von C. Kirchner, H.-R. Dohms und G. Hädicke, 30. Juni 2023
In unserem Payment-Ticker finden Sie die Neuigkeiten rund um Zahlungsdienstleister, das Kartengeschäft der deutschen Banken und neue Geschäftsmodelle wie „Buy now, pay later“.
Hier der Ticker für Juni 2023:
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Erheblicher Rückschlag für die Solarisbank: Wie aus einer Kunden-Information des ADAC hervorgeht, übernimmt der Berliner „Banking as a Service“-Spezialist das Kreditkarten-Portfolio des Automobilclubs deutlich später als ursprünglich geplant. Eigentlich sollte die Migration der insgesamt 1,3 Mio. Karten im Laufe der zweiten Jahreshälfte vollzogen werden. In der Mitteilung des ADAC ist nun allerdings vom April 2024 die Rede – bis dahin werde das Portfolio auch weiterhin von der Berliner Landesbank betreut. Die Details: FS Premium
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Wie EPI (bei aller Skepsis) vielleicht doch ein Erfolg werden könnte: Die European Payments Initiative ist eben erst gestartet – und doch herrscht im Markt schon jetzt eine „EPI ist zum Scheitern verurteilt“-Stimmung. Statt den vielen Abgesängen einen weiteren hinzuzufügen, soll heute lieber gefragt werden: Was müsste passieren, um aus der European Payments Initiative (oder genauer: aus „EPI 2.0“) vielleicht doch ein Erfolgsprojekt zu machen? Lesen Sie hier die Vorschläge unseres Premium-Partners Osthaven: Finanz-Szene (frei zugänglich)
European Payments Initiative: Oranje-Banken besitzen Rückzugs-Option
Echt jetzt? Der mittlerweile fünfte Bericht des Wirecard-Insolvenzverwalters bekräftigt, dass das vermeintliche Asien-Geschäft des havarierten Payment-Konzerns wohl weit überwiegend erfunden war – und könnte damit die Verteidigungsstrategie von Ex-Chef Braun unterminieren. Süddeutsche, HB (Paywall)
Sparkassen-Acquirer Payone schließt seine Hochrisiko-Sparte
Der Airplus-Verkauf (an eine Bank). Und der Mobility-Rausch der Fintech-Banken
Im Zuge des Maestro-Aus setzen mindestens 13 Sparkassen auf das Visa-Pendant „V-Pay“. Wie sich den Websites der entsprechenden Institute entnehmen lässt, vertrauen unter anderem die Berliner Sparkasse (1,4 Mio. Privatkunden) und die Frankfurter-Sparkassen-Tochter 1822direkt (600.000 Kunden) auf die althergebrachte Lösung, um damit via Co-Badge-Verfahren ihre Girocards aufzupimpen. Bei der Berliner Sparkasse ist V-Pay schon länger im Einsatz, die 1822direkt wechselt von Maestro, ebenso die Sparkasse Dachau oder die Weser-Elbe Sparkasse.
Dass manche Institute sogar auf V-Pay umschwenken, ist insofern bemerkenswert, als viele Branchenexperten ursprünglich davon ausgegangen waren, dass Visa eine baldige Einstellung des V-Pay-Systems anstreben würde, um die erheblich umfassender einsetzbaren hauseigenen Debitkarten stärker im Markt zu verankern. Dies wäre quasi die Analogie zum Maestro-Aus durch Mastercard. Indes: Bis dato hat Visa nicht nachgezogen – und manche Beobachter zweifeln inzwischen, ob es dazu so bald überhaupt kommen wird.
Entsprechend lässt sich die Planung von 13 Sparkassen (die indikative Liste, welche Banken künftig auf welche Co-Badge-Lösungen setzen, gibt es übrigens hier) eher so deuten, dass Visa gegenüber den Instituten möglicherweise signalisiert hat: Nein, nein, V-Pay soll in jedem Fall bleiben.
Auch wenn unsere Großbanken zuletzt einen anderen Eindruck vermittelten (siehe weiter unten) – rein formell naht das Ende der Ausgabe von Girocards mit Maestro-Funktion kommende Woche ja doch. Zumindest bei den Sparkassen verfestigt sich nun der Eindruck, dass sie tatsächlich das am besten vorbereitete Lager der Banken für das Post-Maestro-Zeitalter sind: In den vergangenen Tagen haben 223 Primärinstitute und damit knapp zwei Drittel des roten Lagers auf ihren Websites Informationen dazu veröffentlicht, welche Co-Badge-Lösung sie ihren Kunden nach dem Maestro-Aus anbieten wollen, um die Girocard künftig im Ausland und online einsatzfähig zu machen. Stand gestern war die Quote: 53 Sparkassen setzen auf Visa Debit, 169 nutzen Debit Mastercard. Der tagesaktuelle Status ist der Liste eines Twitternutzers namens „Rena“ einsehbar (siehe hier) – der Nutzer lässt alle Sparkassen-Websites mit einem Robot stündlich auf Änderungen untersuchen. Aktuell werden demnach täglich Dutzende neue Seiten freigeschaltet. Somit scheint es plausibel, dass sich bis zum Monatsende alle Sparkassen entsprechend positionieren werden.
Es ist vermutlich einer der fettesten europäischen Kredit-Deals überhaupt in den letzten Jahren. Doch bezeichnenderweise ist weder der Käufer noch der Verkäufer – eine Bank! Stattdessen: Will der US-Finanzinvestor KKR dem US-Zahlungsdienstleister Paypal in Europa (genauer: in Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien und UK) ausgereichte „Buy now, pay later“-Darlehen im Volumen von bis zu 40 Mrd. Euro abkaufen. Der Unzer-Investor KKR unterstreicht damit seine Affinität zu Payment ebenso wie den momentanen Hunger vieler PEs nach Krediten – während Paypal seine Bilanz erleichtert und (ha!) Platz schafft für neue Darlehen. Tatsächlich ist die immanente Botschaft des gestrigen Deals zugleich die spektakulärste Botschaft: Beim Zahlungsabwickler Paypal handelt es sich längst um eine gigantische Kreditmaschine!
Extrem spät, aber doch: Postbank führt Google Pay ein
Die Sparda Hessen sendet dieser Tage zehntausenden Kunden eine neue Girocard zu – wohlgemerkt auch solchen Kunden, die gar keine neue Girocard bräuchten, weil ihre alte noch monatelang oder sogar jahrelang funktioniert hätte. Das Kalkül dahinter: Wenn die Sparda jetzt noch schnell alle Kunden mit neuen Karten versorgt, dann hat sie für die nächsten vier Jahre (also für die normale Gültigkeitsdauer) schlichtweg Ruhe. Vor den Kunden. Aber auch vor Mastercard. Denn genau darum, nur noch mal zur Erinnerung, sollte es ja eigentlich gehen: Mastercard wollte per Ende Juni das Maestro-Aus einleiten. Und damit alle deutschen Banken zwingen, auf ein neues Co-Badge-Verfahren für die bislang mit Maestro aufgepimpte Girocard umzusteigen. Irgendwie kommt nun aber alles ein bisschen anders. Erst hieß es, der 30. Juni 2023 sei als Deadline fix. Dann war von ganz wenigen Ausnahmen war die Rede. Doch nun: Scheint die Ausnahme die Regel zu sein. Deutsche Bank, Commerzbank und HVB signalisieren, die Girocard mit Maestro-Funktion über den 30. Juni hinaus zu emittieren. Und Mastercard? Lässt sie einfach gewähren. Was sich ein bisschen schräg für jene Banken anhören muss, die dem vermeintlichen Diktum des US-Riesen brav gefolgt waren. Dutzende kleine Sparkassen etwa. Oder die Essener National-Bank. Wer schuld hat? Schwer zu sagen. Mastercard sieht die Fehler offenbar bei den Banken. Doch ist die Sache wirklich so einfach? Was jedenfalls feststeht: Zwei Wochen vor der (ursprünglichen) Deadline bieten einer Datenerhebung zufolge nicht mal 100 der mehr als 1.000 deutschen Banken bereits die neue „Girocard mit Mastercard Debit“ an. Selbst im einst vorgepreschten Sparkassen-Sektor haben’s viele Institute nicht mehr eilig. Hier ein grober Überblick, welche Banken umgestellt haben und welche nicht: FS Premium
Karten-Ärger. NordLB-Ärger. Und warum die Gewinne bald wieder sinken
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