von Bernd Neubacher, 5. Februar 2023
Volks- und Raiffeisenbanken mit einem gewissen Eigensinn gibt es ja etliche da draußen. Etwa die Schmalkaldener, die ihr Heil unter anderem in Fußballkrediten und allerlei eher bankfernem Geschäft suchen. Oder die Heilbronner, die sich vor ein paar Jahren mit Swap-Geschäften massiv verspekulierten. Oder die Raiba Hochtaunus, die im großen Stil gewerbliche Immobilienfinanzierung betreibt.
Lange Zeit hat der genossenschaftliche Verbund diesen Umtrieben eher machtlos zugesehen. Nun allerdings setzt der Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken nach Informationen von Finanz-Szene zur Reform seiner Sicherungs-Einrichtung an. Ein Ziel dabei (auch wenn das so nicht explizit gesagt wird): Der BVR will Mitgliedsbanken auf Abwegen leichter an die Kandare nehmen und Risiken im Verbund besser steuern können.
Ein entsprechendes Rundschreiben mit Vorschlägen zu den angestrebten Änderungen hat der Verband vergangene Woche an die rund 770 Genobanken hierzulande versandt. Daniel Quinten, seit gut einem Jahr BVR-Vorstand und zuständig für die Sicherungs-Einrichtung, bestätigte den Vorgang auf Anfrage von Finanz-Szene. Es gehe darum, das System „noch zukunftssicherer zu gestalten und weiterhin das Vertrauen der Einleger in die Bonität der genossenschaftlichen Finanzgruppe zu sichern.“
Doch was sagen die Vorschläge konkret? Hier die aus unserer Sicht wichtigsten Aspekte:
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Grundsätzlich stehen die Genossen, verglichen mit den privaten Banken und Sparkassen, achtbar da. Der Bundesverband deutscher Banken hat nach dem milliardenschweren Entschädigungsfall Greensill Bank eben erst seinen Einlagenschutz reduziert. Die Sparkassen wiederum müssen auf Geheiß der europäischen Bankenaufsicht, der die Debatten um die Rettung der NordLB zu lange dauerten, für künftige Krisenfälle einen separaten Topf für die Einlagensicherung ansparen. Einen solchen Zusatzetat hatten die Genossen schon 2015 in Form der „BVR Institutssicherung GmbH“ eingerichtet, um den Anforderungen der EU-Richtlinie zur Einlagensicherung gerecht zu werden und nebenbei ihr bis dato angespartes Sicherungs-Vermögen gegenüber einem europäischen Zugriff abzuschirmen.
Die Genossen gehen ihre Reform somit aus eigenem Antrieb an. Doch es scheint klar, woher dabei der Wind weht. Die Neuerungen sollen es dem Kollektiv erlauben, Problem- und Streitfälle leichter in den Griff zu kriegen. Assoziationen mit den jüngsten Eskapaden einiger Primärinstitute drängen sich förmlich auf:
Für eine Änderung der Statuten braucht der BVR bei seiner Mitgliederversammlung eine Mehrheit von 75% der abgegebenen Stimmen. Eine hohe Hürde. Daher will Quinten in den kommenden Wochen auf Roadshow durch die Republik gehen. Allein zwischen dem 14. und 28. März stehen sechs Ortstermine mit Genossenschaftsverbänden auf der Agenda.
Für den Manager ist die Reform die erste große Bewährungsprobe und eine Gelegenheit, aus dem Schatten seines Vorgängers Gerhard Hofmann zu treten. Quinten läuft zwar Gefahr, sich den Vorwurf einzuhandeln, er wolle im Zuge der Reform bloß seine Macht im Verbund ausweiten. Die Dinge laufen zu lassen, dürfte für ihn allerdings weitaus höhere Risiken bergen.
Es ist beileibe nicht das erste Mal, dass die Genossen ihre Sicherungs-Einrichtung reformieren und dafür auf der Mitglieder-Versammlung eine Dreiviertel-Mehrheit benötigen. Allein in den vergangenen zehn Jahren war dies viermal der Fall. Dennoch scheint diesmal ein bisschen mehr Musik drin zu sein als für gewöhnlich. Dass ein BVR-Vorstandsmitglied durch die Republik tingelt, um Stimmen für Satzungs-Änderungen zu sammeln, hat es zuletzt vor acht Jahren gegeben, als die Genossen ihren zweiten Sicherungstopf einrichteten.
Im Verbund wird mit Blick auf das Votum Zuversicht verbreitet. Gehe es um die Solidargemeinschaft, habe sich in der Vergangenheit stets ein Konsens bilden lassen, heißt es. Ob dies auch diesmal gelingt, stellt sich am 15. Juni heraus – bei der diesjährigen Mitglieder-Versammlung.
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