von Georgia Hädicke, 12. Mai 2022
Geno-Fusionen machen ja meist erst dann groß von sich Reden, wenn sie scheitern. So erst im April gleich zweimal in Baden-Württemberg geschehen: Beim geplanten Zusammenschluss der selbsternannten “Gestalterbank” in Villingen-Schwenningen mit der Volksbank Rhein-Wehra (siehe hier und hier) und bei der Nun-Doch-Nicht-Verschmelzung der Volksbank Leonberg-Strohgäu mit den Vereinigten Volksbanken aus Sindelfingen/Böblingen (siehe hier). Und dann war da noch die Frage, ob das Fusionsverfahren als solches, wie es die Volksbanken seit Jahren betreiben, überhaupt rechtlich zulässig ist (siehe -> Das Volksbank-Beben: Gericht stellt Procedere bei Geno-Fusionen infrage). Nichtsdestotrotz: Es gibt immer noch genossenschaftliche Institute, die ihre Verschmelzungspläne vorantreiben. Und zwar nicht zu wenige. Bei 56 (!) von ihnen steht nach unseren Recherchen in diesem Jahr noch die Fusions-Entscheidung an bzw. ist sie in einem Fall sogar schon getroffen. Bei zwei Fusionen bekräftigen die beteiligten Institute ist das Vorhaben als solches für dieses Jahr, Beschlusstermine gibt es aber noch keine. Bei gut der Hälfte ist es in den kommenden Wochen allerdings bereits so weit – der Mai und der Juni sind somit richtungweisend für das Fusionsjahr 2022.
Maßgeblich für eine Fusion im Genosektor sind die Beschlüsse der Mitgliederversammlungen (manchmal auch General- oder Vertreterversammlungen), deren Termine zum Großteil in den kommenden Wochen angesetzt sind. Für die Verschmelzung der Häuser wird eine 3/4-Mehrheit in den Versammlungen aller beteiligten Institute benötigt. Wird eine Fusion erst nach der jährlichen Versammlung der Genossenschaftsmitglieder erwogen, wird das Vorhaben in der Regel erst bei der nächsten Versammlung im Jahr darauf zur Abstimmung gestellt. Bei den anstehenden Beschlüssen unterscheidet sich auch das Geltungsdatum. Manche Institute werden bereits rückwirkend zum 1. Januar desselben Jahres verschmolzen, andere wiederum erst zum 1. Januar des nächsten.
Beim BVR hält man bis zu 40 Fusionen in diesem Jahr für realistisch – statistisch erhebt der Bundesverband allerdings nur die Zahl der nach vollzogener Fusion verbleibenden Institute: Zählte der hiesige Genossenschaftssektor 2019 noch 841 Institute, so lag die Zahl 2020 noch bei 814 und vergangenes Jahr bei 772 (siehe auch unsere Analyse -> Wie viele Volksbanken fusionieren wirklich? Und welche?) Als Gründe verweisen die Häuser in diversen, sich im Wortlaut recht stark ähnelnden FAQs auf ihren Websites auf rückläufige Erträge durch das jahrelange Niedrigzinsumfeld, bei gleichzeitig erhöhtem Investitionsbedarf durch die Digitalisierung. Ein Sonderfall ist die Raiffeisenbank Struvenhütten, die medial gern mal als “die kleinste Bank Deutschlands” firmiert – hier fand sich den Angaben zufolge schlicht kein Nachfolger für den vor der Pensionierung stehenden Vorstand.
Doch auch in die Top-10 der Geno-Banken kommt durch die geplanten Verschmelzungen Bewegung – trotz der abgesagten Groß-Fusionen in Villingen-Schwenningen bzw. Sindelfingen/Böblingen (siehe oben) sowie trotz der ja zumindest aufgeschobenen Verschmelzung zweier großer kirchlicher Geno-Institute im April (siehe hier). Das größte involvierte Haus ist derzeit die Frankfurter Volksbank (Bilanzsumme: 14,7 Mrd. Euro). Hier soll die Vertreterversammlung kommende Woche der Fusion mit der sehr viel kleineren Rüsselsheimer Raiffeisenbank (Bilanzsummer: 747 Mio. Euro) zustimmen. Doch auch in Baden-Württemberg scheinen die gescheiterten Fusionen die Ambition nicht zu trüben: Wenn dort die Volksbank Pforzheim, die Volksbank Karlsruhe Baden-Baden sowie die VR Bank Enz den Segen ihrer Mitglieder bekommen, wird dort ein neuer Geno-Riese mit einer Bilanzsumme von mehr als 12 Mrd. Euro entstehen.
Und hier kommt nun der ganze Überblick zu den avisierten Geno-Fusionen*:
Quelle: Eigene Recherche; *Basierend auf Bilanzsumme Ende 2021
Das Volksbank-Beben: Gericht stellt Procedere bei Geno-Fusionen infrage
Wie viele Volksbanken fusionieren wirklich? Und welche?