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Echtzeit-Zahlungen kennen kein Wochenende – sind Banken darauf vorbereitet?

Noch vor wenigen Monaten war es undenkbar, dass eine Zahlung scheitert – nicht, weil das System offline ist, sondern weil die Bank schlicht kein Geld mehr auf dem Konto hat. Das ändert sich mit Instant Payments (IP) und der Möglichkeit, Zahlungen rund um die Uhr vorzunehmen. IP verändern nicht nur den Zahlungsverkehr. Sie verändern die Art, wie Banken Liquidität vorhalten und steuern – und sie verändern die Erwartungshaltung der Kunden. Was als Erfolgsgeschichte begann, hat eine operative Schattenseite: Instant Payments verzeihen keine Fehler.

Mit der Verordnung vom 9. Januar 2025 sind Banken dazu verpflichtet, Instant-Payments-Zahlungen anzunehmen und ab Oktober 2025 auch ausgehende Zahlungen für ihre Kunden zu ermöglichen. Dabei dürfen diese nicht teurer als Standard SEPA-Überweisungen sein.

Diese neuen Vorgaben treffen die Banken in einer Zeit, in der Kunden immer mehr Tempo und Verfügbarkeit erwarten. IP-Zahlungen können 24/7, 365 Tage im Jahr getätigt werden. Somit auch nachts, am Wochenende sowie an Feiertagen. Für Banken bedeutet das, dass sie ihre Liquiditätsplanung an die dauerhafte Verfügbarkeit der Zahlungen anpassen müssen, denn im Gegensatz zum herkömmlichen Zahlungsverkehr gibt es bei IP keine zentralen “Feierabendzeiten” mehr.

Banken, welche bisher nur wochentags während der Geschäftszeiten Zahlungen abwickeln, stehen nun vor der Aufgabe, ausreichend Deckung für jede Zahlung bereitzuhalten. Gleichzeitig soll möglichst viel Geld gewinnbringend angelegt werden, anstatt bloß als Liquiditätspuffer zu dienen. Somit gewinnt eine robuste Liquiditätsplanung immer mehr an Bedeutung.

Das TIPS-Konto als Nadelöhr

Instant Payments werden in Europa über das EZB-System TARGET Instant Payment Settlement (TIPS) abgewickelt. Jede Bank, die IP-Zahlungen verarbeitet, muss dort ein separates TIPS-DCA führen – ein Konto für sofort verfügbares Zentralbankgeld.

Dieses Konto muss aktiv mit Liquidität befüllt werden – über das sogenannte Main Cash Account (MCA) im T2-System. Doch T2 ist nur an Werktagen tagsüber geöffnet, Transfers zwischen MCA und TIPS-DCA nur an diesen möglich.

Das heißt konkret: Ist das TIPS-Konto der Bank zum Beispiel am Sonntagabend leer, kann die Bank es nicht aktiv selbst befüllen.

Eine Gutschrift durch eine eingehende IP-Zahlung wäre zwar grundsätzlich auch außerhalb dieser Zeiten möglich, doch solche Zuflüsse sind nicht plan- oder steuerbar und bieten daher keine verlässliche Lösung zur Liquiditätssicherung.

Fehlt die Deckung, wird die Zahlung abgelehnt. Es gibt keine Kreditlinie, keine Überziehungsmöglichkeit, keine Warteschlange – und die Verantwortung, das TIPS-Konto rechtzeitig und ausreichend zu befüllen, liegt vollständig bei der Bank selbst.

Liquiditätsengpässe im Vergleich: SEPA-Überweisung vs. Instant Payment

Im traditionellen SEPA-Zahlungsverkehr werden Zahlungen nicht in Echtzeit abgewickelt, sondern in Batches oder zeitlich getakteten Verarbeitungszyklen. Wenn eine Bank zum Zeitpunkt der Verarbeitung nicht über genügend Deckung auf ihrem Zentralbankkonto verfügt, können die Transaktionen in eine Warteschlange gestellt werden. Je nach Priorität verweilen Zahlungsaufträge bei wenig Deckung in der Queue. Notfalls können Banken einen Intraday-Kredit bei der Zentralbank aufnehmen, um Engpässe vor Ende des Geschäftstages zu überbrücken. So blieben die Zahlungen selbst bei Verzögerungen in einem zumutbaren Rahmen und wurden üblicherweise am gleichen Tag oder am nächsten Werktag abgewickelt.

Bei IP-Zahlungen ist die Situation grundlegend anders. Wartezeiten und Warteschlangen existieren hier praktisch nicht. Jede Transaktion muss sofort abgewickelt oder verworfen werden. Fehlt die notwendige Deckung, scheitert die Zahlung in Echtzeit – wie genau dies dem Kunden mitgeteilt wird, legt jede Bank individuell fest. Insbesondere außerhalb der Geschäftszeiten ist dies problematisch, denn zu diesen Zeiten kann die Bank die fehlende Liquidität nicht beschaffen oder umschichten.

Für den Kunden bedeutet diese Fehlprognose unmittelbar einen Serviceausfall: Die Erwartung einer sekundenschnellen Gutschrift wird enttäuscht.  Das Kundenerlebnis leidet erheblich, denn der Kunde kann nicht wie geplant zahlen und ein dringender Kauf oder eine wichtige Gutschrift wird ihm verwehrt. Ein unzuverlässiger Service schädigt schnell das Vertrauen in die Bank – vor allem, wenn der Kunde den Grund nicht versteht.

Dies bedeutet auch ein Compliance-Risiko für die Bank: Die neue EU-Regulierung verpflichtet ausdrücklich zur Bereitstellung von Instant Payments. Wiederholte Ausfälle könnten aufsichtsrechtlich auffallen und zu Beanstandungen oder Maßnahmen der Aufsichtsbehörden führen.

Instant Payments verzeiht keine Fehler

Dazu ein (hypothetisches) Beispiel: Eine Regionalbank hat ihr TIPS-DCA Konto am Freitagnachmittag vermeintlich großzügig mit 50 Millionen Euro ausgestattet. Mit diesem Betrag soll die Bank gut durch das Wochenende kommen.

Am Samstag und Sonntag nutzen überraschend viele Kunden den neuen IP-Service der Bank. Ein großer Online-Händler führt eine Marketingaktion durch, bei der Käufe sofort per Echtzeit bezahlt werden. So kommt es, dass trotz Zugängen am Sonntagabend auf dem TIPS-DCA „nur noch“ fünf Millionen Euro zur Verfügung stehen.

Zu der Zeit möchte ein langjähriger Großkunde der Bank ein wichtiges Geschäft über zehn Millionen Euro über Instant Payments abschließen. Er gibt einen entsprechenden Zahlungsauftrag frei in der Erwartung, der Betrag sei innerhalb von wenigen Sekunden auf dem Konto des Empfängers.

Die Zahlung bleibt aus. Der Kunde erhält nach kurzem Warten eine Fehlermeldung. Es ist die Situation aufgetreten, die nicht passieren sollte: Die Bank hatte nicht genügend Liquidität auf ihrem TIPS-DCA, um die zehn Millionen Euro zu decken. TIPS lehnt den Auftrag ab und das Geld wird nicht überwiesen.

Der Großkunde verliert durch die geplatzte Zahlung einen wichtigen Geschäftsabschluss, aufgrund einer nicht fristgerechten Finanzierung. Durch den Serviceausfall verliert der Kunde das Vertrauen in die Bank und denkt über einen Wechsel nach, da die zugesagten Sofortzahlungen nicht funktionieren.

Hätte die Bank die Zahlungsströme besser prognostiziert, wäre der Engpass vermeidbar gewesen. Die Reputation der Bank nimmt durch diesen Vorfall Schaden.

Dieses hypothetische Beispiel zeigt: Instant Payments verzeihen keine Fehler. Im Zeitalter von IP ist ein vorausschauendes Liquiditätsmanagement Pflicht.

Gute Liquiditätsprognose ist entscheidend

Instant Payments können das Leben für den Bankkunden komfortabler machen, stellen aber hohe Anforderungen an das Treasury einer Bank. Wenn der Zahlungsverkehr stottert, liegt es oft an vermeidbaren Liquiditätslücken. Eine gute Liquiditätsprognose im Vorfeld ist essenziell, um die Versprechen der Echtzeit-Überweisungen aufrecht zuhalten, ohne dauerhaft mehr Liquidität bereitzuhalten, als aus Ertragssicht vertretbar ist. So lassen sich ebenfalls Reputationsrisiken minimieren, Kundenvertrauen sichern und regulatorische Auflagen erfüllen.

Wie die Liquiditätsprognose genau aussieht, wird von Bank zu Bank unterschiedlich sein, abhängig von der Größe der Bank, dem Aufbau des Kundenstamms und dem individuellen Risikoappetit. In einem Whitepaper zeigt die PPI AG exemplarische Modelle und Visualisierungen auf und bietet Ansätze zur Umsetzung eines solchen Prognosemodells: Zum Whitepaper

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*Doreen Wangard ist Managing Consultant und Alexander Zwank ist Consultant bei dem Beratungs- und Softwarehaus PPI AG. Die PPI AG gehört zu den Premium-Partnern von Finanz-Szene.de. Mehr zu unserem Partner-Modell erfahren Sie hier.

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