von H.-R. Dohms, G. Hädicke und C. Kirchner, 31. Oktober 2025
In unserem Fintech-Ticker halten wir Sie über die (vor allem deutschen) Finanz-Startups auf dem Laufenden.
Hier unser Ticker mit sämtlichen Meldungen aus Oktober 2025:
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Bei Trade Republic beginnen die Umsätze auf imposante Weise zu skalieren. Laut den am Wochenende offengelegten Zahlen summierten sich die Erträge des Berliner Neobrokers im Geschäftsjahr 2024 (genauer: 10/23–09/24) auf stolze 340 Mio. Euro. Davon entfielen allein 316 Mio. Euro auf Provisionen, verglichen mit dem Vorjahr eine Steigerung um drei Viertel. Mit welch mächtigem Hebel das Milliarden-Fintech mittlerweile unterwegs ist, erkennt man daran, dass die fixen Kosten gemessen an den explodierenden Erträgen kaum mitwachsen. So stiegen die Löhne und Gehälter um lediglich ein Fünftel auf 56 Mio. Euro, inklusive Sozialabgaben und Altersvorsorge kam Trade Republic auf einen Personalaufwand von gerade mal 66 Mio. Euro. Zwar verharrte die Cost-Income-Ratio bei erst einmal üppig anmutenden 83% (im Vorjahr waren es 85% gewesen). Das aber dürfte weniger an den eigentlichen Fixkosten liegen als an den mutmaßlich riesigen Marketingausgaben. Die enorme Wucht, die den Fintech-Geschäftsmodellen innewohnt (wenn sie denn funktionieren), zeigt sich derweil auch an einem weiteren spektakulären Beispiel. So hatten wir jüngst ja schon über das stark wachsende Neugeschäft des Düsseldorfer Fintechs Auxmoney berichtet. Nun allerdings – haben wir als erstes Medium überhaupt aktuelle Geschäftszahlen des fast 20 Jahre alten, notorisch klandestinen Konsumentenfinanzierers einsehen können. Und die haben es in sich!!! Unser exklusiver Doppelschlag am Montagmorgen:
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SumUp macht erstmals >1 Mrd. Euro Umsatz – aber bei nachlassendem Wachstum
Wie das Management von Solaris ausdünnt – und wer als nächstes gehen könnte
Dem milliardenschweren britisch-deutschen Terminal-Spezialisten SumUp kommen inmitten seiner aggressiven Expansions-Phase (siehe auch -> SumUp will europäische Banklizenz beantragen) zwei langjährige Top-Manager abhanden. Wie eine Sprecherin auf Anfrage von Finanz-Szene bestätigt, haben sowohl Europa-Chef Alex Riesenkampff als auch der Strategie-Verantwortliche Maximilian Stella das Payment-Fintech verlassen.
Für Riesenkampff, der schon einmal von 2012 bis 2015 bei SumUp gearbeitet hatte und 2020 wieder ins Europa-Geschäft eingestiegen war, gibt es laut SumUp keinen direkten Nachfolger. Die Rolle von Stella, der bereits seit dem Gründungsjahr 2012 an Bord war, soll nachbesetzt werden. Immerhin: Zur Konkurrenz ist keiner der beiden übergelaufen –Riesenkampff betätigt sich ausweislich seines Social-Media-Profils jetzt als Startup-Gründer, Stella als Investor.
Berliner Kreditkarten-Fintech Pliant bandelt mit sechs Volksbanken an
Dürfen Banken und Fintechs doch wieder auf den Riester-Jackpot hoffen?
Paypal gewinnt bei seinem Frontalangriff auf Apple Pay bemerkenswert schnell an Traktion. Rund vier Monate nach dem Start der neuen Kontaktlos-Bezahlfunktion für die Ladenkasse (siehe in unserem Payment-Ticker die Meldung „Tap to pay – Paypal startet den nächsten Versuch am physischen Point of Sale“) kommen die Amerikaner hierzulande bereits auf 5 Mio. Aktivierungen, wie die neue Deutschland-Chefin von Paypal, Carola Wahl, am Wochenende mitteilte. Zur Einordnung: Laut Angaben aus dem Jahr 2022 kam Paypal zum damaligen Zeitpunkt auf rund 33 Mio. Kunden in Deutschland. Man kann also grob davon ausgehen, dass etwa jeder siebte Paypal-Kunde die neue Funktion freigeschaltet hat.
Paypal hatte die neue Wallet-Lösung im Mai erstmals angekündigt – Deutschland war dabei der Pilot-Markt. Kunden können die „Tap to pay“-Funktion sowohl auf iOS- als auch auf Android-Smartphones installieren und dann mit ihrem Paypal-Konto kontaktlos bezahlen, wie es zuvor nur mit Debit- und Kreditkarten möglich war. Bei der Installation auf iOS-Geräten profitiert Paypal davon, dass Apple von der EU-Kommission Apple gezwungen worden war, seine für die kontaktlose Bezahlung nötige NFS-Schnittstelle auch für Wettbewerber zu öffnen. Siehe zu dem ganzen Thema auch unseren Podcast –> Genos vs. Paypal vs. Apple – jetzt geht die Schlacht im Payment so richtig los.
Die S-Finanzgruppe reagiert zunehmend auf die Konkurrenz großer Fintechs. Erst im Sommer hatte DSGV-Präsident Ulrich Reuter die Sparkassen-Vorstände in einem Brandbrief vor Neobrokern wie Trade Republic gewarnt (siehe –> Die lawinenartigen Umwälzungen im deutschen Retail-Brokerage). Nun gehen sie bei Auslandsüberweisungen eine neuartige Kooperation mit der US-Großbank BNY Mellon ein, um preislich besser mit spezialisierten Fintechs wie Wise oder Revolut mithalten zu können. Offenbar ist die Sorge groß, dass Kunden sonst im großen Stil zu solchen Dienstleistern abwandern.
Konkret sollen die Überweisungen in Nicht-EU-Länder bei Beträgen von bis zu 3.000 Euro um „bis zu“ 75% günstiger werden, schreibt „Reuters“. Bei zwei kleineren Sparkassen befinde sich das Projekt namens „Crossmo“ bereits in der Testphase. Ab Anfang Dezember sollen Kunden teilnehmender Sparkassen „Crossmo“ via App oder übers Online-Banking nutzen können, hat Axel Weiß, Head of Payments beim DSGV, jüngst angekündigt. Der Service biete feste Gebühren ohne versteckte Kosten und inklusive Währungsumrechnung, die vor jeder Zahlung angezeigt werden, wird beim DSGV geworben – offenbar in Abgrenzung zur bisherigen Praxis im Retail-Zahlungsverkehr. Zum Start sollen Überweisungen in 18 Länder ermöglicht werden, darunter die USA, Türkei, Indien, Polen und Großbritannien.
Die Kreditplattform Auxmoney stößt in neue Dimensionen vor. Wie Gründer und CEO Raffael Johnen gestern Abend im Gespräch mit Finanz-Szene offenlegte, wurden über den Marktplatz des Düsseldorfer Fintechs allein in den letzten sechs Monaten neue Konsumentenfinanzierungen im Umfang von rund 1,4 Mrd. Euro generiert. Zwar entfällt ein Teil dieses Geschäfts auf den Mitte 2023 aufgekauften niederländischen Kreditspezialisten „Lender & Sender“. Trotzdem dürften grob geschätzt vier Fünftel des Neugeschäfts aus dem deutschen Markt stammen. Das wären hochgerechnet auf zwölf Monate rund 2,25 Mrd. Euro – womit Auxmoney hierzulande jetzt rund doppelt so viele Kredite vergeben würde wie noch vor zwei Jahren. Was für ein riesiges Rad die Rheinländer mittlerweile drehen, zeigt sich, wenn man die Neugeschäftszahlen gegen jene etablierter Wettbewerber schneidet. Die S-Kreditpartner zum Beispiel, der Konsumentenfinanzierer der Sparkassen, kam in den zurückliegenden fünf Geschäftsjahren im Schnitt auf eine Neukreditvergabe von rund 4,5 Mrd. Euro – die Hälfte davon hat Auxmoney mithin jetzt schon erreicht. Die Teambank wiederum, der Ratenkredit-Spezialist der Volks- und Raiffeisenbanken, vermeldete für Januar bis Juni ein Neugeschäft von 1,4 Mrd. Euro. Also ziemlich exakt das Niveau von Auxmoney, wenn man die niederländische Tochter einrechnet. Wobei die Teambank für solche Volumina mit hunderten Ortsbanken vertrieblich kooperiert – während Auxmoney überhaupt nur rund 250 Mitarbeitern beschäftigt. Das erstaunlich hohe Wachstum des Fintechs spiegelt sich auch in seinen Verbriefungen. Gerade mal sechs Monate nach der letzten ABS-Transaktion vermeldete Auxmoney gestern Nachmittag, weitere 950 Mio. Euro am Kapitalmarkt platziert zu haben (das war der Anlass, warum wir uns an Johnen gewandt hatten). Ein Rekord. Für die Connaisseure: Dass das ABS-Volumen geringer ist als das Neugeschäftsvolumen, hat verschiedene Gründe, vor allem aber den, dass Auxmoney nur einen Teil der über die Plattform generierten Kredite aufs eigene Buch nimmt (und dann über die Verbriefungen refinanziert). Darüber hinaus erwerben beispielsweise Versicherer oder Pensionskassen auch direkt Kredite über den Marktplatz.
Wie das Inkasso-Fintech Pair Finance nach dem Finleap-Exit steilgeht
SumUp bemüht sich laut einem Bericht des UK-Branchendienstes The Banker um eine europäische Banklizenz. Demnach plant das deutsch-britische Payment-Fintech bereits im kommenden Frühjahr die entsprechenden Anträge für die EU und den UK-Markt zu stellen – mit dem Ziel, binnen „12 bis 18 Monaten eine europäische Challenger-Bank zu werden“, wie Chief Commercial Officer Luke Griffiths in dem Artikel zitiert wird. Die erste Banklizenz wäre es für SumUp freilich nicht, in Brasilien etwa firmiert das Fintech bereits seit diesem Jahr als Vollbank. SumUp äußerte sich gestern auf Anfrage von Finanz-Szene nicht weiter zu den Plänen.
Bislang operiert der Payment-Riese in Europa lediglich mit einer passportierten E-Geld-Lizenz. Die Vollbank-Ambitionen dürften hierzulande vor allem den Business-Banking-Platzhirschen Qonto (ehemals Penta), aber auch kleinere Player wie Holvi aufmerken lassen – schließlich drängen seit einigen Monaten immer mehr Digitalbanken und Fintechs auf den hiesigen KMU-Markt, etwa die britische Challenger-Bank Tide, die jüngst pivotierte Vivid Money oder halt auch die ING Diba, die Geschäftskunden seit vergangenem Jahr mit einem speziellen Angebot umgarnt. Dass SumUp vor aggressivem Vertrieb nicht zurückschreckt, hat das Fintech in seinem angestammten Payment-Geschäft dieses Jahr bereits gezeigt, sei es durch die Aufrüstung im Außendienst (siehe hier) oder durch den Pakt mit der Girocard (siehe hier).
Sämtliche Fintech-News aus September 2025
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