Kurz gebloggt

Unsere Banken und Fintechs im Lichte des Kriegs in der Ukraine

Wie schnell sich die Welt bisweilen verändert (und leider allzu oft zum Schlechten), erkennt man daran, dass wir Mitte Januar in diesem Newsletter vermeldet hatten, die HVB-Mutter Unicredit sei an einer Übernahme der Moskauer Bank Okritie interessiert. Ein westliches Geldhaus also (in diesem Fall: eins mit starkem Deutschland-Bezug), das ein russisches Geldhaus akquirieren könnte – die bloße Vorstellung erscheint im Lichte der vergangenen Tage und insbesondere im Lichte der gestrigen Ereignisse einigermaßen absurd.

Jedenfalls: Im Osten Europas herrscht jetzt also tatsächlich Krieg. Und auch wenn es angesichts dieser Tragödie unendlich viele Fragen gibt, die wichtiger sind als beispielsweise die Frage, wie denn die Deutsche-Bank-Aktie hierauf reagiert hat, gehört es zu unseren Aufgaben, auf (mögliche) Verbindungen zwischen den Vorgängen in der Ukraine und der Branche, über die wir Tag für Tag berichten, hinzuweisen. Zumal: Nicht überall sind die Zusammenhänge so abstrakt wie im Fall der Aktienkurse. Sondern, manchmal sind sie auch erschreckend konkret. Ein Beispiel: Die Solarisbank hat noch im Herbst einen Tech-Hub im Kiew eröffnet mit 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Auch das eine Nachricht aus einer scheinbar anderen Zeit.

Und nun? Erwarten Sie jetzt bitte nicht, dass wir als kleiner Newsletter zur großen Ost-West-Krieg-Politik-Banken-Finanzstrom-Swift-Analyse ausholen. Das übersteigt unseren Horizont. Was wir aber versucht haben, das ist, zumindest einige der offensichtlichsten Querverbindungen zwischen den Ereignissen in der Ukraine und der hiesigen Banken- und Fintech-Branche aufzulisten.

Bitte sehr:

1.) Der Blick auf die Banken

  • Alle verfügbaren Quellen halten das Exposure der deutschen Banken gegenüber Russland und der Ukraine für händelbar. Barkow Consulting etwa geht unter Berufung auf Notenbank-Zahlen von 6 Mrd. Euro (Russland) bzw. 600 Mio. Euro (Ukraine) aus. Die Commerzbank nannte ihr Engagement in beiden Ländern gestern „überschaubar“, die Aareal bezifferte ihr Russland-Exposure auf rund 200 Mio. Euro netto
  • Nichtsdestoweniger gerieten im Zuge des allgemeinen Markt-Crashs gestern auch hiesige Bankaktien massiv unter Druck. Die Deutsche-Bank-Aktie verlor 12,5%, die Commerzbank-Aktie 13,1%, die Anteilsscheine der Deutschen Pfandbriefbank 6,8%. Einzig die Aareal Bank hielt sich angesichts ihres (siehe hier) unerwartet bullishen Ausblicks wacker: Der Kurs ging gerade mal um 0,5% nach unten
  • Zumindest hinweisen wollen wir darauf, dass die in Frankfurt ansässige VTB Bank (Europe) SE per Ende 2020 Kundeneinlagen in Höhe von 4,7 Mrd. Euro auf ihren Büchern hatte – eingesammelt zum großen Teil bei deutschen Sparen (bei der Sberbank Europe sind es rund 5,2 Mrd. Euro Privatkunden-Einlagen, wobei der Anteil hiesiger Kunden bei ihr weniger klar ist, dem Vernehmen nach sind es rund 700 Mio. Euro). Wir zitieren diesbezüglich aus dem Geschäftsbericht der VTB Europe: „Die Einlagen der VTB Direktbank sind durch das gesetzliche Einlagensicherungssystem und den Einlagensicherungsfonds geschützt.“ Was zweifelsohne gut für die Sparer ist. Aber nicht zwingend für die BdB-Einlagensicherung (auch wenn die Welt natürlich nicht so funktioniert, dass das Geld jetzt per Lkw von Frankfurt nach Moskau gekarrt wird …), zumal…
  • … das US-Finanzministerium am Abend verkündete, man schneide die VTB Bank (Aktienkurs gestern: -42%) und die Sberbank (Aktienkurs gestern: -57%) komplett von der Abwicklung von Zahlung durch das US-Finanzsystem und mithin dem US-Dollar ab (U.S. Treasury Mitteilung) – allerdings nennt das US-Finanzministerium hier explizit die „VTB Bank Public Joint Stock Company“ als Ziel, nicht die europäische SE. Unabhängig davon hatte die VTB Bank (Europe) SE, die in Deutschland vor allem über die Marke „VTB Direkt“ bekannt ist, bereits am Mittwoch (mithin vor der Eskalation am Donnerstag in der Frühe) eine Informationsseite geschaltet zur Lage (siehe hier) und vor einer „Vielzahl von Kundenanfragen“ berichtet, deren Beantwortung längere Wartezeiten zur Folge habe
  • Auch wenn das Exposure deutscher Banken (siehe oben) überschaubar erscheint und auch andere westliche Institute ihre Geschäfte mit Russland nach der Krim-Annexion reduziert haben – es gibt schon noch Banken, die vergleichsweise stark in Russland engagiert sind. Etwa: die Unicredit (auch ohne Okritie), die Wiener Raiffeisen Bank International oder die Société Générale. Ein interessanter Überblick der Kollegen von „Bloomberg“ (via Capital)
  • Und noch zwei Linktipps: „Reuters“ erklärt, warum der Krieg in der Ukrainer den Weg zu möglichen EZB-Leitzinserhöhungen verkompliziert, und hier (Quelle: Protocol) noch ein paar Gedanken zu der Frage, was es bedeutet, wenn Russland aus dem Swift-System ausgeschlossen wird

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