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Ist „Instant“ wirklich der Gamechanger in der privaten Baufinanzierung?

Die gute Nachricht vorweg: Der Baufi-Markt meldet sich zurück. Im Jahr 2024 zeigte sich der Baufinanzierungsmarkt stabiler als erwartet, und das Neugeschäftsvolumen ist auch zu Beginn dieses Jahres im Aufwind. Trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten bleibt die Nachfrage, insbesondere bei Bestandsimmobilien, robust.

Grund genug für Banken und (Bau-)Sparkassen, das „Tal der Tränen“ im Immobiliengeschäft zu verlassen und sich wieder intensiv der Frage zu widmen, wie sie sich durch Innovationen differenzieren können oder durch effizientere Prozesse im Preiswettbewerb bestehen können. Apropos Wettbewerb: Der Einfluss von Plattformen wie Europace und Interhyp wächst, die per Definition den Wettbewerb auf der Anbieterseite zusätzlich anheizen. Zudem sorgte die ING im vergangenen Sommer für Aufsehen, als sie Pläne einer „Instant“-Baufinanzierung ankündigte.

Instant-Baufi als Game-Changer?

Die Idee der „Instant-Baufinanzierung“ ist nicht neu (siehe u.a. „OneClick“ von Hypoport), und doch unterstrich die mediale Aufregung einen Trend: Lösungen mit fallabschließendem Finanzierungsabschluss in wenigen Minuten werden zum vermeintlichen Goldstandard der Branche. Schlicht zu verlockend erscheint es, die User Experience im Wettbewerbsvergleich auf ein neues Level zu heben und gleichzeitig die Effizienzvorteile mitzunehmen, die die notwendige Automatisierung mit sich bringt. Aber: Zwingt das „race to instant“ somit automatisch alle Wettbewerber zur Teilnahme?

Die Technologie marschiert voran

Sicher ist: Angetrieben von den technologischen Möglichkeiten und regulatorischen Gegebenheiten haben sich die ersten Marktteilnehmer bereits auf den Weg gemacht: So hat die Erste Group bereits im Jahr 2021 die automatisierte materielle Prüfung gelauncht. Kunden der s Bausparkasse in Österreich erhalten instant eine verlässliche Finanzierungszusage, die lediglich noch der anschließenden (manuellen) formalen Prüfung standhalten muss. Ein Meilenstein für alle Finanzierungswilligen, die bis dato am Markt höchstens in den Genuss eines unverbindlichen Finanzierungszertifikats kamen. Immobilienbewertung, Abfrage bei Kreditauskunfteien, risikoadjustierte Konditionsberechnung unter Simulation von Stressszenarien – die zunehmende „API-isierung“ von Services und der Kontozugriff (seit PSD2) erlauben ungeahnte Vereinfachungen in der User Experience und bergen darüber hinaus – insb. im Zusammenspiel mit fortschrittlichen KI-Modellen – noch erhebliches Optimierungspotenzial in der Risikoprüfung.

Ein vollständig automatisierter Fallabschluss erscheint dennoch in weiter Ferne. Selbst wenn der Gang zum Notar nicht zur Definition der Instant-Baufinanzierung gezählt wird, müssen Banken trotzdem noch die Nuss rund um die formale Prüfung knacken. Der Gehaltsnachweis kann seit PSD2 digital und automatisiert ersetzt werden. Die fehlende zentrale und standardisierte Datenverfügbarkeit schränkt jedoch die Digitalisierungsmöglichkeiten bei der Überprüfung der immobilienbezogenen Dokumente ein. Insbesondere das Auslesen der Exposés, von Kauf- und Bauträgerverträgen oder auch die Interpretation der Objektfotos stellen noch regelmäßig eine Hürde dar. Mit Blick auf den technologischen Fortschritt insb. im Feld der künstlichen Intelligenz ist es jedoch nur eine Frage der Zeit, bis auch hier die Restriktionen fallen und der Instant-Baufinanzierung aus technologischer Sicht nichts mehr im Wege steht.

Ziehen die Kunden mit?

Stellen Sie sich vor, Ihre Baufinanzierung ist „instant“, aber keiner geht hin. Untersuchungen zeigen, dass „instant“ in der Baufinanzierung bisher nur eine geringe Relevanz für die (Retail-)Kunden hat. Diese schätzen vor allem transparente Prozesse und Planbarkeit. Im Gegenzug sind sie durchaus bereit, zwei Wochen oder mehr zu investieren – denn immerhin bleibt die Baufinanzierung für viele die größte Einzelausgabe im Leben. Zudem: Die Möglichkeit, persönlichen Kontakt – etwa per Telefon oder Video-Call – in der Antragsstrecke aufzunehmen, wird von Kunden als wichtiger erachtet als reine Effizienz. Besonders bei komplexeren Vorhaben bleibt diese Erwartung bestehen. Hinzu kommt, dass Kunden den technologischen und regulatorischen Fortschritt, wie z. B. den Zugriff auf das Konto, in der Realität vielfach zum Conversion-Killer verkommen lassen. Ein gezieltes Einwirken auf die Hindernisse wird durch die Heterogenität in der Baufinanzierung (mit den Variationen der Immobilienarten, Neubauten vs. Bestandsimmobilien, mit oder ohne Sanierungsbedarf etc.) zusätzlich erschwert oder zumindest verlangsamt.

Geht der Effizienz-Business-Case auf?

Auf den Vertriebserfolg einer Instant-Baufinanzierung gibt es keine automatische Garantie. Bleiben den Banken und Bausparkassen zumindest noch die Kostenersparnisse – oder etwa nicht? Die Krux: die Effizienzvorteile hängen an den Mengengerüsten möglichst einfacher Baufinanzierungen, die automatisiert verarbeitet werden können. Neben dem aktuell noch fehlenden Kundeninteresse an „instant“ verschiebt sich mit der Nachhaltigkeit als Megatrend der Markt jedoch in Richtung potenziell komplexerer Fälle mit Sanierungs- und Förderaspekten.

Also weiter wie bisher? Auf keinen Fall!

Die Instant-Baufinanzierung – das zeigt die Erfahrung aus zahlreichen Projekten – ist die Zukunft, weil sie das menschliche Streben nach Optimierung widerspiegelt. Der Weg zum Goldstandard „Instant“ ist für etablierte Anbieter, die in der Vergangenheit mit persönlicher Beratung punkten konnten, zweigleisig: Sie sollten kurz- und mittelfristig auf den Beratungsbedarf setzen und damit das Gros der Kunden bedienen. Parallel wird die Wertschöpfung – aus der Stärke dieses „klassischen“ Geschäfts heraus – in fünf Schritten auf Instant getrimmt:

  1. Die Finanzierungszusage nach automatisierter materieller Prüfung gemäß dem Vorbild der s Bausparkasse / Erste Group erzeugt das richtige Maß an digitalem Kundenerlebnis und schafft die Basis für effiziente Folgeprozesse. Der Fokus liegt zunächst auf einfachen Standardfällen.
  2. Die formale Prüfung wird gemäß technologischen Möglichkeiten teilweise automatisiert. Der verbleibende manuelle Teil wird digital durch entsprechende Aufbereitungen vereinfacht und auf ein effizientes Minimum reduziert.
  3. Der Kunde wird während der formalen Prüfung und in sämtlichen erforderlichen Schritten digital über einen entsprechenden Portalzugang begleitet und „bei Laune gehalten“. Der Abschluss mit der Unterschrift erfolgt ebenfalls digital.
  4. Mit den Erfahrungen aus den einfachen Standardfällen (siehe Punkt 1.) wird das Modell sukzessive auf komplexere Fälle ausgeweitet, wodurch die Stückzahlen in der Instant-Baufinanzierung steigen.
  5. Mit neuen technologischen und regulatorischen Möglichkeiten wird die Baufinanzierung mit der Zeit vollständig „instant“ (bis hin zum notariellen Prozess).

Insbesondere die verlässliche Instant-Finanzierungszusage (Punkt 1) schafft die notwendige Grundlage, um auf bereits vorhersehbare (ING, Hypoport) und noch unvorhersehbare Marktentwicklungen in Zukunft reagieren zu können. Sie ist für die etablierten Institute der effiziente „Instant-Kompromiss“.

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*Dr. Eddie Dubiel ist Geschäftsführer bei der Design- und Entwicklungseinheit „Applied by zeb“. Dr. Andreas Sumper ist Partner bei zeb und Experte für E2E Digitalisierung von komplexerem Bankgeschäft. Bastian Walkhoff ist Expert Partner bei zeb und inhaltlich vor allem für die Optimierung des Kreditgeschäfts in mittelständischen Banken zuständig. zeb consulting gehört zu den Premium-Partnern von Finanz-Szene. Mehr zu unserem Premium-Partner-Modell erfahren Sie hier

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