von Christian Kirchner, 27. März 2020
Exklusiv: Die deutsche Santander hat in fünf Jahren jeden dritten (!) Kunden verloren – doch es scheint sie nicht im geringsten zu kümmern. Kann es sein, dass manche ausländische Großbank im hiesigen Retailmarkt inzwischen eine brutalstmögliche „Mitnehmen, was geht, und sich darüber hinaus keinen Illusionen mehr hingeben“-Strategie fährt? Bei der Unicredit beziehungsweise deren Münchner Tochter Hypo-Vereinsbank kann sich dieser Eindruck ja durchaus einstellen (siehe unsere Analysen hier, hier und hier). Noch viel mehr gilt das Ganze allerdings für die Mönchengladbacher Groß-Dependance der spanischen Santander: 2019 hat der Ratenkredit-Spezialist weitere 400.000 Kunden verloren, wie aus dem seit Kurzem einsehbaren Jahresabschluss hervorgeht. Würden sich die Schrumpf-Exzesse des vergangenen Jahres im gleichen Tempo fortsetzen, dann hätte das Institut irgendwann um 2030 herum gar keinen Kunden mehr. Wobei man saubererweise betonen muss: Der letzte Mitarbeiter wäre schon früher gegangen. Unser Blick auf die abenteuerlichen Zahlen einer sich klein machenden, aber hochprofitablen Großbank: Finanz-Szene.de
Zu den prägendsten Phänomenen der bisherigen Corona-Wochen gehört, dass viele Menschen in Arbeit (und zwar beruflicher wie häuslicher Natur) regelrecht versinken – während andere nichts mehr zu tun haben scheinen. Lässt sich diese Beobachtung auch auf den „Mikrokosmos Bank“ bzw. den „Mikrokosmos Fintech“ übertragen? Wir sind uns nicht sicher. Fest steht allerdings, dass die Mädels und Jungs, die (siehe weiter oben) in den letzten Tagen den Sofortkredit der Volksbanken gebaut haben, zum Schlafen eher nicht gekommen sein dürften; genau so wenig wie die Mädels und Jungs bei Penta (siehe unser Aufmacher letzte Woche) oder die leidgeprüften Robo-Advisor-Menschen, die gefühlt nichts anderes mehr machen, als ihre Kunden rund um die Uhr mit Webinaren und sonstigen „Wir sind für Euch da“-Aktionen bei der Stange zu halten. Und um zu ahnen, was bei der KfW höchstselbst dieser Tage los ist, muss man nur mal das interessante Bräunig-Interview heute Früh im „Handelsblatt“ (Paywall) lesen: Fast 1000 Leute sitzen da inzwischen an den Corona-Hilfen, mit – so Bräunig – „steigender Tendenz“.
… und auf der anderen Seite? Was macht jetzt eigentlich der IPO-Banker? Oder jenes Frankfurter Fintech (wir bleiben hier aus Pietätsgründen vage und anonym), dessen kompletter Business-Case sich binnen weniger Wochen aufgelöst hat? Und was ist eigentlich im Retail-Banking los? Die Deutsche Bank jedenfalls, so berichtete „Reuters“ gestern, erwägt die Einführung von Kurzarbeit, manche Volksbanken (siehe unser gestriger Newsletter) ebenso. Da passt ins Bild, dass die Hypo-Vereinsbank jetzt schon mehr als 70% ihrer Filialen geschlossen hat. Die Vorhänge fallen. Wann gehen sie wieder hoch, und wenn ja, wie viele?
Und dann eine Nachricht, die auf den ersten Blick mit unserem Beritt nichts zu tun hat, auf den zweiten aber schon (kleiner Exkurs: Natürlich hat fast alles, was da draußen momentan passiert, spätestens in letzter Konsequenz irgendeine Art von Einfluss auf die Banken, selbst die Frage, wann denn endlich wieder Fußball gespielt wird – fragen Sie mal bei der thüringischen Volksbank nach, die einen beträchtlichen Teil ihres Kreditbuchs dem Bereich „Organisationen ohne Erwerbszweck/Fußball“ widmet …). Jedenfalls: Besagte Nachricht des gestrigen Abends lautet, dass Adidas (siehe diese „Bild“-Meldung hier) von April an keine Miete mehr für seine Shops bezahlen will. Wenn das selbst für einen steinreichen Dax-Konzern a) so einfach geht und b) Schule machen sollte, dann haben unsere Gewerbeimmobilien-Finanzierer demnächst noch mehr Probleme als ohnehin schon. Und einen epidemischen Verfall der Zahlungsmoral können auch unsere Banken und die Immo-Fonds nicht brauchen. Ohne jetzt vollends in eine „Fin de Siècle“-Stimmung verfallen zu wollen – aber: Alles ziemlich krass da draußen.
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