von Christian Kirchner, 9. November 2021
Die Europäische Kommission plant „Bloomberg“ zufolge ein Verbot der „Payment for Order Flow“-Praxis – also jenes Vergütungsmodells, mit dem insbesondere Neobroker wie Trade Republic einen wesentlichen Teil ihrer Erträge generieren. Durchgesetzt werden solle das Verbot mittels einer Überarbeitung der sogenannten Mifid-Richtlinie, so „Bloomberg“ unter Berufung auf „mit dem Vorgang vertraute Personen“. Bei der EU-Kommission war am Vormittag für eine Stellungnahme niemand zu erreichen.
Ein Verbot der „Payment for Order Flow“-Provisionen würde das Geschäftsmodell von Trade Republic in seiner heutigen Form infrage stellen. Wie Finanz-Szene diese Woche exklusiv berichtete, hatte der Berliner Neobroker im Geschäftsjahr 2019/2020 Provisionserträge in Höhe von knapp 27 Mio. Euro erzielt; für das jüngst zu Ende gegangenen Geschäftsjahr 2020/2021 schätzen wir die entsprechenden Umsätze sogar auf 75-100 Mio. Euro. Mehr als die Hälfte davon dürfte aus „Payment for Order Flow“ (PFOF) stammen.
Konkret funktioniert dieses Modell so, dass Neobroker, aber auch klassische Online-Broker wie Flatex oder die ING Diba von den Handelsplätzen, über die sie ihre Kauf- und Verkaufsorders abwickeln, hierfür Zahlungen erhalten (siehe auch unser Uralt-Stück -> Das Geschäftsmodell des Null-Gebühren-Brokers Trade Republic). Entsprechend günstiger können die Broker ihre Dienstleistungen gegenüber dem Endkunden anbieten. So fällt bei Trade Republic pro Aktienorder nur ein Entgelt von 1 Euro an – fast lächerlich gemessen an den klassischen Gebührenstrukturen im Retail-Brokerage.
Wie lange will Trade Republic noch ein Kostenlos-Broker sein?
Die angeblichen Überlegungen, „Payment for order flow“-Provisionen zu verbieten, kommen überraschend. Zwar war bekannt, dass sowohl die Bafin als auch die europäische Börsenaufsicht Esma die Praxis kritisch sehen. Allerdings ging die Branche bislang davon aus, dass die Regulierung eher darauf hinauslaufen würde, mehr Transparenz und Wettbewerb zu schaffen – nicht aber die „PFOF“-Zahlungen komplett zu verbieten. Konkret war zuletzt Folgendes passiert:
Wie „Bloomberg“ weiter berichtet, soll nicht nur ein Verbot der PFOF-Provisionen in der Mifid-Überarbeitung verankert werden, sondern auch weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Transparenz eingeführt werden, etwa ein gesammeltes Verzeichnis von Transaktionsdaten. Die Aktie des einzigen größeren börsennotierten Online-Brokers hierzulande, nämlich FlatexDegiro, verlor unmittelbar nach der „Bloomberg“-Meldung gut 5% an Wert, erholte sich bis zum Mittag allerdings leicht.
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