Vergütungs-Serie (#1)

Mehr als 100?! Zahl der Vergütungs-Millionäre bei Sparkassen explodiert

Darf ein Sparkassen-Vorstand mehr verdienen als die Bundeskanzlerin? Diese Frage kam 2016 auf, als Recherchen von „Correctiv“ und „FAZ“ zutage förderten, dass Spitzenkräfte bei hiesigen Kommunalinstituten mit bis zu 850.000 Euro p.a. entlohnt werden. Freilich – heutzutage müsste die Frage anders gestellt werden. Zum einen, weil die Bundeskanzlerin inzwischen ein Bundeskanzler ist. Vor allem aber, weil es bei vielen Sparkassen-Vorständen unter Einrechnung der (zinsbedingt seit Jahren explodierenden) Pensions-Rückstellungen längst nicht mehr um sechsstellige Beträge geht – sondern um signifikant siebenstellige.

Nun war es bislang allerdings so, dass man über die genaue Höhe der Saläre in den allermeisten Fällen lediglich Mutmaßungen anstellen konnte. Weil die Gesetzeslage einzig die Sparkassen in Nordrhein-Westfalen dazu anhielt, die Bezüge ihrer Vorstände detailliert zu zeigen. Seit Kurzem indes – ist alles anders! Eine Novellierung der Offenlegungs-Verordnung verpflichtet nun nämlich alle großen und sogar Dutzende von mittelgroßen Sparkassen, die Zahl ihrer Vergütungs-Millionäre zu publizieren.

Finanz-Szene hat daher in den vergangenen Tagen die Offenlegungsberichte (und teils auch zur Ergänzung die Geschäftsberichte) der 100 größten deutschen Sparkassen durchstöbert – und kommt zu Ergebnissen, die man kaum für möglich gehalten hätte. Obwohl bislang nur ein Teil der Institute die Berichte überhaupt schon publiziert hat, kommen wir bei der Zählung bereits auf 78 Mitarbeiter mit einer Gesamtvergütung (wie gesagt: inklusive Zuführung zu Pensions-Rückstellungen) in Höhe von mindestens 1 Mio. Euro und teils sogar deeeeutlich mehr.

Hier die Ergebnisse unserer Recherche (die komplette tabellarische Übersicht finden Sie ganz unten):

1.) Was sind die zentralen Ergebnisse der Auswertung?

  • 43 Sparkassen haben die Zahl ihrer Vergütungs-Millionäre (bislang) noch nicht offengelegt – entweder, weil sie sich (bewusst?) Zeit damit lassen oder weil trotz Verschärfung der Offenlegungspflichten immer noch nicht dazu verpflichtet sind.
  • 18 Sparkassen haben im vergangenen Jahr erklärtermaßen keine Einkommens-Millionäre hervorgebracht, darunter auch drei Top-15-Häuser, nämlich die Sparkasse Hannover, die Sparkasse Pforzheim-Calw und die Nassauische Sparkasse.
  • Bei 39 Sparkassen lässt sich auf Basis von Offenlegungs- bzw. Geschäftsbericht bereits sehen, dass sie 2021 mindestens einen Mitarbeiter beschäftigt haben, dessen Vergütung sich auf mindestens 1 Mio. Euro belief. Häufig findet sich in den betreffenden Sparkassen allerdings nicht nur ein Vergütungs-Millionär, sondern zwei oder noch mehr. Die Folge: Allein auf die besagten 39 Sparkassen entfielen 78 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit mindestens 1 Mio. Euro Gesamtvergütung.

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2.) Wie viele „Millionäre“ dürfte es insgesamt geben?

Mit einiger Plausibilität mehr als 100. Weil …

  • unter den Sparkassen, die noch keinerlei Publizierung für 2021 vorgenommen haben, auch solche sind, bei denen zumindest einige Vorstände im siebenstelligen Vergleich vergütet worden sein dürften. Etwa: die Kreissparkasse Köln, die auch in den Vorjahren bereits auf mehrere Vergütungs-Millionäre kam.
  • es einige Sparkasse geben dürfte, die zwar weiterhin außerhalb der Offenlegungspflicht unterwegs sind – die aber trotzdem hohe Vergütungen gewähren.
  • man vermutlich sogar außerhalb der Top-100 noch „Millionärs-Sparkassen“ finden würde.

Um die zweite und die dritte Behauptung zu verplausibilisieren:

  • Unter den zehn kleinsten Top-100-Sparkassen, die ihre „Millionäre“ überhaupt offenlegen, sind nur zwei, die keine „Millionäre“ in den eigenen Reihen hatten.
  • Beispielhaft seien die Sparkasse Düren (#90 im Ranking der größten Sparkassen) und die Sparkasse Siegen (#99) genannt, bei denen jeweils zwei Vorstände auf eine Vergütung jenseits der 1-Mio.-Euro-Grenzen kamen.

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3. Warum sind die Vergütungen überhaupt so explodiert?

Dieser Zusammenhang, auch wenn er eigentlich bekannt ist, sollte fairerweise einmal betont werden:

  • Sparkassen zahlen immer schon Gehälter, die man angesichts des wenig kompetitiven Job-Markts für Sparkassen-Manager sehr erstaunlich finden darf …
  • … Hinzu kommt allerdings, dass in die Vergütungen auch Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen eingerechnet werden. Diese Rückstellungen sind wegen des Zinstief in den letzten Jahren explodiert – mit der Folge, dass bei etlichen Sparkassen-Vorständen die Altersvorsorge-Komponente inzwischen die eigentliche Gehalts-Komponente übersteigt.

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4.) Gibt es auch Mitarbeiter, die deutlich mehr als 1 Mio. Euro verdienten?

Aber sicher. Finanz-Szene zählte …

  • … 16 Sparkässler, die mit irgendwas zwischen 1,5 Mio. und 2,0 Mio. Euro rauskamen
  • …  5 Sparkässler, die mit irgendwas zwischen 2,0 Mio. und 2,5 Mio. Euro rauskamen sowie
  • … 1 (Ex-)Sparkässler, der laut Offenlegungsbericht mit irgendwas zwischen 6,0 Mio. und 7,0 Mio. Euro rauskam.

Weil einem der letzte Fall etwas kontraintuitiv vorkommt, haben wir diesem einen eigenen, kleinen Artikel gewidmet. Geht gleich live und werden wir an dieser Stelle hier verlinken …

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5.) Gibt es eine Korrelation zwischen Performance und Vergütung?

Auf den ersten Blick nein und auf den zweiten Blick auch nicht. Wir werden dem Thema demnächst (und zwar nicht nur bezogen auf die Sparkassen) aber noch mal einen dritten Blick widmen.

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6.) Gibt es eine Korrelation zwischen Größe und Vergütung?

Ja – aber selbst um diese zu erkennen, muss man sehr genau hinschauen. Denn, und jetzt wird es für einen kurzen Moment vollends absurd …

  • Weiter oben hatten wir ja schon angemerkt, dass unter den zehn kleinsten Top-100-Sparkassen, die ihre „Millionäre“ überhaupt offenlegen, nur zwei sind, die keine „Millionäre“ in den eigenen Reihen hatten.
  • Umgekehrt sind unter den zehn größten Top-100-Sparkassen, die ihre „Millionäre“ überhaupt offenlegen, indes drei (!) , die keine „Millionäre“ in den eigenen Reihen hatten.

Man könnte im ersten Moment also fast meinen, es gäbe, wenn überhaupt, dann eine Korrelation dergestalt, dass die kleinen Sparkassen mehr „Millionäre“ hervorbringen als die großen …

Dies allerdings wäre dann doch eine statistischer Fehlinterpretation (die sich durch regionale Besonderheiten sowohl in der Vergütung als auch in der Offenlegung ergibt).

In Wirklichkeit sieht es, würde man alle Daten kennen, vermutlich wie folgt aus: Die großen Sparkassen bringen zwar nicht zwingend mehr „Millionäre“ hervor – wohl aber mehr Mitarbeiter, die mit deutlich mehr als 1 Mio. Euro  vergütet werden.

Belege:

  • Der „6-Mio.-Euro-Fall“ hat sich bei der Sparkasse Münsterland-Ost zugetragen (#19 im Ranking der größten Sparkassen).
  • Von den fünf Fällen zwei 2,0 Mio. und 2,5 Mio. Euro spielen drei bei Top-20-Sparkassen, nämlich Stadtsparkasse Düsseldorf (#10), Sparkasse Bremen (#11) und Ostsächsische Sparkasse (#14).
  • Zwar kamen auch die Kreissparkasse Steinfurt (#75) und die Sparkasse Kaiserslautern (#76) auf Vergütungen zwischen 1,5 Mio. und 2,0 Mio. Euro. Das allerdings war die Ausnahme. Gleich drei Mitarbeiter in dieser Vergütungsklasse fanden sich dagegen bei der Hamburger Sparkasse (#1), ebenfalls drei bei der Sparkasse Aachen (#12) sowie jeweils zwei bei der Kreissparkasse München Starnberg Ebersberg (#15) und bei der Stadtsparkasse Dortmund (#23).

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7. Gibt es regionale Auffälligkeiten?

Ja – wobei leider die Zeit für eine gründliche Analyse selbiger fehlte. Was sich sagen lässt:

  • In Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz gibt es auffällig viele Vergütungs-Millionäre, selbst bei eher kleinen Instituten. Auch Schleswig-Holstein lässt sich nicht lumpen.
  • In Hessen findet sich dagegen mit Ausnahme der Frankfurter Sparkasse kein einziger Vergütungs-Millionär.

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8. Und hier die große Tabelle:

(Wo gar nichts steht, das sind die Top-100-Sparkassen, die – noch – keine Angaben zu ihren Vergütungs-Millionären in 2021 gemacht haben.)

Sortierkriterium ist die Bilanzsumme 2021

Gesamt 1,0 bis 1,5 Mio. € 1.5 bis 2,0 Mio. € 2,0 bis 2,5 Mio. € 6,0 bis 7,0 Mio. €
Haspa 4 x xxx
KSK Köln
KölnBonn 3 xx x
München 3 xxx
Fraspa 1 x
Hannover 0
MBS in Potsdam
Pforzheim Calw 0
SSK Düsseldorf 2 x x
Bremen 2 x x
Aachen 5 xx xxx
Nassauische 0
Ostsächsische 2 x x
München Starnberg Ebersberg 2 xx
Nürnberg 4 xxxx
Heilbronn
Ludwigsburg 3 xxx
Münsterland Ost 3 xx x
Oldenburg 0
Leipzig
Esslingen-Nürtingen 2 xx
Dortmund 2 xx
Mainfranken Würzburg
Böblingen 3 xxx
Krefeld
Karlsruhe 1 x
Westmünsterland 1 x
Waiblingen 2 xx
Essen 2 xx
Hildesheim Goslar Peine 2 x x
Paderborn-Detmold
Förde Sparkasse 2 x x
Wuppertal 0
Bochum
Osnabrück
Holstein 2 xx
Taunus 0
Heidelberg
Erlangen Höchstadt Herzogenaurach 0
Bielefeld 1 x
Saarbrücken 0
Freiburg-Nördlicher Breisgau 0
Nord-Ostsee Sparkasse 2 xx
Augsburg 0
Vest Recklinghausen 1 x
Neuss
Celle-Gifhorn-Wolfsburg 0
Kassel 0
Ulm 0
Duisburg 2 x x
Biberach 0
Ingolstadt Eichstätt 0
Südholstein 2 x x
Göppingen 0
Ostalb
Tübingen 2 x x
Rhein-Nahe
Rosenheim-Bad Aibling
Reutlingen 1 x
Saalesparkasse
Herford 2 xx
Hanau 0
Darmstadt
Mittelthüringen
Mönchengladbach 3 xxx
Erzgebirgssparkasse
Koblenz
Oberhessen
Vorderpfalz 1 x
Ravensburg
Ostseesparkasse Rostock
Südpfalz
Rhein Neckar Nord 0
Steinfurt 2 x x
Kaiserslautern 2 x x
Aschaffenburg-Alzenau
Chemnitz
Memmingen-Lindau-Mindelheim
Bodensee
Vorpommern
Trier
SK Allgäu
SK Niederbayern Mitte
SK Offenburg/Ortenau
SK Marburg-Biedenkopf
Ansbach
Landshut
Regensburg
Düren 2 xx
Schweinfurt-Haßberge
Spree-Neiße
Bamberg
Göttingen
Rhein-Haardt
Schwarzwald-Beer
Kraichgau
Harburg-Buxtehude
Siegen 2 xx
Oberlausitz-Niederschlesien
Mittelfranken-Süd

 

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