Manfred Mätz, Wirtschaftsprüfer Peter Behrens sowie ein weiterer Abgesandter der „Landwirtschaftlichen Buchstelle“.

Rechtlich ist es erlaubt, wenn eine Kanzlei einen eigenen Prüfungsverband gründet, um in den Markt für Testate von Genossenschaften vorzustoßen. Das Misstrauen im Lager der Genossen ist diesen Anbietern – im Geno-Jargon „Kanzleiverbände“ genannt – allerdings sicher. Die Zusammenarbeit mit ihnen sei „nicht geregelt und nicht besonders gut“, sagt ein Insider. Im BVR gelten die Kanzleiverbände als „Satelliten“, die um die vier großen, etablierten Prüfungsverbände kreisen, ist andernorts zu hören.

Fakt ist: Ein Wechsel des Prüfungsverbands ist zulässig und in §54 des Genossenschaftsgesetzes geregelt – ebenso wie die Pflicht zur Mitgliedschaft in einem Prüfungsverband.

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4.) Welche Rolle spielten BVR und die Aufsicht?

Warum bekam der BVR die „Maverick-Bank“ jahrelang nicht in den Griff (mit der Folge eines Schadens in dreistelliger Millionenhöhe, für den jetzt die genossenschaftliche Sicherungseinrichtung aufkommen muss)? Waren dem Verband die Hände gebunden? Oder geht es in der Causa um mehr als um ein außer Kontrolle geratenes Provinzinstitut?

Fest steht: In Brüssel, also in der EU-Kommission, fremdelt man immer schon mit dem Umstand, dass Sparkassen und Genobanken ihre Abschlüsse von den eigenen Verbänden prüfen lassen – und nicht von externen Wirtschaftsprüfern. Kommt das Thema nach dem Schmalkalden-Fall in Brüssel aufs Tapet? Oder ist es eher umgekehrt so, dass der BVR den Kollaps des thüringischen Instituts zum Anlass nimmt, die Rolle der Kanzleiverbände innerhalb der eigenen Gruppe einzudämmen?

Beim BVR will man sich zu dem ganzen Komplex nicht äußern. Aus dem thüringischen Wirtschaftsministerium (dem die Aufsicht über die PDG obliegt) heißt es, man habe schon Mitte 2022 auf einen Prüferwechsel in Schmalkalden gedrungen – und tatsächlich wurde damals ein weiterer externer Prüfer hinzugezogen. Nämlich …

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5.) Und welche Rolle spielt Baker Tilly?

… Bei dem „neuen, externen Prüfer“, von dem das Ministerium spricht, handelt es sich um Baker Tilly, eine global agierende Kanzlei, die im vergangenen Jahr weltweit 5,2 Mrd. Dollar Umsatz erzielt hat, mit 43.000 Mitarbeitern, unter ihnen Anwälte, Steuerberater und eben Wirtschaftsprüfer. Die deutsche Dependance zählt an zehn Standorten mehr als 1.500 Mitarbeiter und hat 2023 insgesamt 219,5 Mio. Euro umgesetzt. Die Beratungsdienste „richten sich vornehmlich an den großen, internationalen Mittelstand“, heißt es auf der Website. Im Jahr 2022, dem bislang letzten, für das ein Transparenzbericht vorliegt, stand die Sparte Wirtschaftsprüfung mit ihren damals rund 110 Wirtschaftsprüfern für 39% des Umsatzes; von damals rund 75 Mio. Euro Einnahmen in diesem Bereich stammten wiederum rund 36 Mio. Euro aus Abschlussprüfungen.

Was hat so ein großer Anbieter mit kleinen Kanzleiverbänden und Genobanken am Hut?

Erstaunlich viel!

  • Da ist zum einen die Übernahme des besagten Prüfauftrags für die „Maverick-Volksbank“ (nur zur Erinnerung: Bislang ist kein Geschäftsbericht für 2022 veröffentlicht).
  • Auch bei der weiter oben schon erwähnten VR Bank Niederbayern-Oberpfalz ist Baker Tilly im Spiel. So beauftragte der PDG die Großkanzlei im August 2021 mit der Prüfung für das Jahr 2021. Für 2022 übernahm Baker Tilly die Prüfung ebenfalls.
  • Zudem tauchte Baker Tilly zuletzt auch bei jenen drei VR-Banken (also Staufen, Dettenhausen und Magstadt-Weissach) als Prüfer auf, die sich dem Kanzleiverband aus Mecklenburg-Vorpommern angeschlossen hatten.
  • Hinzu kommt noch die Raiffeisenbank Plankstetten, die sich vor Jahren in eine Aktiengesellschaft umgewandelt hatte und daher nicht mehr verpflichtet ist, einem Prüfungsverband anzugehören.

So ergibt sich folgende Liste von Genobanken, die durch Baker Tilly geprüft werden oder wenigstens wurden:

Name Bilanzsumme 2022 (in Euro) Prüfungsverband
Abschluss-Prüfung beginnend im Jahr …
Raiffeisenbank Plankstetten 167 Mio. (2021) ohne Verband, bis 2008 Mitglied im Genossenschaftsverband Bayern (GVB) 2013
Volksbank Dettenhausen 118 Mio. Genossenschaftlicher Prüfungsverband Mecklenburg-Vorpommern, bis 2019: Baden-Württembergischer Genossenschaftsverband (BWGV) 2020
Volksbank Staufen 970 Mio. Genossenschaftlicher Prüfungsverband Mecklenburg-Vorpommern, früher: GVB, davor BWGV 2020
VR-Bank Bad Salzungen-Schmalkalden 1.519 Mio. (2021) PDG (seit Geschäftsjahr 2015)
2022 (noch ausstehend)
VR-Bank Magstadt-Weissach 279 Mio. Genossenschaftlicher Prüfungsverband Mecklenburg-Vorpommern, früher: BWGV 2021
VR Bank Niederbayern-Oberpfalz 2.230 Mio. PDG (seit Geschäftsjahr 2017) 2021

Nun ist Baker Tilly durchaus eine Nummer in der Branche. Die Kanzlei prüft zum Beispiel die Deutsche Bundesbank, die Haspa Finanzholding oder auch FlatexDegiro. Alles in allem macht es aber den Eindruck, als fokussiere sich die Kanzlei innerhalb der deutschen Kreditwirtschaft eher auf Nischenplayer und Sonderfälle aller Art. Zu den Mandanten im privaten Bankensektor gehör(t)en, wie im Transparenzbericht für das Jahr 2022 zu lesen ist:

  • das Bankhaus Max Flessa (Bilanzsumme immerhin: 2,57 Mrd. Euro)
  • das Bankhaus Herzogpark (166 Mio. Euro)
  • das Bankhaus Rautenschlein (221 Mio. Euro)
  • die Steyler Bank (235 Mio. Euro).
  • die Eurocity Bank, der 2022 durch die EZB die Bankerlaubnis entzogen wurde
  • die in Abwicklung befindliche VTB Bank (Europe) i.L., die sich zuletzt in OWH SE i.L. umbenannt hat
  • die Umweltbank, die sich nach Bafin-Rüffel, Gewinneinbruch und Vorstandsumbau derzeit zu berappeln sucht

Eng scheint aber vor allem die Verbindung in den Genosektor zu sein …

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6.) Baker Tilly, Herr Edenhofer und der neue Verband

Die neueste Wendung in der Causa „Baker Tilly und die Kanzleiverbände“: Wer die frühere Webseite des Prüfungsverbands in Mecklenburg-Vorpommern ansteuert, der landet bei einer dem Anschein nach vollkommen neuen Organisation – nämlich auf der Homepage des „Freien Genossenschaftsverband e.V.“. Dieser präsentiert sich als „unabhängiger, bundesweit tätiger Prüfungsverband mit Sitz in Düsseldorf für alle deutschen Genossenschaften“. Die Zeichen stehen auf Expansion: „Der Bezirk des FGV ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland“, heißt es in der Satzung.

Dominierte beim bisherigen „Genossenschaftlichen Prüfungsverband Mecklenburg-Vorpommern“ die Landwirtschaftliche Buchstelle „Dr. Behrens, März & Parter“ das Geschehen, so lässt sich beim Freien Genossenschaftsverband schnell feststellen, wer das Sagen hat: Baker Tilly. Von der Buchstelle ist im Vorstand nur mehr Peter Behrens vertreten. Die anderen beiden Mitglieder sind: Thomas Edenhofer und Ralf Gröning.

Beide sind nicht nur Wirtschaftsprüfer bei Baker Tilly, nein – sie leiten die Wirtschaftsprüfung bei Baker Tilly Deutschland. Edenhofer ist zudem auch einer der zwei Prüfer, die den Jahresabschluss der Deutschen Bundesbank prüfen. Er ist darüber hinaus Professor an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und gehört dem Verwaltungsrat des deutschen Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) an. Dennoch lässt er es sich nicht nehmen, einen neuen und daher mutmaßlich kleinen Prüfungsverband zu führen, sogar mit dazugehöriger E-Mail-Adresse. Auch sonst ist nicht zu übersehen, dass dort, wo FGV draufsteht, de facto Baker Tilly drinzustecken scheint:

  • Zwar wirbt der neue Freie Genossenschaftsverband für eine breite Palette von Dienstleistungen. Doch hinter jedem Angebot findet sich der gleiche Hinweis: „Weitere Details zu den Serviceleistungen im Bereich […], die wir gemeinsam mit unserem Kooperationspartner Baker Tilly erbringen, finden Sie hier“ – samt Link direkt zu Baker Tilly.
  • Vorsitzender des Beirats ist Martin Weinand – ebenfalls Partner bei Baker Tilly.
  • Adresse des Verbands ist die Cecilienallee 6-7 in Düsseldorf – wo auch Baker Tilly residiert.

Hält sich Baker Tilly jetzt selbst einen genossenschaftlichen Prüfverband? Von Finanz-Szene befragt, was es mit der Wandlung des „Genossenschaftlichen Prüfungsverbands Mecklenburg-Vorpommern e.V.“ zum „Freien Genossenschaftsverband e.V.“ auf sich hat und wie die offenkundigen Verbindungen mit der Groß-Kanzlei zu interpretieren sind, teilt Baker Tilly mit:

„Bei der ‚Wandlung‘ des Genossenschaftlichen Prüfungsverbands Mecklenburg-Vorpommern e.V. zum Freien Genossenschaftsverband e.V. handelt es sich schlicht um eine Umbenennung. Sämtliche Leistungen erbringt der Freie Genossenschaftsverband mit eigenen Mitarbeitern in enger Zusammenarbeit insbesondere mit den Kooperationspartner Baker Tilly. Im Rahmen dieser Kooperation mit Baker Tilly wurden neben der Umbenennung des Prüfungsverbands wesentliche Verbands-Organe neu besetzt und der Sitz nach Düsseldorf verlegt. Damit bietet der unabhängige Prüfungsverband bundesweit Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Rechtsberatung und Unternehmensberatung aus einer Hand für Vorstände sowie alle Mitarbeiter von Genossenschaften an und steht auch Aufsichtsräten mit Rat und Tat zur Seite. Mit dem erweiterten Angebot des Freien Genossenschaftsverband e.V. erweitert sich im Interesse der Mitglieder die Auswahl für die Genossenschaften in diesen Bereichen.“

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