von Bernd Neubacher und Christian Kirchner, 30. August 2025
In unserem Aufsichts-Ticker verfolgen wir die alltäglichen Scharmützel zwischen der Bafin und den deutschen Banken (und Fintechs!) – und darüber hinaus berichten wir, wie sich die regulatorischen Rahmenbedingungen für die Branche entwickeln.
Hier unser Ticker für Juli und August 2025:
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Die Melodie von „Aufsicht light“, dem neuen Hit der Bafin, hat man zwar seit Monaten im Ohr – die Lyrics allerdings waren bislang eher etwas für die Connaisseure. Mal ging es um die Aufhebung der Pflicht zur Erstellung vierteljährlicher „Gesamtrisiko-Berichte“. Mal um die leichtere Anerkennung ausländischer Führungszeugnisse beim Inhaber-Kontrollverfahren. Mal wies die Bafin darauf hin, dass kleine Institute nur noch einen statt zuvor drei „Liquiditäts-Stresstests“ pro Quartal zu absolvieren hätten. Und mal gab sie zu verstehen, dass sie zwei EBA-Richtlinien für etwas übertrieben hält und deshalb die Umsetzung verweigert (es ging um die „EBA/GL/2024/14“ sowie die „EBA/GL/2024/15“, wie die Connaisseure selbstverständlich wissen). Alles gut und schön, dachte man da, und selbstverständlich haben wir als rechtschaffenes Branchenmedium all diese Ticks und Turns in unserer Berichterstattung auch fein säuberlich dokumentiert (siehe etwa hier, hier, hier und hier). Bloß, und auch das dachte man: Ist es wirklich das, was den Kohl fett macht??? Und damit nun zu der krassen Geschichte, die wir heute Früh für Sie bereithalten. Denn, in der Tat wirkt alles, was die letzten Monate passiert ist, wie bloßes Vorgeplänkel im Vergleich zu dem Vorstoß, den Bafin und Bundesbank nun völlig unvermittelt lancieren. Laut Exklusiv-Informationen von Finanz-Szene erwägen die Aufseher nämlich, im Falle kleiner und mittlerer Institute (betroffen wären hunderte Sparkassen und Volksbanken) künftig auf das Prinzip der Risikogewichtung zu verzichten – und bei der Kapitalausstattung nur noch die Leverage Ratio zugrunde zu legen. Es wäre eine grundlegende Abkehr vom Basel-Regime. Und damit nicht weniger als eine regulatorische Sensation! Hier die Details: FS Premium
Alle Artikel zum Thema:
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Nach jahrelangem Hin und Her wird das Millionenkredit-Meldewesen aller Voraussicht nach nun doch abgeschafft. Wie Bafin und Bundesbank am Montag mitteilten, soll die Regelung (die bekanntlich vorsieht, dass Banken der Aufsicht einmal pro Quartal alle Kreditengagements ab 1 Mio. Euro durchfunken) per Ende 2026 ersatzlos gestrichen werden. Dazu muss man wissen: Vor drei Jahren hatten die Aufseher die Meldepflicht schon einmal abschaffen wollen, damals mit der Begründung, dass mit dem parallel aufgebauten EZB-Kreditregister „Anacredit“ ein alternatives Meldeverfahren implementiert würde. Später allerdings ruderten Bafin und Bundesbank gleich zweimal zurück (siehe hier und hier), weil ihnen Bedenken gekommen waren, ob das „Anacredit“-Register nicht zu lückenhaft ist (Bedenken übrigens, die durchaus nachvollziehbar waren, wie sich im Fall Benko zeigte). Nun allerdings heißt es plötzlich, mit „Anacredit“ und der europäischen Statistik über Wertpapierinvestments habe man „mittlerweile aussagekräftige Alternativen zum Millionenkredit-Meldewesen“.
Nach den Handelsausfällen bei Trade Republic und anderen Retail-Brokern redet die Bafin der Branche zwar eindringlich ins Gewissen, sieht von etwaigen Sanktionen aber erst einmal ab. Auch in Zeiten von hohem Marktstress müssten die Anbieter „technisch einwandfreie Handels- und Ordersysteme“ zur Verfügung stellen, heißt es in einer gestern veröffentlichten „Aufsichtsmitteilung“. Darin betont die Bafin, dass die Marktteilnehmer angehalten seien, wesentliche Funktionen (konkret ist die Rede von „Last- und Performance-Tests“) regelmäßig zu überprüfen und „Notfallplanungen“ aufzustellen. Während der Börsenturbulenzen im April waren bei etlichen hiesigen Banken und Brokern die Login- bzw. Order-Funktionen zeitweise gestört; die Bafin sprach seinerzeit von einer „niedrigen zweistelligen“ Anzahl von Anbietern. In der aktuellen Mitteilung heißt es nun, wer seine Broker-Dienstleistungen „überwiegend oder ausschließlich über digitale Zugangswege“ anbiete, trage „eine besondere Verantwortung, diese Systeme stabil, belastbar und störungsfrei auszugestalten“ – ein kaum verhohlener Hinweis, dass die Bafin mit ihrer Kritik vor allem die Neobroker meint.
Viel Präteritum – wie der Bafin-Rüffel gegen die Raisin Bank einzuordnen ist
Schlusslicht LBBW – wie die deutschen Banken im Stresstest abschnitten
Wie SSM-Chefin Claudia Buch auf die europäische Bankenbranche blickt
Ist sie zu stark, bist du zu …? Ja, was eigentlich? Zu schwach, zu sorglos – oder einfach nur im falschen Land angesiedelt? Wie auch immer, fest steht: Die Probleme der beiden großen hiesigen Fintech-Banken (also N26 und Solaris) haben natürlich nicht nur, aber doch auch damit zu tun, dass beide ihre Scherereien mit der – nach dem Wirecard-Skandal merklich erstarkten – Bafin nie wirklich hinter sich gelassen haben. Bei der Solarisbank waren die Folgen dramatisch. Während man bei N26, immerhin, im letzten Sommer für einen Augenblick dachte, dass der jahrelange Ärger mit der Aufsicht nun endlich, endlich, ausgestanden sei und sich die Berliner Neobank nun endlich, endlich wieder aufs operative Geschäft konzentrieren könne. Aus übrigens (anders als bei Solaris) gar nicht mal so schlechter Ausgangsposition. Denn die Kunden sind ja nach wie vor da. Ein signifikanter Teil des Fundings ebenfalls. Und die Erträge sprudeln dank Zinswende zumindest mal so reichlich, dass das Milliarden-Fintech inzwischen nah an der Profitabilitätsgrenze arbeitet. Die Sache ist nun aber: Wer dachte, nach der Aufhebung des von der Bafin verordneten Neukunden-Limits im Juni letzten Jahres wäre N26 die Aufseher erst einmal los, sieht sich getäuscht. Ende letzten Jahres kam es nach Finanz-Szene-Informationen zu einer neuerlichen Bafin-Prüfung, mutmaßlich im Zusammenhang mit dem niederländischen Hypothekengeschäft des Instituts, wie das „Manager Magazin“ zuletzt berichtete. Dabei wiegt der Fall offenbar deutlich schwerer als vermutet. So bereitet man sich bei N26 zurzeit bereits explizit auf neue Sanktionen vor. Die ganze Geschichte: FS Premium
In Erwartung der Banklizenz: Scalable baut Führung um – was wird aus Podzuweit?
Die Ten31 Bank – eine bei München beheimatete Spezialbank, die Dienstleistungen für die Wohnungswirtschaft erbringt – hat sich eine heftige Ohrfeige seitens der Bafin eingefangen. In einer gestern versandten, fast epischen Mitteilung attestiert die Finanzsicht dem Institut unter anderem „schwerwiegende Defizite bei der Durchführung von Risikobewertungen“ im Bereich der Prävention von Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierung. Darüber hinaus wird eine Vielzahl weiterer Verfehlungen aufgelistet, es geht um Mängel bei „Prozessen zur Sicherstellung der Risikotragfähigkeit“, um Probleme bei „Risikosteuerungs- und Controllingprozessen“, um Auffälligkeiten im Hinblick auf „operationelle Risiken und Immobilienrisiken“ – und um manches mehr. So habe die Ten31 Bank den „KMU-Unterstützungsfaktor“ (ein regulatorisches Instrument, um die Kreditvergabe an Mittelständler zu fördern) in „nicht sachgerechter“ Weise für das Kreditgeschäft mit Gemeinschaften von Wohnungseigentümern genutzt. Offenbar mit dem Ziel, den Kapitalbedarf herunterzukalibrieren. Genau diese Praxis untersagt die Bafin der Ten31 Bank nunmehr. Zudem wird das früher als „WEG Bank“ firmierende Institut verpflichtet, „die Berechnung der Eigenmittelanforderungen für das bestehende Kreditportfolio zu korrigieren“.
„Instant Sepa“-Regulierung löst neue Flut an Zustimmungs-Pflichten aus
Wieso attackiert die Bafin die Sparkasse Rhein Neckar Nord? Ein paar Mutmaßungen
Sämtliche Aufsichts-News aus Juni 2025
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