von B. Neubacher, C. Behr, H.-R. Dohms, H. Kohlhaus und G. Hädicke, 15. November 2025
In unserem Genobanken-Ticker verfolgen wir Volks- und Raiffeisenbanken genauso wie PSD- und Sparda-Banken, die DZ-Bank-Gruppe genauso wie die Atruvia.
Hier unser Ticker für November 2025:
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Mit dem Genosektor und der Volksbank Brawo (kurz für „Braunschweig-Wolfsburg“) ist es ein wenig wie mit der Großfamilie und dem leicht abgedrehten Onkel. Man wundert sich. Aber lässt’s geschehen. Weil: So ist er halt, der Onkel. Wie im Mai 2019. Da eröffnet die Volksbank Brawo in den oberen Stockwerken ihrer Zentrale im bankeigenen „BraWoPark“ das bankeigene Edelrestaurant „Überland“. Mit Starkoch Tim Mälzer als Partner. Und der Ehefrau des Bankchefs als Geschäftsführerin der betreibenden „BG Gastro Holding“. Im Genosektor wundert man sich. Aber lässt’s geschehen. Die Volksbank Brawo? So ist er halt, der Onkel. Heute, sechs Jahre später, gehört die Volksbank Brawo immer noch zu den wichtigsten Tuschelthemen im Sektor. Allerdings ist die Verwunderung von einst längst einer tiefen Sorge gewichen. Es geht nicht mehr um Lappalien wie das übrigens seit Jahren defizitäre Nobelrestaurant oder andere aparte Investments wie die eigene Brauerei. Sondern: Es geht jetzt ums große Ganze! Mit ihrer brutal expandierten Bilanzsumme und ihren ausufernden Immobilien-Investments (siehe schon im Januar 2021 unser Stück –> Wie eine stinknormale Volksbank zum Immobilienkonzern mutierte) ist die Volksbank Brawo heutzutage ein Schlüsselakteur der genossenschaftlichen Finanzgruppe. Und alle Beteiligten, vom BVR über die Sicherungseinrichtung bis hin zur Bafin, wissen: Andere Institute mit starkem Immo-Fokus sind in den letzten Jahren in die Bredouille geraten. Könnte das der Brawo – die in die meisten Objekte sogar direkt investierte! – auch passieren? Angeblich nein. Die Brawo erhält „Lob von der Bafin“ (Quelle: Platow). Rutscht in den aufsichtlichen Risikoklassen „hoch“ statt runter (Quelle: Platow). Und murrt der Sektor doch einmal über die Brawo – dann „entschuldigt sich“ hinterher der BVR (Quelle: Platow). Hat die Brawo ihre Risiken also wirklich im Griff? Schön wär’s! Unser Deep Dive: FS Premium
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BVR soll Volksbank Brawo zum „Restrukturierungs-Fall“ erklärt haben
Eine auffällige Satzungsänderung bei der Sparda Hessen wirft ein Schlaglicht auf die regulatorischen Implikationen der Immobilien-Aktivitäten deutscher Banken. Nach Informationen von Finanz-Szene hat das genossenschaftliche Institut seine Statuten kürzlich um eine weitere Tätigkeit (neben den typischen Tätigkeiten wie Kredit- oder Einlagengeschäft) erweitert – nämlich um den Erwerb, den Verkauf und die Übertragung „von Immobilien aller Art“. Dabei gehe es sowohl um die Vermietung also auch um die Verwaltung von eigenen Immobilien, ist in der veränderten Satzung zu lesen. Ein Einzelfall? Oder steckt mehr dahinter? Hier entlang: FS Premium
PSD Koblenz gibt auf – VR Bank schwingt sich zum regionalen Konsolidierer auf
Kaum eine Bank hat eine so klare Identität wie die Sparda Berlin, zumindest im Marketing. „Deine Bank im Osten“, lautet der Slogan des Instituts, geworben wird mit „persönlicher Beratung von Ostsee bis Erzgebirge – digital und vor Ort“. Dazu passend posiert der social-media-affine Vorstandschef Frank Kohler (53) auch mal mit einem T-Shirt, auf dem steht: „Wenn ich einmal groß bin, will ich Ossi werden“ … Auch bilanziell hat die Sparda Berlin inzwischen eine klare Identität. Die allerdings deutet darauf hin, dass das Institut (trotz 59 Geschäfts- und 17 SB-Stellen, die in den sechs östlichen Bundesländern unterhalten werden) sein Geld beileibe nicht nur im Osten verdient. Bitte sehr: FS Premium
Die PSD-Banken erwirtschaften in der gruppenweiten Betrachtung weiterhin Gewinn – wenn auch nicht besonders viel. Wie der Interimschef des Verbands der PSD Banken, David Peters, dem Handelsblatt (Paywall) sagte, kamen die elf Institute im abgelaufenen Geschäftsjahr auf ein Betriebsergebnis nach Bewertung von zusammen 84 Mio. Euro. Gemessen an der durchschnittlichen Bilanzsumme dürfte das grob geschätzt einem Wert irgendwo um die 0,30% entsprechen. Zum Vergleich: Die genossenschaftlichen Primärbanken insgesamt hatten laut BVR-Angaben einen Wert – wohlgemerkt vor Bewertung – von 0,95% erzielt. Wie sich die 84 Mio. Euro zusammensetzen, wollte Peters nicht preisgeben. Laut Recherchen von Finanz-Szene dürften dem Ergebnis keinesfalls nur operativ erwirtschaftete Erträge zugrunde liegen. So kam zum Beispiel die PSD Bank München (siehe hier) im vergangenen Jahr auf eine Cost-Income-Ratio von 199%, bei der PSD Bank Koblenz waren es 127%. In beiden Fällen hatten letztlich Sondereffekte dafür gesorgt, dass das Ergebnis besser ausfiel, als es die desaströse Aufwandsquote hätte vermuten lassen. Knapp dreistellig war 2024 auch die Aufwandsquote der PSD Bank Karlsruhe-Neustadt.
Apobank geht mit Debt-Fonds ins Rennen – bis zu 750 Mio. Euro Volumen
Während die meisten Sparda-Banken im Zuge der Zinswende wieder merklich an Ertragskraft gewonnen haben, gibt zumindest ein Institut aus der Gruppe aktuell Anlass zur Sorge – nämlich die Sparda Augsburg. Wie eine kursorische Analyse der jüngsten Geschäftsberichte zeigt, benötigt die kleinste der elf Sparda-Banken offenbar schon seit Jahren irgendwelche Formen von Sondererträgen, um positive Ergebnisse ausweisen zu können. Konkret: 2022 spülte die Übertragung des eigenen Bankgebäudes auf eine im gleichen Jahr neu gegründete Tochtergesellschaft fast 14 Mio. Euro in die Kasse; 2023 verbesserte sich das zuvor tiefrote Bewertungsergebnis mal eben um fast 26 Mio. Euro, was laut Geschäftsbericht unter anderem an „diversen Zuschreibungen und Erträgen im Wertpapierbereich“ lag; 2024 sorgte erneut das Bewertungsergebnis dafür, dass aus dem negativen Betriebsergebnis vor Bewertung doch noch ein positives „Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit“ wurde. Erfahren Sie hier, wo genau die Probleme herrühren, welche schwindelerregende Werte die Cost-Income-Ratio zuletzt erreichte – und wie es für die Augsburger weitergeht: FS Premium
Welcher Schaden der Hannoverschen Volksbank aus der Immac-Pleite droht
Immerhin, irgendwer hat am 3. November beim Verband der PSD Banken e.V. tatsächlich die Tür aufgesperrt. Oder wenigstens den Rechner hochgefahren (was theoretisch ja auch aus dem Homeoffice ginge). Zwar reagierte der Pressesprecher – wenn es den denn noch gibt – auch am Montag nicht auf unsere am Sonntag übermittelten Fragen zum Ausscheiden von Verbandschef Dieter Jurgeit. Wohl aber verschwanden in den frühen Morgenstunden still und leise Jurgeits Foto und seine Vita von der Verbands-Website. So ganz falsch kann unsere Exklusiv-Meldung vom vorhergehenden Wochenende also nicht gewesen sein. Freilich: Auch wenn die Umstände des Jurgeit-Rückzugs erstmal diffus blieben – interessanter ist, was die Demission für die Zukunft des Verbands bedeutet. Denn, so jedenfalls drückt es einer aus, der weit oben angesiedelt ist in der genossenschaftlichen Finanzgruppe: „Dieter Jurgeit war derjenige, der den ganzen Laden noch irgendwie zusammengehalten hat.“ Wie lange hält der PSD-Verband noch durch? Und wie lange lässt der BVR die Gruppe noch gewähren? Eine Bestandsaufnahme: FS Premium
Verbünde verdauen Depot-A-Schock – und bilden wieder stille Reserven
Bei den PSD-Banken geht es weiter Schlag auf Schlag. Nachdem die Geschäftszahlen zuletzt teils regelrecht verheerend ausfielen, mehrere Institute aus der Gruppe in Fusionen flüchteten und die Bafin grundlegende Zweifel an Geschäftsmodellen zweier PSD-Banken äußerte, wirft jetzt auch noch Verbandschef Dieter Jurgeit hin, wie Finanz-Szene exklusiv erfahren hat. Laut unseren Informationen haben sich der 66-Jährige und der Verbandsrat auf die Trennung bereits verständigt. Jurgeit gehe auf eigenen Wunsch, angeblich soll er Ende Oktober den Schreibtisch geräumt haben, wie Insider berichten. Das Geno-Urgestein Jurgeit war nach Stationen bei der WGZ Bank und einer genossenschaftlichen Primärbank in den früheren 1990er-Jahren erstmals beim Verband der PSD-Banken aufgeschlagen – damals als Geschäftsbereichsleiter. Im Jahr 2000 wechselte er dann zur PSD Bank Nord, der er mehr als anderthalb Jahrzehnte vorstand, bevor es ihn 2017 zurück zum Verband zog, diesmal als Chef. Ein Kandidat für die Nachfolge dürfte David Peters sein. Der war Anfang 2022 vom Sparkassenverband Niedersachsen zum PSD-Banken-Verband nach Bonn gewechselt und gehört nicht nur dem Vorstand an, sondern ist auch Leiter des Prüfdienstes. Wie lange die PSD-Gruppe sich allerdings überhaupt noch einen eigenen Verband (mit entsprechenden Prüfungskompetenzen) leistet, ist nach dem Rückzug Jurgeits offener denn je. Beim Verband war am Sonntagnachmittag telefonisch niemand zu erreichen, eine Mailanfrage blieb zunächst unbeantwortet.
Sämtliche Genobanken-News aus Oktober 2025
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