von Christian Kirchner und Heinz-Roger Dohms, 27. April 2023
In unserem Payment-Ticker finden Sie die Neuigkeiten rund um Zahlungsdienstleister, das Kartengeschäft der deutschen Banken und neue Geschäftsmodelle wie „Buy now, pay later“.
Hier der Ticker für März und April:
––––––––––––––––––––
Der Frankfurter Sparkassen-PSP Payone (genauer gesagt handelt es sich um ein Joint-Venture von Sparkassen und Worldline) bietet seinen Merchants neuerdings diverse „Buy now, pay later“-Lösungen an, welche technisch auf dem BNPL-Tool des Münchner Whitelabel-Fintechs Payla beruhen und refinanziert werden durch wen??? Durch die Vereinigte Volksbank Raiffeisenbank aus Reinheim (!!!), unseren Abonnentinnen und Abonnenten spätestens seit diesem Podcast hier besser bekannt als „Magerkurth-Volksbank“.
Nun hätten wir uns in der Tat gewundert, wenn irgendwer innerhalb der S-Finanzgruppe so ein BNPL-Tool selbst in der Schublade gehabt hätte – zumal „Buy now, pay later“ in den einschlägigen DSGV-Gremien ja ohnehin ein hochumstrittenes Thema ist. ABER: Dass der Sparkassen-Sektor mit einer gefühlten Bilanzsumme von 4,86 Quintillionen Euro das BNPL-Angebot seines Payment Service Providers auf die Fremdmittel einer Volksbank aus dem Odenwald stützt – das lässt im Grunde nur vier Schlüsse zu: 1.) Irgendwer macht hier viel richtig; 2.) Irgendwer macht hier viel falsch; 3.) Beides; oder 4.) Wir hier kapieren’s mal wieder nicht.
Nächstes Wallet-Experiment floppt: ADAC Pay wird eingestellt
Von der Doppel-Akquisition der European Payments Initiative hatten wir Ihnen ja schon erzählt (siehe weiter unten) – gestern nun hat die EPI Company gleich vier neue Gesellschafter bekanntgegeben. Nämlich die DZ Bank, die ihren EPI-Eintritt ja bereits signalisiert hatte. Sowie: der belgische Finanzdienstleister Belfius und ABN Amro und Rabobank aus den Niederlanden. Die letztgenannten Namen legen nahe, dass die drei Benelux-Institute ihre Partizipation tatsächlich an die Übernahme von iDeal und Payconiq geknüpft hatten. Auffällig: Die Commerzbank fehlt im Kreis der EPI-Banken weiterhin. Die Teilnahme werde „intern weiter diskutiert“, teilte das Institut auf Anfrage mit.
Zugleich präsentierte EPI gestern den weiteren Fahrplan: Den Beginn sollen Peer-to-peer-Zahlungen zwischen Kunden untereinander machen, gefolgt von Online-Zahlungen im E-Commerce sowie Zahlungen im stationären Handel. Zudem sollen Mehrwertdienste in die Wallet-Lösung integrieren werden. Dazu zählt EPI unter anderem „Buy now, pay later“-Angebote, Funktionen zur digitalen Identität und die Integration von Treue- und Bonusprogrammen. Die digitale Wallet mit P2P-Funktion soll Ende dieses Jahres in Frankreich und Deutschland in einer Pilotphase starten, eine breitere Produkteinführung soll dann Anfang 2024 erfolgen.
Natürlich klingt das jetzt erst einmal sehr gut alles. Die EPI Company startet mit einem Doppelschlag! Die EPI Company kauft den niederländischen Payment-Dienstleister iDeal!! Die EPI Company kauft den luxemburgischen Payment-Dienstleister Payconiq!!! Auf rund 60% Marktanteil soll iDeal im niederländischen E-Commerce kommen, die Zahl der Bezahlvorgänge wird mit etwa einer Milliarde jährlich angegeben – ein Vielfaches dessen, was hierzulande an Transaktionen über Paydirekt/Giropay läuft. Das Kalkül, so jedenfalls scheint es: Die neue EPI-Wallet soll in den Niederlanden vom Start weg zu den Marktführern gehören und von dort aus dann den Rest Europas aufrollen. Doch ist die Sache wirklich so einfach? Oder anders gefragt: Was bringen iDeal und Payconiq der (nicht unwesentlich von den deutschen Banken finanzierten) European Payments Initiative wirklich? Ein FAQ: FS Premium
European Payments Initiative startet mit gleich zwei Akquisitionen
Rund 20 Mio. Debitkarten von Visa bzw. Mastercard kursieren mittlerweile in Deutschland – Tendenz steigend. Trotzdem, das zeigen Recherchen von Finanz-Szene, suchen Kreditwirtschaft und Schufa immer noch nach einem angemessenen Umgang mit dem Phänomen. Rückblick: Bereits im November hatten wir exklusiv berichtet, dass sich der Schufa-Score von Kunden tendenziell verschlechtert, wenn deren Banken anstelle der klassischen Kreditkarte plötzlich die Debitkarte zu ihrem „Top-of-Wallet“-Produkt machen (also zu ihrer kostenlosen Standard-Karte). Das liegt daran, dass eine störungsfrei genutzte Kreditkarte aus Sicht der Schufa ein sogenanntes Positivmerkmal darstellt. Fällt die Karte weg, geht auch die positive Kredithistorie verloren – mit entsprechenden Konsequenzen für die Bonität des Kunden, gerade in den ersten Monaten nach dem Kartenwechsel. Neue Recherchen von Finanz-Szene belegen nun indes, dass die Probleme mit den Debitkarten von Visa bzw. Mastercard noch deutlich tiefer liegen. So gibt es neben dem im November skizzierten Szenario offenbar noch etliche weitere Fälle, in denen eine Debitkarte den Schufa-Score des Kunden unnötig zu verschlechtern droht. Wie genau? Das ist kompliziert. Und also genau die richtige Materie für einen „Deep Dive“. Bitte sehr: FS Premium
Landesbank Berlin bleibt auf Kartengeschäft sitzen – wie lange noch?
Als die Solarisbank im September den Zuschlag für das ADAC-Kreditkartenportfolios bekam (siehe -> Das große FAQ zum Deal zwischen Solarisbank und ADAC) – da war klar: Der bis dato vor allem auf das simple „Konto + Debitkarte“ Modell spezialisierte Berliner „Banking as a Service“-Spezialist würde nun also mit voller Macht ins Geschäft mit „echten“ Charge-Kreditkarten einsteigen. Was natürlich auch bedeutet, die entsprechenden Kreditrisiken managen zu müssen.
Nun macht Solaris damit zum ersten Mal (jedenfalls nach unserem Kenntnisstand) ernst: So ist laut Recherchen von Finanz-Szene dieser Tage das Angebot „Mobilize Pay“ live gegangen, hinter dem die Solarisbank gemeinsam mit Visa und der französischen RCI Bank (das ist die Bank des Autobauers Renault) steht. Ziel ist es, am Markt eine Kreditkarte zu etablieren, die zugleich als Ladekarte für 300.000 E-Ladesäulen in ganz Europa fungieren soll. Die Karte bietet dabei auch kostenlose Geldabhebe-Möglichkeiten sowie Teilzahlungen; Apple und Google Pay sollen folgen.
Aus Unternehmenssicht sind an der Kooperation mindestens drei Aspekte interessant:
Ein Solarisbank-Sprecher wollte den letzten Punkt nicht kommentieren. Er bestätigte in Bezug auf die RCI Bank, dass man sich „mit diesem Unternehmen in fortlaufenden Gesprächen befinden“.
Es gibt auch noch gute Nachrichten. Nach allem, was wir in Erfahrung bringen konnten, ist die Target2-Migration (alle Hintergründe in unserem großen Themen-Dossier) gestern mehr oder weniger störungsfrei verlaufen. Am ersten Werktag unter Volllast offenbarte das neue Abwicklungssystem für den europäischen Zahlungsverkehr lediglich zwischen 12 und 15 Uhr ein paar größere Störungen (von denen europaweit exakt 423 Banken betroffen waren). Das Problem ließ sich allerdings dadurch beheben, dass die entsprechenden Transaktionen am Nachmittag noch einmal durchgeführt wurden.
Ansonsten? Verschob sich abends noch lediglich die für kurz nach 18.30 Uhr angesetzte Schlussabwicklung und der Start des neuen Handelstags um rund drei Stunden. Gemessen an den mit der Migration verbundenen Ausführungsrisiken zogen von Finanz-Szene befragten Expertinnen und Experten am späten Abend eine sehr positive Bilanz.
Sparkassen-Mann Ottmar Bloching wird neuer Payone-Chef
Bislang ist es ein Schlagwort, das nur Eingeweihten etwas sagt. Und doch: Die DZ Bank ist bei „Request to Pay“ bereits vorgeprescht, und auch Deutsche Bank und Commerzbank haben das Thema zumindest mal auf ihre Agenda genommen. Ist „RtP“ (wie die Connaisseure sagen) also das neue heiße Eisen im Zahlungsverkehr? Oder doch nur ein Glühwürmchen? Und: Welche Hindernisse sind noch zu nehmen, wie sieht’s mit der Umsetzung aus – und was ist „Request to pay“ überhaupt. Mit all diesen Fragen hat sich Ralf Hesse von unserem Premium-Partner Osthaven auseinandergesetzt. Hier seine Erkenntnisse, dargeboten in Form eines Theaterstücks: Finanz-Szene (frei zugänglich)
Von Target2 bis Visa Deutschland: Alle Payment-News aus dem Februar
Die Artikel von Finanz-Szene sind urheberrechtlich geschützt und nur für den jeweiligen Premium-Abonnenten persönlich bestimmt. Die Weitergabe – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Wie Sie Inhalte rechtssicher teilen können (z.B. via Pressespiegel), erfahren Sie hier.
Danke für Ihr Verständnis. Durch Ihr Abonnement sichern Sie ein Stück Journalismus!