von Bernd Neubacher, 25. Oktober 2022
Dass die Bafin unter ihrem neuen Chef Mark Branson deutlich mitteilsamer geworden ist – so viel war ja bekannt (siehe u.a. unser Stück -> „Naming & Shaming: Die Grafik zum Aggro-Kurs der Finanzaufsicht“). Und was ebenfalls als offenes Geheimnis gilt: Viele Banken tun sich schwer mit der neuen Gangart der Bonner Behörde.
Was dagegen als veritable News gelten darf: Eines der Institute, die zuletzt am Bafin-Pranger landeten (siehe auch -> „Sämtliche Bafin-Maßnahmen gegen deutsche Banken auf einen Blick“), ist gegen die neue Praxis der Aufseher gerichtlich vorgegangen. Und hat nach Recherchen von Finanz-Szene dabei gleich zwei krachende Niederlagen erlitten. Was die Sache für die betreffende Bank noch schlimmer macht: Der dieser Tage vom hessischen Justizministerium veröffentlichte Beschlusstext der Gericht gewährt tiefe Einblicke in das Innenleben des Instituts. Dabei spart das Schriftstück den Namen der Bank zwar aus. Finanz-Szene ist es allerdings gelungen, diesen zu rekonstruieren. Es handelt sich um das Bankhaus Obotritia – also jenes Geldinstitut, hinter dem der quirlige Investor und Selfmademan Rolf Elgeti steht, der ja erst kürzlich bei uns im Podcast zu Gast war.
Von Anfang an:
Im November 2021 informierte die Bafin die Öffentlichkeit, sie habe wegen „Mängeln in der Geschäftsorganisation“ aufsichtliche Sanktionen gegen das Bankhaus Obotritia verhängt. Zwar befindet sich das Münchner Geldhaus hiermit in durchaus namhafter Gesellschaft, schließlich haben zum Beispiel auch M.M. Warburg, N26, die Hannoversche Volksbank oder die Solarisbank ähnliche Rüffel kassiert. Trotzdem setzte sich die Elgeti-Bank zur Wehr und stellte beim Verwaltungsgericht Hessen einen Antrag auf „Einstweilige Anordnung“. Das Ziel: Obotritia wollte „diese und jede weitere Veröffentlichung“ zum Thema bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung verbieten lassen. Die Richter wiesen den Antrag jedoch ab. Woraufhin die Bank es eine Etage drüber beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof versuchte – und auch da scheiterte.
Nun ist das Bankhaus Obitritia, zugegeben, nicht der Nabel der Bankenwelt (Bilanzsumme: 90 Mio. Euro per Ende 2020. Ergebnis: minus 2 Mio. Euro. Geschäftsmodell: Über den Einlagenbroker Raisin Spargelder einsammeln und dieses Geld dann über Kreditplattformen in Immobilien- und Firmenkredite investieren). Interessant ist die Causa aber dennoch. Nämlich erstens, weil vom Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs ein branchenweites Signal ausgeht, sich mit der Bafin besser nicht anzulegen. Und zweitens, weil der veröffentlichte Beschlusstext lang und breit aus jener Bundesbank-Sonderprüfung zitiert, die dem Bafin-Rüffel zugrunde lag. Sprich: Das Bankhaus Obotritia hat das glatte Gegenteil von dem erreicht, was es eigentlich erreichen wollte.
Wir geben’s einfach mal wieder:
Nach der Sonderprüfung hatte GBB-Rating (also jene Institution, die Bonitätsbewertungen für den Einlagensicherungsfonds der privaten Banken vornimmt) den Ausblick für das Obotritia-Rating von positiv auf negativ gesenkt und den Richtern zufolge festgehalten: „Ungeachtet der sich noch im Aufbau befindlichen Organisationsstrukturen entsprechen die Geschäftsorganisation und die Risikomanagementsysteme – unter Zugrundelegung der im Rahmen einer Prüfung nach § 44 KWG getroffenen Feststellungen – nur eingeschränkt den zu stellenden Anforderungen. Ausstrahlungswirkungen auf die Risikolage sind daher nicht auszuschließen.“ Aus Renditegründen gehe das Institut sowohl im Kreditgeschäft als auch im Aktien-Depot teilweise erhöhte Risiken ein.
Sein Fett weg bekommt in einem Anhörungsschreiben der Bafin auch der Wirtschaftsprüfer des Bankhauses, nämlich die in Berlin ansässige Domus AG, Teil des globalen Netzes Russell Bedford International und den Angaben zufolge auch für zwei weitere Elgeti-Gesellschaften tätig. So erhebt das von den Richtern zitierte Schreiben die Forderung nach der Bestellung eines anderen Jahresabschlussprüfers für das Geschäftsjahr 2021, “weil dem von der Antragstellerin nach 2019 und 2020 erneut vorgeschlagenen Unternehmen” eine zu wohlwollende Prüfung des Abschlusses für 2019 zur Last gelegt wurde.
Zu alldem muss man wissen: Das Bankhaus Obotritia war erst 2019 überhaupt an den Start gegangen. Und hatte von der Bundesbank vor dem Hintergrund seiner geringen Größe offenbar auf “proportional niedrigere Anforderungen” gepocht. Beim Verwaltungsgerichtshof drang das Institut mit dieser Argumentation allerdings nicht durch. Die Richter folgten vielmehr der Vorinstanz und stellten fest: “Auch dem Senat erschließt sich nicht, warum es die Antragstellerin entlasten sollte, wenn sie im Wissen um ihre eigenen – zumindest in der Anfangszeit – begrenzten Möglichkeiten sich vielschichtigen Finanzierungen widmet, komplexe Vertriebswege wählt [….] und erhöhte Risiken eingeht, obwohl sie für einen verantwortlichen Umgang damit noch keine adäquate Geschäftsorganisation vorhält.”
Auch das von Obotritia ins Feld geführte Argument, die Publikation der Disziplinierung durch die Bafin diskreditiere Mitarbeitende, verfing nicht. Dies erschließe sich “gerade im Falle der Antragstellerin nicht”, heißt es im Beschlusstext. So verfüge das Geldinstitut ja über gar keine Homepage, aus der das Personal und dessen Zuständigkeiten ersichtlich seien. Besuchern dort wird mitgeteilt: „Unsere Internetpräsenz ist gerade in der Entstehungsphase, geben Sie uns noch kurz Zeit, dann stehen wir Ihnen auch online zur Verfügung.“ Die Preisgabe der beruflichen Stellung und ihrer Aufgaben durch einige Mitarbeiter in sozialen Medien sei freiwillig erfolgt und könne gelöscht werden, um einem befürchteten Imageschaden vorzubeugen, so die Richter.
Das Bankhaus Obotritia, das laut Beschluss (Az 6 B 134/22) die Kosten des Verfahrens trägt, wollte sich auf Anfrage von Finanz-Szene nicht zur Entscheidung äußern, ebenso wenig der Wirtschaftsprüfer Domus. Allerdings hat das Münchner Institut inzwischen einen Plan präsentiert, wie es die festgestellten Mängel beheben will.
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